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Zuckerbrot und Peitsche? - Unsere Abgeordnetenzeugnisse in der Regionalpresse

Regionalzeitungen in ganz Deutschland haben unsere Zeugnisvergabe aufgegriffen und das Abschneiden der Bundestagsabgeordneten in ihren Verbreitungsgebieten miteinander verglichen. Vor allem Abgeordnete, die keine guten Resultate erzielen konnten, äußern nun in den Medien ihren Unmut.

von Martin Reyher, 27.08.2010

Die Noten zeigen Wirkung. Auch einen Monat nach ihrer Vergabe machen die Schulnoten, in die abgeordnetenwatch.de das Antwortverhalten der Bundestagsabgeordneten umgerechnet hat, weiterhin die Runde. Viele Regionalzeitungen in ganz Deutschland haben das Thema mittlerweile aufgegriffen und das Abschneiden der Abgeordneten im jeweiligen Verbreitungsgebiet miteinander verglichen. So resümierte beispielsweise die Schwäbische Zeitung, deren Verbreitungsgebiet u.a. die Wahlkreise zweier Polit-Promis abdeckt:

Die Volksvertreter gehen sehr unterschiedlich mit den Anfragen um - während Annette Schavan (CDU) fleißig Fragen beantwortet, ignoriert ihr Parteifreund Volker Kauder alle Anfragen. (Schwäbische Zeitung)

Andere Regionalzeitungen bringen ihre Freude über das positive Abschneiden ihrer Volksvertreter zum Ausdruck:

Gute Noten für hiesige Abgeordnete: Die Volksvertreter aus Ostfriesland, die im Bundestag sitzen, beteiligen sich an der Internet-Plattform "Abgeordnetenwatch". Nur eine macht nicht mit - und muss dafür eine wenig zufriedenstellende Wertung in Kauf nehmen. (Ostfriesen-Zeitung)

Direkt nach der Notenvergabe griff die HNA aus Kassel das Thema auf: "Internetplattform bewertet Antwortverhalten von Bundestagsabgeordneten" - die Reaktion derjenigen MdBs, die bei der Bewertung eher schlecht wegkamen, ließ nicht lange auf sich warten:

Zwei der acht nordhessischen Bundestagsabgeordneten, deren Antwortverhalten von der Internetplattform „abgeordnetenwatch.de“ am Wochenbeginn kritisiert worden ist, sind mit der Art des Tests nicht einverstanden. (Hessische/Niedersächsische Allgemeine Zeitung)

 

Natürlich stehen den Zeitungen weitaus mehr Ressourcen für Recherchezwecke zur Verfügung als unserer kleinen Redaktion. Deshalb ist es schön zu sehen, wenn sie diese einsetzen, um bei den Politikern einmal nachzufragen, weshalb sie sich den Fragen auf abgeordnetenwatch.de nicht stellen wollen:

Wer Karl Holmeier oder Peter Aumer über das Portal eine Frage stellt, erhält eine Standardantwort, die dazu auffordert, sich telefonisch oder per Email an sie zu wenden. „Das ist eine kommerzielle Plattform, die Abgeordnete ziemlich dreist dazu drängt, sich zu beteiligen, zum Beispiel durch solche Bewertungen. Wir aber wollen den direkten Kontakt zu den Bürgern“, sagt Karl Holmeier. Kommerziell? „Ein Profil bei abgeordnetenwatch.de zu haben sowie Antworten auf Bürgeranfragen koste den Abgeordneten nichts“, sagt Gregor Hackmack, Gründer der Internetplattform, zu unserer Zeitung. Außerdem werde das Portal von Spenden und einem gemeinnützigen Verein, Parlamentwatch aus Hamburg, getragen. „Dreist“ nennt auch Peter Aumer das Ranking: Einen Vermittler wie abgeordnetenwatch.de brauche er nicht. „Es war eine bewusste Entscheidung, mit den Bürgern in direkten Kontakt zu treten – und jeder, der das getan hat, bekam auch eine Antwort von mir.“ „Ich bin mir keiner Vernachlässigung bewusst“, sagt er, und überlegt trotzdem, ob er nicht ab Herbst mitmacht. (Mittelbayerische Zeitung)

Die Nürnberger Nachrichten haben ebenfalls nachgehakt und die Abgeordnete Marlene Rupprecht nach ihrem Antwortverhalten befragt. Im zuvor erschienen Artikel "Ein „sehr gut“ für fleißige Abgeordnete - Die meisten beantworteten Bürgeranfragen prompt, nur zwei erhielten schlechte Noten" zählte sie zur letztgenannten Gruppe. In ihrer Antwort versucht sie sich zu rechtfertigen:

„Ich bin transparent im Netz, man findet mich“, sagte Rupprecht. „abgewordnetenwatch.de“ übe dagegen durch die Notengebung Macht aus und zwinge die Politiker zur Teilnahme. Auf diesen Seiten werde man aber häufig mit Sammelmails konfrontiert, in denen es um Fragen gehe, die eigentlich die Partei betreffen. Zum Beispiel werde nach ihrer Meinung zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan gefragt, dies könne man aber auch auf den Seiten der SPD erfragen, urteilt Rupprecht. Oft gehe es darum, vorgefertigte Antworten anzukreuzen — ein Unding wie Rupprecht findet.(Nürnberger Nachrichten)

Die Berichterstattung über unsere Zeugnisvergabe in den Medien ist nicht frei von Kritik - vor allem Abgeordnete, die keine guten Resultate erzielen konnten, äußern nun ihren Unmut. In der weiterhin unbeantworteten Frage an Frau Rupprecht geht es übrigens weder um Afghanistan, noch handelt es sich um eine Sammelmail. Sie wird lediglich mit einem ihrer Redebeiträge konfrontiert und um eine politische Einschätzung gebeten. Ein Unding?

 

Folgende Artikel deutscher Regionalzeitungen über die Notenvergabe haben uns bisher erreicht:

 

Baden-Württemberg:

 

Niedersachsen:

 

 

Schleswig-Holstein:

 

Hessen:

 

Bayern:

 

Saarland:

 

Thüringen:

 

Nordrhein-Westfalen:

 

Für weitere aufmerksame Hinweise sind wir natürlich immer dankbar.

 

-------------------------- Unseren gesamten Pressespiegel gibt es hier

 

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