Bundestag beschließt Arbeitsverweigerung

Fast zwei Monate nach der Wahl ist der Bundestag noch immer nicht arbeitsfähig - und das wird auch vorerst so bleiben: Am Montag stimmten CDU/CSU und SPD für eine Fortsetzung des parlamentarischen Stillstands. Die Große Koalition lässt schon jetzt ihre Muskeln spielen.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 20.11.2013

"Ich wünsche Ihnen allen einen ruhigen und gesunden Sommer." Mit warmen Worten verabschiedete Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse die Abgeordneten bei der letzten regulären Parlamentssitzung vor der Wahl in die Ferien. Das war am 28. Juni. Inzwischen neigt sich das Jahr seinem Ende zu, doch im Bundestag geht es noch immer recht gemächlich zu.

Seit fast fünf Monaten ist die Volksvertretung nun schon nicht arbeitsfähig, weil es keine Ausschüsse gibt. Ohne Ausschüsse kein Gesetzgebungsverfahren. Und ohne Gesetzgebungsverfahren keine Gesetze, also: parlamentarischer Stillstand. Nach dem Willen von CDU/CSU und SPD soll sich daran erst einmal nichts ändern. Weil Schwarz und Rot hinter den Kulissen Gemeinsamkeiten für eine Koalition ausloten, soll der Bundestag keine Fakten schaffen können, indem er beispielsweise über einen Gesetzesantrag abstimmt.

Am Montag scheiterte die Linkspartei mit einem Antrag auf Einsetzung von neun Bundestagsausschüssen. Dagegen stimmten: CDU, CSU und SPD. So kommt es, dass beispielsweise ein Grünen-Antrag über die Aufnahme von Edward Snowden in Deutschland derzeit ebenso feststeckt wie ein Entwurf der Linkspartei, der die Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung stabilisieren soll. Ganz nebenbei warten rund 7.500 Petitionen, also Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern, auf Bearbeitung - es gibt keinen Petitionsausschuss, der sich darum kümmern könnte.

Dabei ist es nicht so, dass im Bundestag derzeit keine Entscheidungen getroffen würden. Als es darum ging, sich je einen zweiten Vizepräsidentenposten zu genehmigen, führten Union und SPD in Windeseile eine Abstimmung herbei.

Doch was den parlamentarischen Alltag angeht, ist das schwarz-rote Gebaren bisweilen äußerst merkwürdig. Zwei Anträge zum NSA-Abhörskandal, die die Linkspartei und die Grünen zur Abstimmung vorgelegt hatten, schob die Große Koalition (PDF S.66) in spe am Montag in einen ominösen, derzeit noch gar nicht exisitierenden "Hauptausschuss" ab. Einen solchen Hauptausschuss kennt weder das Grundgesetz noch die Geschäftsordnung des Bundestags. Aber Union und SPD bietet er die Gelegenheit, dort alles Unbequeme parken zu können, bis in ferner Zukunft einmal die regulären Ausschüsse eingesetzt werden.

Unklar ist derzeit, wann ein solcher Hauptausschuss gebildet werden würde oder wer diesem angehört. Auf einer Sitzung der Parlamentarischen Geschäftsführer an diesem Mittwoch soll der weitere Fahrplan festgelegt werden. Politiker von Union und SPD hatten zwar in den vergangenen Wochen mehrfach betont, wegen ihrer erdrückenden 80 Prozent-Mehrheit die Opposition mit zusätzlichen Minderheitenrechten ausstatten zu wollen. Doch im Zusammenhang mit dem Hauptausschuss, der von Linken strikt abgelehnt und von den Grünen kritisch gesehen wird, kann davon keine Rede sein.

Das Beispiel zeigt, wie Union und SPD ihre Macht ausnutzen – sogar zur Selbstblockade des Parlaments. Wenn dies die ersten Anzeichen sind, könnte der parlamentarische Alltag in den nächsten vier Jahren zur Farce verkommen.

