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Angelika Krüger-Leißner
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Frage von Holger B. •

Frage an Angelika Krüger-Leißner von Holger B. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Krüger-Leißner,

ab 2012 sollen die bisherigen GEZ-Gebühren pro Haushalt erhoben werden. Ich habe vor Jahren sowohl Radio als auch TV abgeschafft, weil ich mit dem Programm völlig unzufrieden bin. Nun soll ich trotzdem dafür bezahlen, dass andere Fernsehen können. Das finde ich ungerecht. Andere müssen ja auch keine Abgaben zahlen, damit ich meine diversen Zeitungsabonnements aufrechterhalten kann. Es muss auch keiner Kfz-Gebühren zahlen, der kein Auto hat. Usw.
Meine Frage: Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben, welche Möglichkeiten gibt es, sich dagegen zu wehren? 180 Euro pro Jahr sind ja auch kein Pappenstiel, auch wenn man knapp über dem Hartz-IV-Satz liegt.

Freundliche Grüße
Holger Blum

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Blum,

vielen Dank für Ihre Zuschrift zum neuen Gebührenmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und insbesondere zu der Frage, ob es zumutbar ist, dass die neue Gebühr auch von Haushalten erhoben wird, die weder über Fernseh- noch Radiogeräte verfügen.

Lassen Sie mich der Klarheit zuliebe vorwegschicken, dass in Deutschland Fragen der Medienordnung und auch Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks allein Angelegenheiten der Länder sind und dem Bund hier keine Gestaltungs- oder gar Entscheidungskompetenz zukommt. Dies gilt selbstverständlich auch für die Regelungen zu den Rundfunkgebühren und ihre Erhebung durch die GEZ, so dass Sie diese Antwort bitte lediglich als einen Kommentar aus bundespolitischer Sicht auffassen mögen. Konkrete Auskunft erhalten Sie selbstverständlich von Ihrer Landesregierung bzw. von der oder dem Landtagsabgeordneten Ihres Wahlkreises, da letztlich die Landesparlamente und Bürgerschaften den Änderungen der betreffenden Staatsverträge zustimmen müssen.

Was die grundsätzliche Frage der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland anbelangt, so steht es aus bundespolitischer Sicht für die SPD-Bundestagsfraktion außer Zweifel, dass ein leistungs- und zukunftsfähiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk für eine freie Information und Meinungsbildung in einer demokratischen Öffentlichkeit unverzichtbar ist. Die deutsche Rundfunkordnung ist maßgeblich durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichte zur Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geprägt. Ihre gesetzliche Ausgestaltung fällt in die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Rundfunk - öffentlich-rechtlicher wie privater Rundfunk - hat nach der Rechtsprechung des BVerfG eine essentielle Funktion für die demokratische Ordnung.

Die Regierungschefs der Länder haben sich am 10. Juni 2010 auf Eckpunkte zur Neuordnung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verständigt. Diese sehen im Kern einen Wechsel vom bisherigen Modell der geräteabhängigen Gebühr hin zu einem geräteunabhängigen Beitrag vor, der für jeden Haushalt und jede Betriebsstätte erhoben werden soll. Ziel der Umstellung ist es, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum einen auf eine in finanzieller und verfassungsrechtlicher Hinsicht dauerhaft tragfähige Grundlage zu stellen. Zum anderen soll das neue Beitragsmodell zu mehr Transparenz, größerer Gerechtigkeit und weniger Bürokratie beitragen.

Das ist im Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag geregelt, der am 21. 12.2010 von den Ministerpräsidenten unterzeichnet wurde und im nächsten Jahr von allen Landtagen endgültig als Gesetz beschlossen werden soll. Gelten würde das neue Modell ab dem Jahr 2013 und nicht, wie Sie in Ihrer Mail angenommen haben, ab 2012.

Nun zu Ihrer Frage einer Befreiungsmöglichkeit von der Gebührenpflicht, wenn man über keinerlei Empfangsgerät verfügt. Grundsätzlich halte ich diese Frage für berechtigt und ich würde dies auch unterstützen, wenn es praktikabel wäre. Tatsächlich wäre dies aber mit einem enormen und teuren Prüfaufwand verbunden, der nicht zu rechtfertigen wäre. Deshalb und vor dem Hintergrund der oben schon angesprochenen Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für unser demokratisches Gemeinwesen halte ich eine generelle Gebührenpflicht für vertretbar. Gerade auch im weltweiten Vergleich kann man feststellen, dass die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten einen unverzichtbaren Beitrag für Qualitätsjournalismus, pluralistische Meinungsbildung sowie Vielfalt und damit für unser demokratisches Gemeinwesen leisten.

Für die SPD-Bundestagsfraktion ist von besonderer Bedeutung, dass die einkommens-abhängigen Befreiungstatbestände im privaten Bereich insgesamt unverändert bleiben sollen. Für Härtefälle – z.B. der von Ihnen angesprochene Fall, dass man knapp über dem Hartz IV-Satz liegt - werden zusätzliche Befreiungsmöglichkeiten vorgesehen. In § 4 Absatz 6 Fünfzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist dies geregelt. Zuständig dafür sind aber, wie zuvor beschrieben, allein die Länder, die über Übergangsfristen, Gebührenhöhe und Befreiungstatbestände entscheiden müssen. Falls Sie selber betroffen sind, müssten Sie sich direkt an Ihre zuständige Landesrundfunkanstalt wenden.

Grundsätzlich begrüße ich es, dass sich die Länderchefs auf ein tragfähiges Modell einigen konnten. Zugleich hoffe ich, dass die zuständigen Stellen bei begründeten Härtefällen größtmögliches Entgegenkommen zeigen.

Mit freundlichen Grüßen

Angelika Krüger-Leißner, MdB