Tunnelbauer Herrenknecht: Jahrelang auf das falsche Pferd gesetzt (Parteispenden-Watch)

Der Fabrikant von Tunnelbohrmaschinen, Martin Herrenknecht, ist der CDU eng verbunden. Sein halbes Leben ist er CDU-Mitglied, 2005 wollte er für die Partei sogar in den Bundestag. Immer wieder hat der Unternehmer die Christdemokraten mit Spenden unterstützt, im Wahljahr 2009 plötzlich auch die Konkurrenz von der SPD. Warum?

von Martin Reyher, 23.06.2011

 

Am Ende geht es immer irgendwie um Stuttgart 21 bei Martin Herrenknecht. Er ist der Gründer des Weltmarktführers bei Tunnelbohrmaschinen, der Herrenknecht AG. Von daher ist es gar nicht mal unwahrscheinlich, dass auch Herrenknecht-Maschinen zum Einsatz kommen, wenn der Stuttgarter Untergrund für das umstrittene Großprojekt durchgepflügt wird. Für den früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger war es sogar 2007 schon ausgemacht, dass später einmal Tunnelbohrmaschinen der Marke Herrenknecht bei Stuttgart 21 graben werden, so jedenfalls äußerte er sich in einer Regierungserklärung (S. 7, pdf). Zu diesem Zeitpunkt allerdings waren die Ausschreibungen für das Milliarden-Projekt noch gar nicht erfolgt. Und auch im Aufsichtsrat der Herrenknecht AG stößt man wieder auf Stuttgart 21: Geleitet wird das Gremium vom bekennenden S21-Befürworter Lothar Späth, einem Vorgänger Oettingers.

Unternehmer Herrenknecht selbst ist der Partei von Späth und Oettinger eng verbunden, nicht nur durch seine langjährige Parteimitgliedschaft, sondern auch finanziell. 1998 taucht sein Name erstmals im Rechenschaftsbericht der Christdemokraten auf, wie abgeordnetenwatch.de jetzt mit dem neuen Parteispenden-Recherche-Tool der TAZ ("Parteispenden-Watch") herausgefunden hat. Zunächst spendet er umgerechnet 12.936 Euro, später sind es 16.366 Euro (2002) und 15.000 Euro (2006). Im Wahljahr 2009 überweist Herrenknecht dann die stolze Summe von 72.000 Euro – unter dem Strich also 116.302 Euro.

Vor einiger Zeit antwortete Martin Herrenknecht auf die Frage, was für ihn eigentlich eine Spende sei: "Eine nützliche Unterstützung für eine vernünftige Sache." Warum das CDU-Mitglied, das 2005 sogar für den Bundestag kandidieren wollte, dann ausgerechnet im Wahljahr 2009 den Konkurrenten von der SPD eine anzeigepflichtige Großspende über 30.000 Euro zukommen ließ, lässt vermuten, dass mit „vernünftiger Sache“ der Bau von Stuttgart 21 gemeint sein könnte. Denn auch die Sozialdemokraten sind glühende Verfechter des unterirdischen Bahnhofs.

Ein Fall von politischer Landschaftspflege? Vor Wahlen, das sagt schon der gesunde Menschenverstand, empfiehlt es sich für den, der ein bestimmtes Anliegen hat, auf möglichst unterschiedliche Pferde zu setzen. So ist man am Ende immer auf der Seite der Sieger. Diese Logik kann auch im Fall von Stuttgart 21 nicht verkehrt sein, wo neben Deutscher Bahn auch der Bund sowie das Land Baden-Württemberg mit von der Partie sind. Vergangenen Oktober schwante dem heutigen baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann jedenfalls, "dass die vielen Tunnelkilometer, die für Stuttgart 21 gebohrt werden sollen, ein Projekt Herrenknecht auf Staatskosten" sein könnte.

Hermann und die Seinen wollen das Gesamtprojekt Stuttgart 21 verhindern. Dass im Ländle einmal die Grünen das Ruder übernehmen, hätten wohl die wenigsten gedacht, wahrscheinlich auch Herrenknecht nicht. In der Vergangenheit hatte er für sie immer nur kleinere Sachspenden übrig, zum Beispiel "Humus und eine Stahlkonstruktion". Damit, immerhin, konnten die Grünen im Örtchen Schwanau, dem Sitz der Herrenknecht AG, zumindest ein Biotop anlegen. Insofern war auch das eine "nützliche Unterstützung für eine vernünftige Sache."

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