Eine Collage die links im Bild Produkte von Rüstungsunternehmen zeigt: Hubschrauber, Kampfjet, Panzer. Aus dem Panzerrohr kommen Euro-Zeichen, die sich ins Reichstagsgebäude bewegen, das rechts im Bild ist; im Vordergrund ein sich überkreuzendes Absperrband
Rüstungsspenden an Abgeordnete

abgeordnetenwatch zeigt Rheinmetall-Tochter an – Staatsanwaltschaft spricht von normaler „Klimapflege“

Eine Rheinmetall-Tochter hat gezielt jenen Abgeordneten Wahlkampfspenden zukommen lassen, die über milliardenschwere Rüstungsaufträge entscheiden. abgeordnetenwatch erstattete daraufhin Strafanzeige. Doch die Generalstaatsanwaltschaft Berlin sieht keinen Anfangsverdacht und spricht von einer zulässigen „Klimapflege“.

von Sarah Schönewolf, 24.10.2025

Was geschehen ist:

Im Frühjahr 2025 deckte die ZEIT auf: Die Software-Tochter Blackned von Rheinmetall hatte sieben Bundestagsabgeordneten im Vorfeld der Bundestagswahl Unterstützung im Wahlkampf angeboten. Das Unterstützungsangebot an einen achten Abgeordneten hatte dieser ausgeschlagen. Das Rüstungsunternehmen sprach dabei bewusst Mitglieder des Haushalts- und Verteidigungsausschusses an, die wenig später im Bundestag über einen Rüstungsauftrag entschieden, von dem Blackned profitierte. 

Die wichtigsten Punkte aus der ZEIT-Berichterstattung: 

  • Ein Blackned-Lobbyist gibt in einer Mail an einen Abgeordneten am 6. Januar 2025 offen zu: „Unsere Intention ist es, Abgeordnete, die im Rahmen ihrer Aufgaben für die Ausrüstung der Bundeswehr speziell im digitalen Umfeld einen Beitrag leisten, bei Ihren [sic] Wahlkämpfen … mit einer kleinen Summe zu unterstützen.“ Die Spenden beliefen sich jeweils auf 2.000 Euro.
  • Der Rüstungslobbyist sagte der ZEIT, man habe gezielt den Verteidigungs- und den Haushaltsausschuss adressiert, „weil da die Macht ist“. Die Hoffnung sei, dass die Unterstützung der modernen Digitalisierung auch in der nächsten Legislatur fortgesetzt werde.


Strafanzeige von abgeordnetenwatch 

abgeordnetenwatch hat daraufhin Strafanzeige gegen die Rheinmetall AG und die Blackned GmbH wegen des Verdachts der Bestechung von Mandatsträgern (§ 108e StGB) gestellt. Denn Zahlungen, die mit einer bestimmten Erwartung verknüpft sind, sind nach dem Strafgesetzbuch illegal. 

Unser Ziel: Solche Praktiken müssen bestraft werden, damit Lobby-Einfluss durch Geld nicht zum Normalfall wird! 

Staatsanwaltschaft: Alles in Ordnung 

Jetzt hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin das Verfahren eingestellt. Begründung: Die Zweckbestimmung der Spende sei eine Art der „Klimapflege“. Eine aufeinanderfolgende Leistung und Gegenleistung seien im konkreten Fall nicht erkennbar. Die von Blackned verfolgten Intentionen seien nur „allgemein formulierte politische Interessen“. Ein Anfangsverdacht auf Bestechung ergebe sich nicht.

Unsere Bewertung: Wenn es legal ist, dass Unternehmen gezielt Geld an Abgeordnete überweisen, von deren politischen Entscheidung sie unmittelbar profitieren, braucht es schärfere Gesetze. Allein der Eindruck, dass politische Entscheidungen von Abgeordneten durch Konzerne käuflich sind, lässt das Vertrauen in die Demokratie weiter schwinden.  

Warum die Rüstungslobby besonders mächtig ist

Wo der Staat Hauptkunde ist, verhandelt man mit Ministerien, Beschaffungsämtern und Ausschüssen. Dabei sind die Wege kurz und oft intransparent. Es geht selten um den plumpen Tausch „Geld gegen Entscheidung“, sondern um Zugang.

Weitere Beispiele: 

  • Vom ehemaligen Berufsoffizier, zum SPD-Abgeordneten im Bundestags-Verteidigungsausschuss, bis hin zum Senior-Lobbyisten beim Rüstungskonzern Stark: Johannes Arlt hat den sogenannten Drehtür-Effekt genutzt. Jetzt geht es bei ihm um den Verkauf von Rüstungsgütern, nicht wie zuvor um die Beschaffung.  Zur abgeordnetenwatch-Recherche
  • Der Münchner Drohnenhersteller Helsing bot mehreren Parteien 30.000 € an (unter der 35.000-€-Schwelle). Parallel bot Frank Sitta (General Atomics, ehemaliger FDP-Fraktionsvize) einem SPD-Abgeordneten per SMS Hilfe „für den Endspurt“ an. ZEIT-Recherchen machten die Offerten publik. Zur Recherche
  • Wie The Pioneer berichtet, lud der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin Abgeordnete zu einem Lobby-Abend mit 4-Gänge-Menü ins Reichstagsgebäude. Kurz danach entschied der Bundestag, genau von dieser Firma Kampfjets (F-35) in Milliardenhöhe zu kaufen. Zur abgeordnetenwatch-Recherche 

Drei Hebel gegen zu viel Einfluss

abgeordnetenwatch setzt sich seit Langem für eine Begrenzung des Lobbyeinflusses ein. Das sind für uns die drei wichtigsten Hebel, um den zu großen Einfluss von Konzernen auf politische Entscheidungen zurückzudrängen:

 

  1. Kontakttransparenz: Es muss endlich offengelegt werden, wer sich auf beiden Seiten von Lobby und politischen Entscheidungsträger:innen wann, mit wem und zu welchem Thema trifft – und das ohne Ausnahmen.
  2. Ein gesetzlich verpflichtender legislativer und exekutiver Fußabdruck, der zeigt, welche Akteur:innen am Gesetzgebungsprozess beteiligt waren und welche Interessen sie vertreten haben. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Perspektiven gleichberechtigt gehört wurden und politische Entscheidungen nicht von finanz- und ressourcenstarken Lobby-Akteuren beeinflusst werden.
  3. Eine gesetzlich verpflichtende Karenzzeit von drei Jahren für den Wechsel aus der Politik bzw. aus relevanten Ausschüssen: Für uns ist klar: Politik muss unabhängig sein und dem Gemeinwohl dienen und darf nicht als Sprungbrett in die Wirtschafts- oder Rüstungslobby dienen! 

Unterstütze uns!

Zu viel Lobbyeinfluss ist kein Naturgesetz. Wir machen Demokratie besser – mit unseren investigativen Recherchen, unserem Dialogangebot und konkreten Forderungen an die Politik. 

Drei Dinge, die du jetzt tun kannst: 

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