Roman Ebener, Martin Reyher

Update 21.11.2013:

Der von Union und SPD verlangte "Hauptausschuss" soll bei einer Bundestagssitzung in der kommenden Woche eingesetzt werden, wie Parlamentspräsident Norbert Lammert gestern nach einem Treffen mit den Parlamentarischen Geschäftsführern mitteilte. Bis zur Einsetzung der regulären Bundestagsausschüsse (voraussichtlich im Januar 2014) soll der Super-Ausschuss Gesetzentwürfe und Anträge beraten sowie die aufgelaufenen Petitionen bearbeiten. Kritik kam von der Linkspartei. Eine fachliche Behandlung von Gesetzentwürfen und Initiativen in der ganzen Breite, wie sie das Grundgesetz als Regelfall vorsähe, sei in einem solchem Ausschuss nicht möglich.

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Kommentare

In eigener Sache: Warum Abgeordnetenwatch die Kommentar-Funktion abgeschaltet hat

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Dass eine große Koalition einem Einparteienstaat gleich kommt und die Demokratie damit abgeschafft ist, dürfte langsam dem Letzten dämmern!

Antwort auf von Regina Kaeber-Rinke

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Ist doch klar. Plenarbeschluss Bundesverfassungsgericht 1 PBvU 1/54 besagt ganz deutlich, daß Deutschland ein Parteienstaat ist. Somit sind alle Organe weisungsgebunden, auch Rechtsanwälte. So weit mit der Unabhängigkeit der Rechtspflege. Die Norme der/nach UNO-Resolution verlangen Anderes.

Antwort auf von Ulrike Maria Kuklinski

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Wie lautet das Lieblingswort von Frau Merkel?
ALTERNATIVLOS!
Demnach gibt es zu den Parteien der Regierungskoalition im künftigen Bundestag KEINE Alternative ...
Man sieht es ja, die künftige Opposition ist zum Minimum geschrumpft, sie kann machen, was sie will, im Grunde wird sie wohl kaum etwas erreichen.
Ich finde, die Demokratie ist im jetzigen Stadium in akuter Gefahr!
Frau Merkel hat fast erreicht, was sie wollte: KEINE Alternative, und hat dabei ihren "Ziehvater",
den Altbundeskanzler Kohl, noch übertrumpft?!
Er musste sich noch mit einer funktionierenden Opposition herumplagen, -
und Frau Merkel ...?

Antwort auf von Zeitlos

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[Kommentar gelöscht wg. rassistischer und beleidigender Inhalte - d. Red.]

Antwort auf von Adept

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Blödsinn wird auch durch Wiederholung nicht weniger Blödsinn.

Antwort auf von Adept

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@Adept: Die Leute, die wirklich Schuld sind an den Dingen, die in Deutschland/Europa/der Welt falsch laufen, reiben sich die Hände über solche Kommentare und sind froh, dass sie aus der Schusslinie sind.

Antwort auf von Zeitlos

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Wir fragten bei unseren Infoständen als Merkel das erste mal als Bundeskanzler kandidierte satirisch: "Kann die dat" bezogen auf Kandidat. Die Zeit und ihr bisheriges Rumgewurstel haben gezeigt, sie kann es nicht

Antwort auf von Regina Kaeber-Rinke

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Machen sie sich keine Sorgen,wie wir Frau Merkel kennen ist das von ihnen beschriebene Szenario längst auf dem Weg.

Antwort auf von Regina Kaeber-Rinke

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...Das ist die Strafe dafür, dass die Masse der Bevölkerung (über 70%) überhaupt wählen ging. Es zeichnete sich seit Jahren ab, dass es mit der "Demokratie" vorbei ist.
2005 sagte "Sie" : "Es wird noch heulen und Zähneklappern geben" , und wurde trotzdem gewählt !
Das begreife wer will.

Antwort auf von grillbert

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Nein. Es ist die Bestrafung derer, die wählen gehen, durch jene Deppen, die das nicht tun.

Antwort auf von Joerg Tauss

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...Von der Dummheit der Wähler lebt die politische Landschaft und fühlt sich legitimiert. Das Ergebnis der letzten Wahlen ist klar und deutlich zu erkennen und Sie haben es dennoch nicht begriffen.
Wir haben im politischen System die Sättigung der Entropie erreicht. Daher bewegt sich nichts mehr.
Besser verständlich könnte das Erreichen der Idealzustände des "parkinsonschen Gesetzes" sein.
Aber auch dabei ist eine gewisse Denkfähigkeit erforderlich.

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Skandal! Diese Demokratiekiller gehören in den Knast! NICHT in den Bundestag!

