Mecklenburg-Vorpommern? War da was? Fast hätte man es nicht bemerkt, doch in gut eineinhalb Wochen können 1,4 Millionen Menschen darüber entscheiden, welche politische Kraft die Zukunft ihres Landes gestalten soll (auf „Zukunft“ wird später noch zurückzukommen sein). Leider hat man nicht nur in Hamburg, Dülmen oder Garmisch wenig mitbekommen von der anstehenden Wahl, sondern offenbar auch in Meck-Pomm selbst: Dort interessieren sich 56 Prozent „wenig“ oder „gar nicht“ für den Urnengang am 4. September. Hinsichtlich der Wahlbeteiligung lässt das Schlimmes befürchten. Es wäre also anzunehmen, dass die Parteien diesen nicht hinzunehmenden Zustand als Motivation begreifen, um das Interesse der Menschen zu wecken - auf dem Marktplatz, in Fußgängerzonen, im Internet. Ja, sie sollten sogar froh sein über jeden, der auch nur den Hauch von Interesse aufbringt und sich nicht bereits vollends abgewendet hat. Das Interesse an den Kandidaten auf abgeordnetenwatch.de ist durchaus vorhanden, wenn auch nicht überragend (was wiederum nicht verwundert angesichts von 56 Prozent Desinteressierten). Über 200 Fragen wurden in den vergangenen Wochen gestellt, für ein Bundesland mit der Einwohnerzahl Mecklenburg-Vorpommerns ist das insgesamt recht ordentlich. Die meisten Bürger erhalten auf ihre Fragen auch tatsächlich eine Antwort. Die Grüne Spitzenkandidatin Silke Gajek steht ebenso Rede und Antwort wie die Nummer eins der Linken, Helmut Holter, und Ministerpräsident Erwin Sellering.* Nur über einen wundert man sich, über Lorenz Caffier, den inzwischen bundesweit bekannten Spitzenkandidaten der CDU. Mit dem Plakataufdruck „C wie Zukunft“ hatte dieser kürzlich über die Grenzen seines Bundeslandes hinaus von sich Reden gemacht. Ob die Kampagne am Ende erfolgreich war, sei dahin gestellt, doch immerhin war der Name Caffier plötzlich in aller Munde. Nun gehe es darum, die Werbebotschaften mit Inhalt zu füllen, verriet uns vor einiger Zeit einer seiner Berater am Telefon. Wie Innenminister Lorenz Caffier sich die „Zukunft“ so vorstellt, ist zumindest für die Fragesteller und Mitleser auf abgeordnetenwatch.de bislang noch ein Geheimnis. Interesse an seiner Person ist durchaus vorhanden, seine Profilseite gehört neben der des Ministerpräsidenten zu der am häufigsten angeklickten. Caffier könnte die Skeptiker und die Unentschlossenen unter den Interessierten für sich einnehmen, indem er Worthülsen mit Inhalt füllt. Er könnte Begeisterung versprühen, mit Argumenten überzeugen, ja, er könnte seinen Beitrag dazu leisten, dass Menschen am 4. September nicht teilnahmslos zu Hause bleiben, sondern zur Wahl gehen. Doch was macht Lorenz Caffier? Er gibt seiner "C wie"-Kampagne einen ganz neuen Dreh: C wie keine Antwort. Lorenz Caffier im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern auf abgeordnetenwatch.de:
- Bürgerfrage: „Warum organisieren Sie die Polizei dauernd um und entlassen Beamte ?“
- Antwort: -
- Bürgerfrage: „Wie wollen Sie Ihren Einfluß auf die Angleichung der Ost-Renten gelten machen?“
- Antwort: -
- Bürgerfrage: „War der plötzliche "Atomaustieg" auch für Sie überraschend? Wie stehen Sie heute zur Atomenergie?“
- Antwort:-
- Bürgerfrage: Aufgrund Ihrer Festlegung ("kein schärferes Waffenrecht", SVZ 1.Aug.´11): Wann wird in der BRD ein einheitliches Waffenrecht mit eindeutiger Reduzierung schwerer Waffen und des Personenkreises praktiziert ?
