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Frage von Hans-Joachim K. •

Frage an Claudia Walther von Hans-Joachim K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

1. Womit lässt sich begründen, dass die Europawahl nicht in allen Ländern am gleichen Tag stattfindet? Berücksichtigt man, dass jetzt schon Ergebnisse der NL vorausgesagt werden |: Finden Sie diese Verfahrensweise verfassungsrechtlich unbedenklich ? Halten Sie eine Beeinflussung der Wähler in anderen Ländern ,deren Wahlen noch bevorstehen, für unmöglich?

2. Womit lässt sich begründen, dass gerade für eine Europawahl in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Sperrklauseln gelten, in Deutschland also keine, in anderen Ländern - und dies wiederum unterschiedlich- viele Stimmen "unter den Tisch fallen"? Finden Sie dies unbedenklich?
Warum gelingt es der EU nicht, selbst solche Verfahrensfragen einheitlich zu regeln ?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Kuck,

vielen Dank für Ihre beiden Fragen.

In beiden Fällen obliegt die Entscheidung den Mitgliedsstaaten. Denn das Wahlrecht zum Europäischen Parlament (EP) ist größtenteils national geregelt und damit häufig unterschiedlich in den einzelnen Ländern. Nur einige Eckwerte wurden in den bisherigen Gemeinschaftsverträgen festgeschrieben, vor allem die Zahl der Mitglieder des EP und ihre Verteilung auf die Mitgliedsländer. Für die Wahlen von 2014 gilt der Lissaboner Vertrag von 2007.

Zum Thema Sperrklausel hat die Bundeszentrale für politische Bildung eine sehr informative Erläuterung: "Gesetzliche Sperrklauseln bestehen in 13 Ländern (in 12 von ihnen national, in Frankreich in den Wahlkreisen), deren Höhe mehrheitlich fünf Prozent, in Österreich, Italien und Schweden vier Prozent und in Griechenland drei Prozent beträgt. In Deutschland galt bis zu den Europawahlen von 2009 eine Fünfprozentklausel. Sie wurde November 2011 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Das gleiche Schicksal erlitt im Februar 2014 die Dreiprozentklausel, die der Bundestag zwischenzeitlich beschlossen hatte. Die Begründung lautete jeweils, dass der Gleichheitsgrundsatz im Wahlrecht nicht nur die Zählwertgleichheit, sondern auch die Erfolgswertgleichheit der Stimmen erfordere, das heißt, dass jede Stimme die gleiche Chance haben müsse, die Zusammensetzung des Parlaments zu beeinflussen. Die Erfolgswertgleichheit könne nur durch funktionale Erfordernisse eingeschränkt werden, im parlamentarischen System durch das Erfordernis der Mehrheitsbildung und stabiler Regierung. Aus dem EP gehe jedoch keine Regierung hervor, weshalb eine Einschränkung des Proporzes verfassungswidrig sei. Das Bundesverfassungsgericht verweist auch darauf, dass es in einigen anderen Mitgliedsländern ebenfalls keine Sperrklausel gebe. Es verkennt dabei, dass aufgrund der begrenzten Zahl der den Ländern zustehenden Mandate faktisch überall natürliche Sperrklauseln bestehen. Je kleiner die Wahlkreise, desto höher die natürliche Sperrklausel. Diese natürliche Hürde liegt in den Ländern, die keine gesetzliche Sperrklausel kennen, in 14 Fällen über fünf Prozent und in zwei Fällen um die drei Prozent. In Wahrheit geht Deutschland mit der Abschaffung der gesetzlichen Sperrklausel einen Sonderweg in Europa." ( http://www.bpb.de/politik/wahlen/europawahl/71360/wie-waehlt-europa-2014 )

Auch aus unserer Sicht wäre bei beiden Themen eine diesbezügliche Harmonisierung bzw. vereinheitlichende Regelung durch die EU sinnvoll und förderlich. Jedoch spielen hierbei auch nationale Traditionen eine Rolle (in GB und NL wird traditionell Donnerstags gewählt). In den Niederlanden darf generell nicht Sonntags gewählt werden. Ein einheitlicher Wahltag würde eine Beeinflussung der Wählerinnen und Wähler in anderen Mitgliedsstaaten vermeiden, dennoch: Bei der Festsetzung der Wahlzeiten haben die Nationalstaaten ihre Traditionen in den Vordergrund gestellt.

Ich hoffe, Sie können mit meiner Antwort etwas anfangen und bitte Sie, morgen auf jeden Fall wählen zu gehen!

Beste Grüße,
Claudia Walther