ganze 261 Mal haben Abgeordnete in der vergangenen Legislaturperiode Nebentätigkeiten, Einkünfte oder Unternehmensbeteiligungen nicht korrekt gemeldet. 261 Mal wurden damit Transparenzregeln missachtet – und doch hatte dies kein einziges Mal spürbare Konsequenzen.
Das geht aus einem kürzlich veröffentlichten Prüfbericht der Bundestagspräsidentin hervor.
Demnach sprach die Bundestagsverwaltung in jedem der 261 Fälle lediglich eine interne Ermahnung aus – die schwächste Maßnahme, anzuwenden, wenn „ein minder schwerer Fall beziehungsweise leichte Fahrlässigkeit vorliegt“. Als Beispiel nennt das Abgeordnetengesetz eine „Überschreitung von Anzeigefristen um höchstens drei Monate“.
abgeordnetenwatch.de-Recherchen belegen jedoch: Unter den Verstößen waren auch solche, die strengere Sanktionen nach sich ziehen müssten.
Lobbyclub mit „privilegiertem Zugang“
Ein besonders brisanter Fall betrifft Julia Klöckner (CDU), die heutige Bundestagspräsidentin. Ab Februar 2022 gehörte sie dem „politischen Beraterkreis“ des Wirtschaftspolitischen Club Deutschland (WPCD) an – einem Lobbyverein, der mit „privilegiertem Zugang“ zur Politik wirbt. Mitglieder sind Konzerne wie Philip Morris, Audi und BASF oder der Bundesverband für strukturierte Wertpapiere (BSW), der Großbanken wie Goldman Sachs und J.P. Morgan vertritt.
Klöckner hätte diese Tätigkeit innerhalb von drei Monaten melden müssen. Tatsächlich überschritt sie die Meldepflicht um mehr als ein Jahr – und erst, nachdem abgeordnetenwatch.de bei ihr nachgefragt hatte. Laut Abgeordnetengesetz ein klarer „Pflichtverstoß“, der in einer offiziellen Drucksache publik gemacht werden müsste und sogar mit bis zu 67.000 Euro Ordnungsgeld sanktioniert werden könnte. Dennoch blieb es bei einer internen Ermahnung.
Auf Nachfrage von abgeordnetenwatch.de wollten sich dazu weder Klöckner noch die Bundestagsverwaltung konkret äußern.
Der Fehler im System
Dass der Fehler im System liegt, ist bekannt und wird auch von den Korruptionswächter:innen des Europarats (GRECO) seit Jahren bemängelt. In einem Bericht von 2021 heißt es, dass die Bundestagsverwaltung, die die Präsidentin bei der Prüfung unterstützt, möglicherweise „zu nahe an der Macht“ sei, um die Abgeordneten „wirksam zu überwachen und gegebenenfalls zu kritisieren“. GRECO kritisierte die „seltene Anwendung von Sanktionen“ und empfahl eine unabhängige Kontrollkommission.
Geändert hat sich seitdem nichts.
Übrigens: Dass wir Bürger:innen durch einen Prüfbericht der Bundestagspräsidentin überhaupt von den Transparenzverstößen der Abgeordneten erfahren, ist nur auf eine Klage von abgeordnetenwatch.de zurückzuführen. Nachdem sich die Bundestagsverwaltung 2018 vehement geweigert hatte, Unterlagen dazu herauszugeben, zogen wir vor Gericht – und bekamen Recht. Auch wurde die Bundestagsverwaltung in einigen Fällen eklatanter Transparenzverstöße augenscheinlich erst aktiv, als wir Klage einreichten: Zuvor ließ etwa ein CSU-Abgeordneter die Öffentlichkeit jahrelang über seine Nebentätigkeiten im Dunkeln – die Bundestagsverwaltung unternahm all die Jahre nichts.
Mit unseren Recherchen machen wir Missstände öffentlich, die sonst im Verborgenen bleiben würden. Unsere Transparenzklagen schließen Schlupflöcher und verschärfen die Regeln dort, wo es mehr Kontrolle braucht. Als spendenfinanzierte und gemeinnützige Transparenzinitiative setzt sich abgeordnetenwatch.de auf diese Weise kontinuierlich für eine offene und gerechte Politik im Sinne aller Bürger:innen ein.
Der Fehler im System
Dass der Fehler im System liegt, ist bekannt und wird auch von den Korruptionswächter:innen des Europarats (GRECO) seit Jahren bemängelt. In einem Bericht von 2021 heißt es, dass die Bundestagsverwaltung, die die Präsidentin bei der Prüfung unterstützt, möglicherweise „zu nahe an der Macht“ sei, um die Abgeordneten „wirksam zu überwachen und gegebenenfalls zu kritisieren“. GRECO kritisierte die „seltene Anwendung von Sanktionen“ und empfahl eine unabhängige Kontrollkommission.
Geändert hat sich seitdem nichts.
Übrigens: Dass wir Bürger:innen durch einen Prüfbericht der Bundestagspräsidentin überhaupt von den Transparenzverstößen der Abgeordneten erfahren, ist nur auf eine Klage von abgeordnetenwatch.de zurückzuführen. Nachdem sich die Bundestagsverwaltung 2018 vehement geweigert hatte, Unterlagen dazu herauszugeben, zogen wir vor Gericht – und bekamen Recht. Auch wurde die Bundestagsverwaltung in einigen Fällen eklatanter Transparenzverstöße augenscheinlich erst aktiv, als wir Klage einreichten: Zuvor ließ etwa ein CSU-Abgeordneter die Öffentlichkeit jahrelang über seine Nebentätigkeiten im Dunkeln – die Bundestagsverwaltung unternahm all die Jahre nichts.
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