Alexander Lauber
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Frage von Stefan L. •

Frage an Alexander Lauber von Stefan L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Lauber,

als Landesbeamter interessiert mich, wie Sie und Ihre Partei zur Entwicklung der Beamtenbesoldung im Allgemeinen und besonders zur Abkopplung zur sonstigen Lohnentwicklung (auch in der "jüngeren" Vergangenheit) und unter Berücksichtigung der Inflationsrate stehen und was Sie dagegen unternehmen wollen.

Wieso gibt es bei Beamten in "höheren" Einkommensgruppen Einbußen gegenüber geringeren Einkommensgruppen, wohingegen bei den Angestellten eine Unterscheidung nach Gehaltsgruppen nicht vorgenommen wird?

Wird der Grundsatz der Beamtenbesoldung, wonach diese zweigeteilt ist (ein Teil während des aktiven Dienstes, weswegen dieser im Vergleich geringer ausfällt, ein weiterer Teil während der Pension, weswegen diese höher ausfällt) noch beachtet? Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Abzüge zur Bildung einer Rücklage für die Pensionen, die diesem Grundsatz m.E. widerspricht?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Lohr,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich versuche sie Ihnen so ausführlich wie möglich zu beantworten.

Generell zur aktuellen Situation:

Die Landesregierung hat die Arbeitszeit der Beschäftigten im Land ohne Lohnausgleich von 38,5 auf 42 Stunden erhöht und tarifliche Standards durch Austritt aus der Tarifgemeinschaft der Länder verschlechtert.  Dadurch hat sie 20.000 Arbeitsplätze vernichtet und die Löhne und Gehälter im Verhältnis zur erbrachten Arbeitszeit drastisch abgesenkt. DIE LINKE will den Wiedereintritt des Landes Hessen in die Tarifgemeinschaft der Länder und dadurch die Wiedereinführung der Wochenarbeitszeit nach dem Tarifvertrag der Länder (TVL), sowie die Verringerung der Arbeitszeit auf 38,5 Stunden auch für die Beamtinnen und Beamten.

Zu Ihren konkreten Fragen:

Für die Abkopplung der Beamtenbesoldung gegenüber der sonstigen Lohnentwicklung gibt es keinen vernünftigen Grund. Daher ist natürlich die Beamtenbesoldung gegenüber der sonstigen Lohnentwicklung, unter Beachtung der Inflation, nach oben anzupassen. Dies ist allein schon gesetzlich garantiert. Paragraph 14 BBesG sagt aus, dass die Besoldung regelmäßig an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzugleichen ist. Daher würden wir diese bei einer evtl. Regierungsbeteiligung auch vornehmen. Eine geordnete Gegenfinanzierung würde durch uns garantiert. Dies würde aber jetzt zu weit führen. Weshalb es die bisherige Landesregierung nicht macht, ist ihr Geheimnis.  Wir lehnen zudem weitere  Kürzungen oder Absenkungen strikt ab. Wir sind als Partei gegen jede Art von Lohndumping. Die von Hessens damaligem  Ministerpräsident Roland Koch (CDU) geforderte „so viel Freiheit wie möglich“ bzw. der damit verbundene Austritt aus dem TVL hat dafür gesorgt, dass die Arbeitszeit für Beamte, ohne Lohnausgleich, verlängert und somit der Lohn im Endeffekt gekürzt worden ist.

Weiterhin hat die Föderalismusreform aus dem Jahre 2006 zu grundlegenden Veränderungen geführt. Die Regelung von Besoldung, Versorgung und dem gesamten Laufbahnrecht liegt jetzt  bei den Bundesländern und beim Bund für die Bundesbeamten.  

Damit kommen wir zu Ihren zweiten Frage. Warum bei Beamten in „höheren“ Einkommensgruppen Einbußen gegenüber geringeren Einkommensgruppen hinnehmen müssen kann ich Ihnen aus dem Stand nicht beantworten.  Auf was genau beziehen sich diese Einbußen? Auf die Besoldungsgruppen an sich?

Generell hat der Bund, um eine gerechte Besoldung für Beamte zu ermöglichen, auf Grund seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz, das Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) erlassen. Darin sind alle Besoldungsgruppen der Beamten und deren Ämter festgehalten. Damit soll eine funktionsgerechte Besoldung gewährleistet werden. Laut §18 Satz 1 BBesG: Die Funktionen der Beamten, Richter und Soldaten müssen nach ihren Anforderungen sachgerecht bewertet werden und sind ihren jeweiligen Ämtern zuzuordnen. Es wird also eine Unterscheidung nach den jeweiligen Ämtern vorgenommen. Dies macht Sinn, da an die unterschiedlichen Tätigkeiten auch unterschiedliche Voraussetzungen bzw. Verantwortungsbereiche geknüpft sind. Diese Unterscheidung ist daher sinnvoll.

Die genaue Ausgestaltung der Besoldungsgruppen obliegt aber dem Land Hessen und damit der Landesregierung. Wieso es deshalb zu Einbußen bei höheren Einkommensgruppen gegenüber geringeren Einkommensgruppen kommt, müssen Sie die Vertreter der jeweiligen Parteien fragen. Dasselbe gilt auch für die nicht vorgenommene Unterscheidung bei den Angestellten. Im privatwirtschaftlichen Bereich gibt es dort sehr wohl Unterschiede.