Antwort auf von Peter Messer

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Hallo??? Alles noch klar im Kopf?? Das sind alles Bundestagsabgeordnete, die wir gewählt haben! Und die Mehrheit der Deutschen wollte nun mal eine große Koalition. Logischerweise führt eine große Koalition zu einer kleinen Opposition. Also man muss schon wissen, was man will. Und wenn nach Mehrheit des Volkes Wille die SPD mit der CDU koalieren soll, dann schlag doch mal schnell vor, was im Koalitionsvertrag mit der CDU stehen soll und rate mal, wie begeistert die alles unterschreiben werden! Hast Du anderes erwartet??

Antwort auf von Cornelia Parisius

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... und hast Du zufällig erwartet, dass die Ausschüsse schon alle tagen werden, bevor die Regierung feststeht? Na denn viel Spaß beim Aufwachen!

Antwort auf von Cornelia Parisius

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Ich kann da nur sagen: die Zahlung der Diäten sofort einstellen! Wie hieß es doch früher so schön "Wer nicht arbeitet, darf auch nicht essen"!
Wer sagt denn, dass die große Koalition gewünscht wurde? Das sind alles nur Spekulationen! Es wären auch noch andere Möglichkeiten da, aber die wollte man nicht!

Also auf zur Wahlurne und nochmal wählen! Aber diesmal mit Verstand und guten Informationen über die tatsächlichen Pläne dieser Parteien! Auch auf EU-Ebene muss man sich genau informieren! Ich kann die Seite der Deutschen-Wirtschafts-Nachrichten.de nur dringend empfehlen! Mir sträuben sich jetzt noch die Haare ob der Nachrichten, die ich dort allein in Bezug auf die EU gefunden habe. Alles mit Unterstützung der jetzigen Möchtegern-Koalitionäre!

Antwort auf von Ingrid Wilczek

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Diäten einstellen? Sehr gut, nur wie wollen wir das machen?
Steuern werden ratz fatz vom Lohn abgezogen. Wer für den Staat nicht zahlt und sei es noch so eine kleine Summe, der wird härter bestraft als die Mafia und Hells Angels.
Wen Sie einen guten Tip haben, dann bin ich dabei.
glauben sie bitte nicht das Sie/Wir einfach so neu wählen dürfen, das ist zu naiv.
Wir dürfen nur wählen wenn die es wollen, das ist die einzigste Demokratie die wir Leben dürfen.
Alles andere ist n.m.p.Verst. Diktatur.
Es ist zu spät, wir haben zu lange NUR gejammert, ohne Wirkung wie wir wissen. Das Spinnennetz ist gesponnen, die fette Witwe sitz da drin und wir kleben an ihrem Netz.
frende kann man wie Politiker wählen, Freundschaft kann man kündigen, Politiker schützen sich mit der Staatsmacht. Auauauau Europa.

Antwort auf von Ingrid Wilczek

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Hallo Ihr Wähler, seid ihr nun wach geworden, oder schlaft ihr noch immer verträumt in Merkels Armen, oder bei der SPD, den Rentenbetrügern die mit Alg II als Sozialbetrüger des ehemaligen Schröder und Hartz 4 consortium, sich nun zusammen tut um den Rest von unserem sauer lebenslang erarbeiteten Wohlstand zu ergattern, diese habt ihr bis heute gewähren lassen.
Seit meinem Lebensbeginn vor 72 Jahren eirrinnere ich mich, dass CDU und SPD, sich alle 4 Jahre die Hand geben, von einer kleinen wenigen Jahre dauernden Ausnahme.
Rente mit 67, die nicht einmal zum Leben reicht, und wenn, dann kurz vor dem Abkratzen, so daß mehr in der Staatskasse bleibt.
Arbeitslöhne sollten zu einem Leben für eine Familie und die Teilnahme am Öffentlichen leben reichen, sagt das Grundgesetz, das aber die Regierungen mit Füßen treten.
Soziale Hilfe, ja, aber nur, wenn man alles andere weggenommen hat. So das Sozialgesetz.
Alle dürfen Abhöhren, nur wir Bürger erfahren nichts, wenn wir das Internet, Assange und Snoden nicht hätten, die man gerne als Verbrecher abstempelt, weil sie das Verbrechen der Regierungen aufdecken und verbreiten.
Auch sie will man aushorchen, aber keinerlei Sicherheiten für Ihr Leben gewähren.
Abzocker Im Internet und Telefonterror werden von unseren Regierungen erlaubt, weil es zu teuer ist diese Verbrecher zu jagen.
Die Bundetagswahl sollte erneuert werden, um klare Positionen der Regierung zu finden und um jedwede Mauschelei zu Unterbinden wie sie zur Zeit im Gange ist.
Die von der SPD betrogenen Rentner von 2005, die auf das Gestz der 58 er Regelung vertraut hatten, sollten Ihre gestohlene prozentuale Rentenabschläge zurück erhalten, die sie in über 42 Arbeitsjahren erworben hatten.
Steinmeier und Steinbrück als Rest der Truppe kennen Ihre damalige Arbeit mt Peter Hartz der als Rechtswissenschaftlicher Fachmann das Sozialgesetz ändern konnte, was einem normalen Betrüger mit gesundem Menschenverstand nie eingefallen wäre.
Dann könnte man auf eine Demokratische Regierung hoffen.