- Antwort: -
Beim Kandidaten-Check, den abgeordnetenwatch.de gemeinsam mit dem NDR anbietet, könnte Lorenz Caffier den Wählern erklären, wie er zu Themen wie Mindestlohn, Stellenabbau bei der Polizei oder Kita-Gebühren steht. Der NDR bewirbt den Kandidaten-Check sogar via Hörfunk und Fernsehen und sorgt so dafür, dass Caffiers politische Standpunkte die Menschen dann auch tatsächlich erreichen. Noch bequemer kann man potentielle Wähler gar nicht abholen. Doch auch hier: C wie keine Antwort. Man setze auf die eigene Homepage und Soziale Netzwerke wie Facebook, ist aus dem Caffier-Lager zu hören. In der Tat verfügen Lorenz Caffier und seine Partei über eine Homepage („Anhand meines Terminkalenders können Sie sich über meine Arbeit informieren“), über einen Twitteraccount (letzter Eintrag: 4. April 2011) und ein Facebookprofil („Bin jetzt beim deutsch-polnischen Sportfest in Ahlbeck (UER). Tolles Wetter, tolle Stimmung“). Interaktion mit Bürgern? Online jedenfalls ist sie nicht zu entdecken. Das wäre, im Jahr 2011, zumindest einmal C wie Gegenwart.
Update von 13:15 Uhr: Offenbar hat die dpa bei der CDU in Mecklenburg-Vorpommern nachgefragt, denn gerade verbreitet die Agentur einen Text unter der Überschrift "CDU boykottiert abgeordnetenwatch.de". Darin heißt es u.a.
Seit Anfang August können alle Kandidaten für die Landtagswahl am 4. September im Internet bei "www.abgeordnetenwatch.de" öffentlich befragt werden. Antwort gibt indes nicht jeder. Mecklenburg-Vorpommerns CDU lehnt die Zusammenarbeit mit dem Portal ab, wie ein Sprecher des Landesverbandes am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa in Schwerin sagte. Die Christdemokraten hätten andere Wege der Kommunikation mit den Wählern, wie die E-Mail-Funktion der eigenen Internetseite oder Facebook, sagte er. CDU-Spitzenkandidat Lorenz Caffier hat deshalb keine der 14 Fragen beantwortet, die ihm bislang über abgeordnetenwatch.de gestellt worden sind.
Der CDU-Sprecher verkennt allerdings, dass es in Wirklichkeit nicht um eine Zusammenarbeit mit abgeordnetenwatch.de geht, sondern darum, Bürger ernstzunehmen, die sich mit einer Frage an jemanden wenden, der gerne zum Vertreter des Volks gewählt werden möchte. Dabei spielt es gar nicht so sehr eine Rolle, ob er seine Frage über abgeordnetenwatch.de oder oder auf anderem Wege stellt. Vielleicht würde es helfen, sich einmal in einen Fragesteller hineinzuversetzen, der diese Diskussion wahrscheinlich gar nicht nachvollziehen kann, sondern nur eines möchte: Eine Antwort auf seine Fragen. Die grundsätzlich Frage in diesem Zusammenhang lautet: Können wir es uns angesichts von niedriger Wahlbeteiligung und vorhandener Politikerverdrossenheit eigentlich leisten, Menschen nur deswegen abzuweisen, weil uns ein bestimmter Kommunikationskanal nicht passt?
Update von 19:45 Uhr: Auch Heise online berichtet nun unter dem Titel "CDU Meck-Pomm meidet Abgeordnetenwatch".
Update vom 25.8.2011: Ein Bürger aus dem Wahlkreis des CDU-Abgeordneten Bernd Schubert schrieb seinem Direktkandidaten Anfang der Woche über abgeordnetenwatch.de folgende Mail:
Ich würde gern mehr über Ihre bisherigen Aktivitäten für die Region des künftigen Kreises Südvorpommern erfahren. Zur Information über (wahrscheinlich) unverbindliche Wahlaussagen habe ich im NDR-Kandidatencheck nachgesehen. Leider habe ich nichts von Ihnen gefunden. Ich bitte um Internetadressen, die Ihr politisches Profil widerspeigeln. Wenn ich von Ihnen nicht mehr informationen finde, werde ich wohl CDU und Herrn Bartelt wählen. Eigentlich standen Sie auf meiner Faforitenliste. Schade!
Gerade schickte Bernd Schubert seine Antwort.
