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Bettina Hoffmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jörg R. •

Beschränkt sich die Reaktion der Grünen auf die Gewaltexzesse in der Silvesternacht lediglich auf ein allgemeines Feuerwerksverbot?

Sehr geehrte Frau Hoffmann,

in der Silvesternacht 2022/23 wurden vornehmlich in rotgrün regierten Städten Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungsdienste mit äußerst brutalen Mitteln wie Eisenstangen, illegalen Sprengkörpern, illegalen Signalwaffen, Feuerlöscher etc. angegriffen. Ist es angesichts der kriminellen Energie der bekannten Tätergruppe nicht völlig verfehlt, nun als einzige Reaktion ein Feuerwerksverbot oder ein Besitzverbot von Schreckschusswaffen zu fordern? Glauben die Grünen tatsächlich, dass sich diese schwerkriminellen Elemente davon beeindrucken lassen? Warum unternehmen Sie nichts gegen die ermittelten Täterkreise? Warum sollen erneut gesetzestreue Bürger unter einer verfehlten Innen- und Integrationspolitik leiden? Warum ist Bayern hier wesentlich sicherer?

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Sehr geehrter Herr R.,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben zur Silvesternacht. Die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen ist keine Frage der Staatsangehörigkeit sondern der Sozialisation. Faktoren sind dabei beispielsweise Alter, Geschlecht, sozioökonomischer Status, Bildung und Erziehung und Diskriminierungserfahrungen.

Um Vorfällen, wie denen in der Silvesternacht, vorzubeugen, sind verschiedene Schritte notwendig.

Erstens: Aus Erfahrung lernen, kurzfristig einen guten Maßnahmenmix ergreifen und Bewährtes ausbauen. Die Polizei hat bereits wirksame Deeskalationsstrategien entwickelt, zum Beispiel durch die jahrelange Erfahrung rund um den 1. Mai in Berlin. Dazu gehört, gezielt und der Lage angepasst zu entlasten. Für Silvester zum Beispiel würden feuerwerksfreie Zonen und lokale öffentliche Feuerwerke die Lage deutlich übersichtlicher machen. Damit entlasten wir auch die Sicherheits- und Rettungskräfte, die dies auch fordern.

Zweitens: Langfristige Gewaltprävention. Dieser Ansatz hat sich längst als wirksam erwiesen, auch wenn wir die Strukturen nicht immer mit der nötigen Nachhaltigkeit unterstützen. Auch hier haben wir bereits bewährte Programme, die früh ansetzen, wie zum Beispiel das Programm „Respekt Coaches“. Sie sprechen in Schulen mit den jungen Menschen über Gewalt und über Demokratie und haben bisher eine Viertelmillion Schüler*innen erreicht.

Drittens: Die stärkere Teilhabe von Jugendlichen. Sie verdienen Perspektiven und Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben. Eine bessere Zusammenarbeit von Schulen, Kinder- und Jugendhilfe, von Vereinen und Quartiersmanagement ist dafür von Nöten. Dazu gehören außerdem Investitionen in die soziale Infrastruktur für junge Menschen, für die die Bundesregierung mit dem Programm „Soziale Stadt – Nachbarschaften stärken, Miteinander im Quartier“ sorgt. Die junge Generation braucht mehr Räume, die sie gemeinsam gestalten kann, wo sie leben und sich orientieren kann.

Vorschnelle Bewertungen und gar Vorverurteilung spalten unsere Gesellschaft. Der deutsche Rechtsstaat ist deshalb stark, weil er individuelle Schuld aufarbeitet und ausgleicht, weil er nicht pauschal vorverurteilt nach Aussehen oder danach, wie jemand mit Vornamen heißt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bettina Hoffmann

 

 

 

 

 

 

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