Mit einem Gruß von, Armin Normalverbraucher

Antwort auf von Armin Normalverbraucher

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Diesem Kommentar ist nichts mehr hinzu zu fügen. Er trifft den Kern der Situation. Danke.

Antwort auf von Armin Normalverbraucher

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Diesem Kommentar ist nichts mehr hinzu zu fügen. Er trifft den Kern der Situation. Danke.

Antwort auf von Armin Normalverbraucher

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Warum gibt es am Wahltag -in dem Rechtsstaat- dem wiedervereinten Deutschland-
sooooo wenig , Armin Normalverbraucher????
Mit 77 Lebensjahren - davon 47 Dienstjahre- wird mir (und noch 20 000 ehemaligen Reichsbahnern)
eine AVDR - Leistung , nicht gewährt.
Nach 4 Jahren jeweils eine neue Regierung, eine andere Rechtsauffassung, egal ob gr. Koali oder
SPD und Union an der Macht dazu die Gewerkschaften ob GdED/TRANSNET/EVG >>>> alle mit dem
Ziel die " Biologische Lösung" übrigens wir waren mal 40 000 a n s p r u c h s b e r e c h t i g t e
Reichsbahner !!! Dazu kommen noch 6 Jahre prozentuale Rentenabschläge.
So etwas fällt noch nicht einmal einem normalen Betüger ein !!
SO habe ich mir die Demokatie
in einem wiedervereinten Deutschland nicht vorgestellt

Antwort auf von Ingrid Wilczek

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"Ich kann da nur sagen: die Zahlung der Diäten sofort einstellen!"
Deutsche werden im Prinzip durch die Abgeordneten vertreten wobei manche Ausland Deutsche gar keine Stimme abgeben dürfen (Sie führen, in der Regel, kein Steuer nacht Deutschland ab). Was ist mit nicht Deutsche die Steuertechnisch Inländer sind und sich nicht äussern dürfen ?

Antwort auf von Ingrid Wilczek

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Also, die meisten hoffen auf eine Neuwahl: Für ferne Länder plädiert unsere Regierung auf Demokratie und vergisst sie im eigenen Land Weiterkämpfen-Gerechtigkeit muss siegen

Antwort auf von Cornelia Parisius

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Hallo Frau Parisius,
wer sagt denn, dass die Wählerinnen und Wähler eine große Koalition wollte? Die Medien und die Politiker! Niemand sonst! Rechnen Sie mal nach, ob da nicht noch andere Möglichkeiten da wären!

Antwort auf von Cornelia Parisius

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Hallo Frau Parisius. Schauen Sie sich das Wahlergebnis doch bitte mal genau an. Doe "Mehrheit" hat Hellschwarz (= ehemals Rot), Grün, Rot gewählt. Und wie die (traditionelle) Veräterpartei "S"PD noch vor den Wahlen getönt hat, dürfte es - ohne Verrat am Wähler - keine gK geben.
Beim letzten Teil des Posts gehen wir d'accord.

Antwort auf von Cornelia Parisius

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"die Mehrheit der Deutschen wollte nun mal eine große Koalition"

wer sagt das? Die Umfrageinstitute?, könnte es sein, daß diese Meinungsmacher lügen?
Die Wählermehrheit liegt jedenfalls bei rot-rosa-grün...