Ich danke Ihnen für Ihr Interesse und freue mich, dass Sie sich politisch mit den einzelnen Bewerbern der Parteien auseinander setzen. Das ist wichtig, um von seinem demokratischen Recht Gebrauch zu machen. Ich sehe mich als Politiker, der lieber direkt mit den Menschen ins Gespräch kommt, vor Ort Probleme diskutiert. Deshalb besitze ich ein Facebook-Profil, wo Sie mich direkt ansprechen können und ich Ihre Fragen selbst beantworte. Gern bin ich auch bereit, persönlich mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, um Ihre Fragen zu beantworten. So anonymisiert über das Internet können Sie sich sicherlich kein umfassendes Bild von mir und meinem politischem Engagement für die Region seit 1994 (Bürgermeister, Atmsvorsteher (Ducherow), Kreistagsabgeordneter (Vorsitzender Sozialausschuss), Landtagsabgeordneter (Innenausschuss, Sozialausschuss, Verwaltungsreformausschuss) und jetzt als Bürgerbeauftragter des Landes machen. Sie sehen schon an der Vielfalt der Tätigkeiten in den verstrichenen 17 Jahren, dass es schwierig ist, Ihnen lückenlos vorzustellen, was ich für unsere Region erreichen konnte. Deshalb hier nur einige Beispiele: Erweiterung der Diakonie Züssow (Wäscherei), Investition Krankenhaus AMEOS Anklam in Höhe von 750.000 Euro, Feuerwehrauto für die Gemeinde Dersekow, Radweg entlang der B109 Rathebur-Neu Kosenow, Sicherung des Extraktwerkes Anklam, Sicherung des Standortes Wolgast durch Fusion mit Uniklinik Greifswald, Ausbau der Infrastruktur im Amtsbereich Ducherow (Straßen, Internet, Schule, soziale Einrichtungen, Feuerwehr, Kita) uvm. Auch aus Ihrem Heimatort Rubkow gab es in meiner Tätigkeit als Bürgerbeauftragter zahlreiche Anfragen, bei denen ich Klärung und Hilfe erreichen konnte. Aber aus datenschutzrechtlichen Gründen kann ich natürlich darüber nicht sprechen. Ich würde mich freuen, mit Ihnen über mein weiteres Wirken mit Ihnen ins Gespräch zu kommen und Anregungen von Ihnen für meine politische Tätigkeit mitzunehmen, so zum Beispiel auf einem meiner zahlreichen Infostände vor Ort, wie am 31. August ab 10.00 Uhr auf dem Anklamer Markt. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Landtagskandidat Bernd Schubert
Update vom 25.8.2011: NDR.de berichtet unter der Überschrift "Nordost-CDU scheut Internet-Wahlkampf" (pdf):
Die Partei habe andere Wege der Kommunikation mit den Wählern, teilte der CDU-Landesverband in Schwerin mit. So gebe es die E-Mail-Funktion auf der eigenen Internetseite - und einen Facebook-Auftritt. Dort lässt Spitzenkandidat Lorenz Caffier beispielsweise verkünden, dass er den vergangenen Mittwoch mit einem Unternehmer-Frühstück in Neustrelitz begann. Einzelne CDU-Kandidaten scheren aber aus der Parteilinie aus, indem sie bei abgeordnetenwatch.de auf Wähler-Fragen antworten. Ein Wähler hat sich vor wenigen Tagen beim CDU-Kandidaten Bernd Schubert aus dem Wahlkreis Ostvorpommern I darüber beschwert, dass beim Kandidaten-Check keine Angaben von ihm zu finden sind. Der Wähler zieht in Erwägung, deshalb den örtlichen FDP-Kandidaten zu wählen. "Eigentlich standen Sie auf meiner Favoritenliste. Schade!", schreibt der Mann. Am Donnerstag, drei Tage später, antwortet der CDU-Politiker: Er halte nicht viel vom "anonymen Internet". Unsinnigerweise verweist Schubert dann auf sein Facebook-Profil, wo er Fragen "selbst beantwortet".
------------------------- * FDP-Spitzenkandidat Gino Leonard hat bislang noch keine Frage gestellt bekommen.
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Kommentare
In eigener Sache: Warum Abgeordnetenwatch die Kommentar-Funktion abgeschaltet hat
Uli am 24.08.2011 um 10:42 Uhr
PermalinkDas ist in der Tat typisch, der Wähler will doch nicht wissen wann ein Politiker zu irgendeinem Sportfest geht (und wie das Wetter dort ist) sondern für was er politisch konkret einsteht. Liest man sich auf Herrn Caffiers Homepage seine "Standpunkte" durch findet man jede Menge Allgemeinplätze (Arbeitsplätze schaffen, Haushalt konsolidieren, Extremismus bekämpfen, Ehrenämter fördern) die so gut wie jede Partei und jeder Politiker sofort unterschreiben würde.