Aus unserer Sicht sollten die Unterschiede im Verhältnis zueinander logisch aufgebaut und gegenüber den anderen Stufen zu keinen Einbußen führen. Die Besoldungstabelle muss in sich schlüssig und logisch sein. Zudem darf sie gewisse Standards (siehe Urteil des BVerfG vom 14.02.2012 zur Beamtenbesoldung) nicht unterschreiten. Diese Einhaltung der, gerade in dem o.g. Urteil, festgestellten Vorgaben ist für uns eine Selbstverständlichkeit.

Ja, der Grundsatz der zweigeteilten Beamtenversorgung wird noch beachtet.  Nach bisherigem Verständnis sind Versorgungsleistungen für Beamte aus dem laufenden Haushalt des Staates zu zahlen. Dies ergibt sich aus dem Alimentationsprinzip, nach dem der Dienstherr verpflichtet ist, Beamten während des aktiven Dienstes, bei Krankheit und Invalidität sowie nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst aus Altersgründen einen der Bedeutung und dem sozialen Status seines Amtes entsprechenden angemessenen Lebensunterhalt zu gewährleisten.

Zur Entlastung der öffentlichen Haushalte der kommenden Jahrzehnte haben Bund und Länder seit einigen Jahren mit dem Aufbau von Versorgungsrücklagen begonnen und (in unterschiedlichem Ausmaß) auch mit dem Aufbau von sogenannten Versorgungsfonds .

Nach § 14a des Bundesbesoldungsgesetzes werden beim Bund und den Ländern Versorgungsrücklagen als Sondervermögen aus der Verminderung der Besoldungs- und Versorgungsanpassungen gebildet. Hierzu wird das Besoldungs- und Versorgungsniveau der Beamten und Pensionäre in jährlichen Schritten von je 0,2 % abgesenkt, indem die gesetzlich beschlossenen Gehaltsanpassungen der Beamten und die daraus resultierenden Anpassungen der Pensionen in den Jahren zwischen 1999 und 2017 entsprechend vermindert werden.

Die dadurch eingesparten Beträge sollen einem Sondervermögen zugeführt werden. Die Mittel dieser Sondervermögen dürfen laut Gesetz nur zur Finanzierung künftiger Versorgungsausgaben verwendet werden.

Mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 wurde darüber hinausgehend der von Beamten mit jedem Dienstjahr erworbene Pensionsanspruch auf 1,79375 Prozent der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge verringert, gleichzeitig wurde die Höchstgrenze der Beamtenpensionen um 3,25 % (in Bezug auf die ursprünglichen Dienstbezüge - das bedeutet faktisch eine Kürzung der Pensionen um 4,33 %) abgesenkt und die Höhe der Witwenversorgung um 5 % verringert. Die sich hieraus ergebenden Einsparungen sollen zu 50 % den Versorgungsrücklagen zugeführt werden.

Bund und Länder können im Rahmen dieser generellen Vorschrift für ihren Bereich Einzelregelungen erlassen. D.h. damit wurde diese Rücklagenbildung gesetzlich festgeschrieben.

Sie widerspricht auch nicht dem Alimentationsprinzip. Der Anspruch auf lebenslange Versorgung ist Teil der Gegenleistung, die ein Beamter für seine Tätigkeit im Staatsdienst erwirbt. Dieser Anspruch trägt dazu bei, dass sich entsprechend qualifizierte Personen für eine Tätigkeit im Staatsdienst entscheiden, auch wenn sie im privaten Sektor ein deutlich höheres laufendes Einkommen erzielen könnten.

Aus ökonomischer Perspektive entpuppt sich die traditionelle Form der Beamtenbesoldung und -versorgung als durchaus gut ausbalanciert. Einen Teil der Entlohnung nicht direkt auszubezahlen, sondern als Versorgungsversprechen zu gewähren, setzt richtige Anreize im Staatsdienst.

Fehlanreize löst die Kombination von Besoldung und Versorgung eher in der politischen Sphäre aus. Systembedingt verschiebt sie einen erheblichen Teil der Kosten für das staatliche Personal in die Zukunft. Der öffentliche Sektor wurde deshalb in der Vergangenheit scheinbar billig aufgebläht.

Deshalb wird man, bei Beibehaltung des status quo, an einer weiteren Neuaustarierung der Besoldung und Versorgung wohl nicht vorbeikommen. Vermutlich wird man als Argument,  um die vorteilhaften Anreizwirkungen nicht über Bord zu werfen und aufgrund der steigenden Lebenserwartung (garniert mit Statements von sog. Wirtschaftsexperten), vorschlagen, die Beamten noch länger im aktiven Dienst zu belassen.  D.h. noch länger zu arbeiten. Das wäre dann wieder der Anschluss an Ihre erste Frage. Sie sehen es dreht sich alles im Kreis.

Um diesen Kreis zu entfliehen, würden wir  höhere Rücklagen bilden, d.h. wir würden die Kosten nicht einfach auf die Zukunft verschieben. Die gesetzliche Vorschrift bildet nur den Mindestwert. Höhere Rücklagen sind nicht verboten. Diese Rücklagen müssen frühzeitig, zweckgebunden und haushaltsseparat angelegt werden um eine ausreichende Versorgung zu garantieren, um eine zu große Belastung des aktuellen Haushalts zu vermeiden. Zudem muss ein detaillierter Finanzplan erstellt werden, der einen genauen Überblick über die genaue Höhe der gesamten Versorgungsleistungen erhält. Weiterhin ist auch die Einnahmensituation des Landes zu verbessern, dazu gibt es in unseren Wahlprogrammen (Bund + Land) viele Vorschläge. Genauso für Einsparungen im Haushalt (Stichwort: Subventionsabbau).  Eine längere Altersarbeitszeit  lehnen wir grundsätzlich ab.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte.

Mit freundlichen Grüßen<

Alexander Lauber