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Helmut Blöcker
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Frage von Christof G. •

Frage an Helmut Blöcker von Christof G. bezüglich Umwelt

Hallo,
möglicherweise steht nach der nächsten Bundestagswahl die Frage nach der Verlängerung der Atomkraftwerke an. Ich bin dagegen! Wie ist Ihre Meinung dazu?
Mit freundlichem Gruß
Christof Görlich

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Görlich,

herzlichen Dank für Ihre Frage, die ich als Kandidat Ihres Wahlkreises gerne beantworte.

Der Ausstieg aus der Gewinnung von Strom aus Kernkraft ist moralisch und wirtschaftlich sowie wirtschaftspolitisch dringend geboten.

Moralisch: Wir können es nicht verantworten, dass aufgrund der Raffgier der Energiemonopolisten über den bislang schon angesammelten Müll hinaus jährlich noch zusätzlich tonnenweise des für menschliche Ewigkeiten stark strahlenden und auch hoch giftigen Mülls produziert wird. Das dürfen wir unseren Kindern und folgenden Generationen nicht zumuten.

Wirtschaftlich: Deutschland ist ein Stromexportland. Selbst als kürzlich bis zu 8 KKWs vom Netz waren, hat Deutschland unter dem Strich Strom exportiert. Die Geschichte von der drohenden Stromlücke ist eine dreiste Lüge der Atom-Mafia. Die Atomtechnologie ist schlicht überflüssig. Die im Zusammenhang mit dem sogenannten Atomkonsens (der eigentlich ein Kompromiss zwischen den Grünen auf der einen Seite sowie Energieindustrie und SPD auf der anderen Seite war) vorgesehenen Wachstumsraten der Energiebereitstellung aus „Erneuerbaren Energien“ sind schon längst in der Realität übertroffen. Sie überkompensieren den vereinbarten Abbau von KKW-Strom-Kapazitäten schon jetzt. Atomstrom ist auch nicht billiger als konventionell erzeugter Strom. Die Atom-Industrie berücksichtigt in ihren der Öffentlichkeit vorgelegten Berechnungen nicht die sogenannten externen Kosten. Dazu gehören aus Steuermitteln finanzierte Förderung, zu niedrige Rücklagen für den Rückbau ausgedienter Kernkraftwerke und für die Müll-Entsorgung, nicht berücksichtigte soziale und Umweltschäden beim Abbau von Uranerzen sowie die CO2-Klimabilanz des gesamten Wertschöpfungsprozesses (dieser ist entgegen den Behauptungen der Atom-Mafia nicht zu vernachlässigen oder gar gleich Null!). Schon heute drückt etwa der Windstrom den Preis an der Leipziger Strombörse. In wenigen Jahren wird Strom aus Photovoltaik (dann ohne Förderung) den Preis konventionell erzeugten Stroms erreichen. Moderne Regelungstechnik, Speichertechnologien, Hochspannungs-Gleichstromübertragungsnetzwerke und „Repowering“ bei der Windkraft werden die Erneuerbaren Energien insgesamt auch über einen Prozentsatz von jetzt ca. 30 bis 40 hinaus grundlastfähig machen.

Wirtschaftspolitisch: Das Konjunkturpaket II der Bundesregierung zur Bewältigung der Wirtschaftskrise hat einen Umfang von 50 Milliarden Euro und soll ein einmaliger Impuls sein. Ebenfalls rund 50 Milliarden Euro muss die deutsche Volkswirtschaft, müssen wir als Gebührenzahler jedes Jahr für den Erwerb von Energierohstoffen aufwenden, für Öl, Kohle, Gas und Uran, die sehr weitgehend aus dem zum Teil unsicheren Ausland zu beziehen sind. Wäre es nicht viel naheliegender, dieses Geld über die Jahre zunehmend hier zu investieren, in regional erzeugten Strom und zugehörige moderne Infrastruktur, die aber gleichwohl international vernetzt ist? Das gäbe uns größere politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Das gäbe auch einen anhaltenden, jährlichen Impuls für die Beschäftigung von kleinen und mittleren Unternehmen in den Regionen und würde gute und nachhaltige neue Arbeitsplätze hier bei uns schaffen. Dieses Konzept ist zudem nicht isolationistisch. Es könnte vielmehr ein Modell für sehr viele andere Länder sein. Wer unabhängig von externen Energiequellen ist, braucht außerdem keine offenen oder verdeckten Wirtschaftskriege zu führen („blood for oil“). So wird aus Energiepolitik auch ein Stück wichtiger Friedenspolitik. Wenn Sie mehr über das gesamte Thema (und wie wir Grüne unser Programm dazu umsetzen wollen) lesen möchten, dann schauen Sie bitte nach in unserem Wahlprogramm unter http://www.gruene.de.

Sie werden nach den oben dargelegten Argumenten verstehen, dass wir Grüne nach der Wahl keineswegs über einen wie auch immer gearteten Ausstieg aus dem Atomausstieg verhandeln werden. Wir verhandeln höchstens über eine Beschleunigung des Ausstiegs!

Noch ein Punkt zur Ergänzung Ihres Themas: Energiepolitik, Sie wissen es, umfasst ja noch mehr als die Frage nach Atomenergie. Wir Grüne wollen auch so schnell wie irgend möglich aus der Kohlekraft aussteigen. Deshalb sind wir gegen den Neubau von Kohlekraftwerken. Wir brauchen die Investitionsmittel für moderne Netzinfrastruktur und die Umstellung auf dezentrale Energiebereitstellung. Zu diesem Thema kann ich es ferner nicht verstehen, dass sich zum Beispiel Frau Merkel und Herr Gabriel für die Grundsteinlegung eines neuen Kohlekraftwerkes hergeben, das nach seiner Fertigstellung den gleichen CO2-Ausstoß haben wird wie 9 Millionen Kraftfahrzeuge und das durch Feinstaub unsere Atemluft verpesten wird. – Es gibt zurzeit drei Parteien im Bundestag, die sich für den Atomausstieg einsetzen. Wir Grüne sind im Rahmen unseres abgestimmten Gesamtkonzeptes die einzige Partei, die konsequent auf „Erneuerbare Energien“ setzt. Andere blinken grün und fahren schwarz.

Vielleicht wollen Sie diesmal in Braunschweig mit beiden Stimmen grün
wählen?

Beste Grüße nach Lehndorf, Dr. Helmut Blöcker.