Nur wie bekämpft man denn Extremismus wenn gleichzeitig bei der Polizei gespart werden muss? Da müssen dann Kompromisse und Prioritäten her und genau das interessiert die Wähler.
Anonym am 24.08.2011 um 18:54 Uhr
PermalinkHallo Abgeordnetenwacht.de Team.
Wie handhabt ihr es eigentlich, wenn Kandidaten einer Partei massenweise genau passende Fragen von Parteimitgliedern und Sympathisanten gestellt bekommen um möglichst weit vorne platziert zu werden?
Pablo Ziller (abgeordnetenwatch.de) am 25.08.2011 um 12:51 Uhr
PermalinkHallo Anonym,
wir haben diese Problematik innerhalb unseres Moderationsteams gerade zu Wahlkampfzeiten bei allen Parteien verstärkt im Fokus.
Solcherlei "Vorlagenfragen" sind meist relativ einfach zu identifizieren.
Kommt es bei einzelnen Kandidierenden verstärkt zu Vorlagen, so ermahnen wir in einem ersten Schritt die Kandidierenden, ggfs. auch die gesamte Partei, da diese meist zu einer Vorlagenbefragung intern aufgerufen haben.
Tritt danach keine Entspannung der Situation ein, so kann es bei einzelnen Kandidierenden zu einer Herausnahme aus unserer Kandidierendenauflistung kommen.
Danach sinkt der Anreiz für gezielte Vorlagen und Manipulationen enorm.
Diese Maßnahme hat so gut wie immer Erfolg, wodurch sich im übrigen nachträglich bestätigt, dass es den Fragestellern nicht primär um eine Antwort ging, sondern lediglich darum, dass ein Kandidat möglichst weit oben in der Gesamtübersicht erscheint.
In einigen Fällen überprüfen wir auch die Identität der jeweiligen Fragesteller, da es hier oftmals zu Identitätsmissbräuchen kommt.
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Pablo Ziller
(abgeordnetenwatch.de)
Anonym am 25.08.2011 um 15:13 Uhr
PermalinkVielen Dank Herr Ziller für ihre schnelle Antwort und ihr beherztes Vorgehen.
Vielleicht wollen Sie sich dann einmal die Kanditaten der Partei "Die Freiheit" und hier speziell den Herrn Doll ansehen, da gibt es eine erstaunliche Übereinstimmung der Fragesteller und der Mitglieder/üblichen Kommentatoren der eigenen Website.
Mit freundlichen Grüßen
Anonym
koelneruwe am 25.08.2011 um 15:42 Uhr
PermalinkEs spricht sich rund: http://www.rentner-news.de/content/CDU-Mecklenburg-Vorpommern-kneift
Pablo Ziller (abgeordnetenwatch.de) am 26.08.2011 um 10:11 Uhr
PermalinkHallo Anonym,
Marc Doll wurde von uns bereits wegen massiven Manipulationsversuchen aus unserer Kanidierendenauflistung herausgenommen.
Seit dem bekommt er auch deutlich weniger Vorlagen.
Mit freundlichen Grüßen,
Pablo Ziller
(abgeordnetenwatch.de)
koelneruwe am 26.08.2011 um 11:42 Uhr
PermalinkDer Artikel wurde zwischenzeitlich überabeitet:
http://www.rentner-news.de/content/Mecklenburg-Vorpommern-Wahl-CDU-kneift
Anonym am 26.08.2011 um 13:02 Uhr
PermalinkVielen Dank an Herrn Ziller für die Antwort und das Abgeordnetenwatch.de Team für die Entfernung des Manipulators Doll aus der Auflistung. Ich dachte schon solche Leute kämen damit durch. Zum Glück gibt es auch immer wieder positive Überraschungen.
Vielen Dank nochmals
Anonym
Bundestagsradar am 29.08.2011 um 01:36 Uhr
PermalinkHallo zusammen,
die Scheu, sich Fragen bei Abgeordnetenwatch.de zu stellen, ist vermutlich ebenso alt wie das tolle Projekt selbst. Und die Erklärung hierfür ist ebenso simpel - wenngleich natürlich nicht befriedigend:
Politische Kommunikation ist immer auch strategische Kommunikation und die gestaltet sich am risikoärmsten (= frei von unangenehmen Fragen) wenn man als Abgeordneter einzig eine Sender-Rolle einnimmt. Und hier zeigt sich, warum einige Abgeordnete sich hier nicht zu Wort melden: Hier sind sie nämlich u.a Empfänger von Fragen.
Oft genug spiegelt sich die einseitige Kommunikationseinstellung auch auf den Social Network Profilen wieder. Da wird alles was die Web-2.0-Kiste hergibt zusammen geknüpft und mit Informationen zum Wetter und der Bratwurstkonsistenz auf dem Sportfest in Bad Vilbel beschallt. Hier wird ausschließlich gesendet, nicht empfangen.
Man kann das Winden um Bürgerfragen als durchaus undemokratisch bezeichnen, vor allem aber zeigt sich hier sehr deutlich, dass einige Abgeordnete noch immer nicht das Potenzial des Netzes im Hinblick auf Partizipation und aktiver demokratischer Teilhabe erkannt haben.
WMKW am 29.08.2011 um 15:45 Uhr
PermalinkDer Verweis des Politikers auf alternative Kanäle ist Augenwischerei. So kann nicht mehr transparent nachvollzogen werden, welche Fragen überhaupt beantwortet werden. Stellt man Fragen direkt an den Politiker und bekommt keine Antwort, dann bekommt man dieses Fehlverhalten des Politikers nur allein zu spüren.
Henning Lesch am 01.09.2011 um 12:17 Uhr
PermalinkLiebes abgeordnetenwatch-team
hinter dem Artikel von Ihnen und dem Anspruch steht ein für mich doch sehr problematisches Demokratieverständnis. abgeordnetenwatch ist ein Anbieter auf dem Markt und es steht durchaus jedem Abgeordneten und Kandidaten frei, diese Möglichkeit zu nutzen oder beispielsweise auf Profile in sozialen Netzwerken (facebook ist nur eines davon) zu verweisen. Auch die Antwort via Email ist durchaus eine richtige Form der Politikkommunikation.
Sicher können Sie beanspruchen, die Kommunikation zwischen "Mensch und Politik" ein Stück weit aufgebrochen zu haben. Sie suggerieren jedoch mit diesem Beitrag, dass Ihnen auf diesem Markt die Meinungshoheit zusteht und es nur richtig ist, wenn jemand (auch) über Sie Antworten gibt. Sie müssen, auch dies gehört zum demokratischen Diskurs, jedoch auch den Kandidaten einer Partei(en) zugesteht, dass diese sich auf andere Kommunikationskanäle verlegen.
Freundlichst, Henning Lesch
Martin Reyher (abgeordnetenwatch.de) am 01.09.2011 um 12:56 Uhr
Antwort auf von Henning Lesch
PermalinkLieber Herr Lesch,
es geht gar nicht so sehr darum, ob eine Partei nun auf abgeordnetenwatch.de nicht antwortet oder anderswo. Das eigentliche Thema ist, warum manche Politiker ihre Bürgerpost auf zwei verschiedene Stapel legen: Hier den Stapel mit Briefen und Mails, die den Kandidaten oder Abgeordneten direkt erreichen, dort den Stapel mit Bürgerpost, der über Internetplattformen wie z.B. abgeordnetenwatch.de kommt. Der eine Stapel wird beantwortet, der andere nicht.
Da stellt sich wahrscheinlich nicht nur mir die Frage, ob es dem Politiker wirklich um den Inhalt und um das Anliegen eines Bürgers geht, oder nur darum, ob ihnen der Kommunikationskanal gefällt. Wie kann man einem Bürger überzeugend vermitteln, dass sein Anliegen leider nicht bearbeitet werden kann, weil er sich auf dem "falschen" Weg an einen Politiker gewandt hat? Und das in Zeiten, in denen sich immer mehr Menschen enttäuscht von der Politik und den Politikern abwenden, was sich in der Wahlbeteiligung und in Umfragen über Demokratiezufriedenheit und Politik(er)verdrossenheit manifestiert.
Angesichts der 2-Stapel-Strategie darf einen das nicht wundern. Solch ein Vorgehen passt nun wirklich nicht in eine Zeit, in der Web 2.0 und Social Media das Gegenteil von Einbahnstraßenkommunikation meint. Diesbezgl. bleiben Slogans wie "C wie Zukunft" leere Parolen.
Beste Grüße
Martin Reyher
Henning Lesch am 01.09.2011 um 14:56 Uhr
Antwort auf von Martin Reyher (abgeordnetenwatch.de)
PermalinkLieber Herr Reyher,
doch genau, dies darf auch ein Politiker und ein Kandidat. Er ist eben nicht gezwungen, sich eines bestimmten Forums zu bedienen, sondern er hat die freie Wahl. Natürlich muss er sich der Konsequenzen bewusst sein.
Ihr Beitrag klingt aber eben so, als seien Sie - um mit Volkes Stimme zu sprechen - die beleidigte Leberwurst. Aber dies müssen Sie in dem Markt der Möglichkeiten aushalten.
Freundlichst, Henning Lesch
Olaf Zaplinski am 01.09.2011 um 12:38 Uhr
PermalinkNun, natürlich steht es jedem Kandidaten frei, die ihm genehmen Kanäle zur Kommunikation mit den Bürgern zu nutzen.
Allerdings steht es den Wählern ebenso frei, das bewußte Ignorieren von abgeordnetenwatch bei ihrer Wahlentscheidung zu berücksichtigen.
Das bewußte Ablehnen einiger Kanäle wird bei Printmedien interessanterweise nicht durchgeführt. Und wir alle wissen, warum.
Henning Lesch am 01.09.2011 um 14:57 Uhr
Antwort auf von Olaf Zaplinski
PermalinkDies ist nicht richtig. Kohl hat konsequent Interview-Anfragen des Spiegel abgelehnt.
Roland Schürmann am 01.09.2011 um 12:50 Uhr
PermalinkSehr geehrte Damen und Herren,
ich sehe es ähnlich wie mein Vorredner (oder Vorschreiber?), Sie als Betreiber dieser Website beanspruchen die Marktführerschaft, Sie allein seien diejenigen, welche die Kommunikation zwischen Politiker und Wähler durchführen. Bevorzugt ein Kandidat bzw. Politiker jedoch beispielsweise den Weg per Email oder sozialem Netzwerk, gilt dies gleich als undemokratisch.
Sie diktieren den Kandidaten, allein Ihre Website sei der richtige Kommunikationsweg für den Bürger. Ihr Verhalten erinnert stark an Meinungsdiktatur. Jeder Wähler sollte doch so frei sein, den Kommunikationsweg zu wählen, den er oder sie bevorzugt.
Mit freundlichen Grüßen,
Roland Schürmann
Martin Reyher (abgeordnetenwatch.de) am 01.09.2011 um 13:04 Uhr
Antwort auf von Roland Schürmann
PermalinkIch möchte auf meinen Kommentar an Herrn Lesch verweisen.
Ihre Argumentation ist allerdings nicht ganz stringent. Sie sagen einerseits, abgeordnetenwatch.de diktiere Kandidaten den Kommunikationsweg (wie kommen Sie darauf?), anderseits sollte jeder Wähler frei sein, den Kommunikationsweg selbst auszuwählen.
Genau das ist: Die Bürger, die auf abgeordnetenwatch.de eine Frage stellen, haben genau diesen Kommunikationsweg gewählt. Natürlich steht es dem Kandidaten frei zu antworten oder auch nicht. Allerdings sollte er in einer Demokratie zur Kenntnis nehmen, dass immer noch der Souverän, und damit der Bürger, darüber entscheidet, auf welchem Weg er mit seinem (potentiellen) Repräsentanten in Kontakt treten will. Die einen nutzen Facebook und Direktmail, andere abgeordnetenwatch.de. Warum die Relevanz eines Bürgerschreibens nach dem Kommunikationsweg bewerten und nicht nach dessen Inhalt?
Henning Lesch am 01.09.2011 um 15:02 Uhr
Antwort auf von Martin Reyher (abgeordnetenwatch.de)
Permalink"Sie sagen einerseits, abgeordnetenwatch.de diktiere Kandidaten den Kommunikationsweg (wie kommen Sie darauf?),"
dies suggeriert Ihr Artikel, auch wenn Sie dies zugegebener Massen nicht wörtlich machen.
"Allerdings sollte er in einer Demokratie zur Kenntnis nehmen, dass immer noch der Souverän, und damit der Bürger, darüber entscheidet, auf welchem Weg er mit seinem (potentiellen) Repräsentanten in Kontakt treten will."
Richtig, aber dies wird durch die CDU gar nicht beschnitten. Nur hat eben auch der Kandidat / Politiker das Recht der Wahl des Mittels, mit dem er mit dem Bürger / Wähler / Interessenten kommuniziert.
In gewisser Weise kann ich sogar verstehen, dass einige Kandidaten zwei Stapel bilden. Denn Ihr Redaktionsteam zeigt eine gewisse Tendenz: kritische Fragen zu Union und FDP werden sofort frei geschalten. Alle Anfragen zu SPD, Grünen und PDS durchlaufen manchmal einen gewissen Filter und es scheint, dass ihr deutlich höhere Anforderungen hinsichtlich beispielsweise Quellen gestellt werden (die manchmal doch nicht nicht virtuell erschlossen sind oder wo sich der Zusammenhang dem interessierten Leser aus der Tagespresse ergibt). Mir ist bewusst, dass Sie dies nicht gerne hören, die Tendenz ist aber spürbar und dies merken auch die Kandidaten und Politiker. Sie stellen sich darauf ein.
Henning Lesch am 01.09.2011 um 15:05 Uhr
Antwort auf von Martin Reyher (abgeordnetenwatch.de)
PermalinkPS: Es fällt im übrigen auf, dass eine führende Politiker (Claudia Roth) generell nicht selbst antwortet und durch ein omniöses und anonymes Team. Wenn man den Anspruch der Kommunikation zwischen Bürger und Politiker ernst nehmen will, dürfen solche anonymen Fernsteuerung gar nicht geschehen.
Martin Reyher (abgeordnetenwatch.de) am 01.09.2011 um 16:27 Uhr
Antwort auf von Martin Reyher (abgeordnetenwatch.de)
PermalinkDieser Eindruck kann allerdings nicht auf Eigenerfahrung beruhen. Von Ihren 17 Fragen wurden insgesamt drei Fragen aufgrund fehlender Quellen von unserem Moderationsteam zunächst zurückgewiesen, wobei zwei der drei Fragen inhaltsgleich waren.
In den beiden inhaltsgleichen Fragen (übrigens an einen SPD- und an einen FDP-Abgeordneten) schreiben Sie der Vorsitzende des Gesamtpersonalrates von München eine Aussage zu, die Sie nicht belegen (etwa durch einen Link). Es geht bei dieser Moderationsentscheidung also nicht um den Punkt "kritische Frage" (was auch kein Kriterium für eine Freischaltung ist), sondern um eine unbelegte Darstellung von vermeintlichen Fakten. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir gerade bei Aussagen von unbeteiligten Dritten darauf achten, dass diese auch genauso getätigt wurden.
Bei der dritten Frage, die von uns zunächst nicht freigeschaltet wurde (an einen FDP-Abgeordneten), verweisen Sie auf die Rechtssprechung des sächsischen OVG, denen die bayerischen Gerichte gefolgt seien, was Sie nicht belegen.
In beiden Fällen hätte ein Link auf die Quelle genügt, und die Fragen wären augenblicklich freigeschaltet worden.
Henning Lesch am 01.09.2011 um 17:51 Uhr
Antwort auf von Martin Reyher (abgeordnetenwatch.de)
PermalinkNun, indirekt bestätigen Sie meine Aussage.
Ich denke, Sie wissen sehr genau, dass Ihre Tätigkeit auch beobachtet wird und dass aus dieser Beobachtung die entsprechenden Schlüsse gezogen werden. Gerade deshalb sollten Sie vielleicht mehr auf die politische Neutralität achten - der hiesige Artikel ist leider genau das Gegenteil.
Übrigens haben Sie hinsichtlich des letzten Punktes Unrecht: ich habe auf die vorher gehende Antwort von Herrn Dr. Fischer geantwortet und dieser hat auf die sächsischen Gerichte verwiesen.
Der Richtigkeit sei übrigens erwähnt, dass Sie es beim zweiten Mal durchaus frei geschalten haben.
Was den ersten Punkt anbelangt: Dies ist genau der Punkt. Nicht alle Punkte sind im Internet verfügbar und damit nach Ihrer Vorstellung belegbar. Die Aussage war jedoch in einer halb-öffentlichen Veranstaltung so gefallen wie sie geschrieben wurde und hierzu gab es sogar eine Mitschrift des DGB München, die verteilt wurde.
Henning Lesch am 01.09.2011 um 17:53 Uhr
PermalinkWas ich jedoch an dieser Stelle gerade wundert ist Ihre bewunderswerte Datenhaltung. Wenn man davon ausgeht, dass Sie in Ihren Email schreiben, dass die Frage neu eingegeben werden muss, suggerieren Sie dadurch, dass Sie diese Daten nicht speichern. Wie sich jetzt herausstellt erfolgt aber genau dies.
Wer Transparenz fordert, muss diese auch selbst sicher stellen.
abgeordnetenwatch.de am 02.09.2011 um 12:35 Uhr
PermalinkDer Hinweis, eine Frage erneut einzugeben, suggeriert nicht die Löschung der alten Frage. Letzteres würde verhindern, dass Politiker Kontakt mit einem Fragesteller aufnehmen, dessen Frage wegen eines Verstoßes gegen den Moderationscodex nicht zugelassenen wurde. Denn es kommt nicht selten vor, dass Abgeordnete auch diese Fragen beantworten wollen. Auf Wunsch schalten wir sie dann entweder frei oder leiten die Antwort direkt an den Bürger weiter. Es ist ja zu begrüßen, dass ein Politiker sagt: Die Mail des Bürgers beinhaltet zwar keine Frage sondern ist nur eine bloße Meinungsäußerung - ich möchte aber trotzdem etwas dazu anmerken.
Eine Frage mit dem Quellenlink erneut einzugeben, ist übrigens die praktikabelste aller Lösungen. Sie als Fragesteller können ihre Frage noch umändern, Links einfügen etc., anstatt dies alles zunächst uns zukommen zu lassen, woraufhin wir dann erst einmal ihre Mail heraussuchen müssen, um die Änderungen vorzunehmen.
skeptiker am 02.09.2011 um 16:05 Uhr
Permalinkeigentlich isses eh egal, ob CDU Kandidaten Fragen beantworten, weil auf die drängendsten Fragen haben die eh keine Antwort. Das iss deren Ministerin Frau von der Lügen vor.
Die etablierten Parteien Sei es Die Linke, CDU, FDP oder SPD oder wer sich sonst noch in den Parlamenten auf Kosten des Volkes durchfrisst, haben schon längst den Boden des Grundgesetzes verlassen, oder wer hat verhindert, das sich das deutsche Volk eine neue Verfassung geben konnte, wie von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes vorgesehen.
Diese Parteien stehen für die Verarmung des Volkes mittels Hartz IV und Niedrigstlöhne in den Sklavenhalterähnlichen Zeitarbeitsfirmen.
Die stehen für die Schikane, die Quälereien, die Gemeinheiten, die Arbeitssuchende in den ARGEn erleiden müssen.
Die stehen für die Diskriminierung älterer Arbeitnehmer bei der Jobvergabe im öffentlichen Dienst.
Die stehen für unüberwindbare Hürden um zu verhindern, das es Menschen schaffen aus dem kriminellen Hartz IV System herauszukommen.
Das Wohl des Volkes haben die eh schon lange nicht mehr im Blick.
Denen geht nichts über die eigenen Besitzstände.
Die haben sich kuschelig eingerichtet in dieser Beamtendiktatur, die wir eintauschen mussten gegen die Diktatur der Arbeiterklasse.
Henning Lesch am 03.09.2011 um 09:46 Uhr
PermalinkEne wirlich differenzierte Auseiandersetzung mit den politischen Problemlagen.
Zur "Diktatur der Arbeiterklasse" ein aar Worte: Wie das Wort Diktatur schon sagt, hat hier nur eine kleine Clique das Sagen zum eigenen Wohl. Die DDR und die Diktatoren in Wandlitz sollten eigenltich für jeden Anschauungsunterricht genug sein, dass dies kein wohlfahrtsförderndes Instrument ist, sondern bedeutet: Abschaffung von Bürger- und Menschenrechte, Wohlstandsrückgang für ALLE und die Bereicherung einer bestimmten kleinen Clique. Diktatur lässt nix neues zu und bedeutet deshalb Stillstand, eher noch Rückschritt.
Und: in einer Diktatur könnten solche obskuren Meinungen nicht geäussert werden, eine Demokratie hält sogar eine PDS mit ihren Jubelgesängen auf die DDR, Fidel Castro und - kommt sicher auch noch - die Geburtstagswünsche für Kim Jong Il aus.