Lobbyismus auf Parteitagen: Das sind die Sponsor*innen der Parteien

Jedes Jahr fließen Hunderttausende Euro von Lobby-Organisationen an Parteien – unter anderem über das Sponsoring. Dabei zahlen Unternehmen und Verbänden für ihre Präsenz auf Parteitagen, ohne dass dies öffentlich gemacht werden muss. Doch wer sind die Sponsor*innen? Während SPD und Grüne daraus kein Geheimnis machen, haben CDU, CSU und FDP die Namen auf Anfrage nicht genannt. abgeordnetenwatch.de hat die Aussteller*innen dennoch ausfindig gemacht – und veröffentlicht eine Übersicht von mehr als 100 Partei-Sponsor*innen. 

von Sabrina Winter, 22.07.2019
Sponsoren von Parteitagen (Symbolbild)

Auf dem FDP-Parteitag im April 2019 kommt kein*e Besucher*in an Audi oder VW vorbei. Die Automobil-Konzerne haben einen guten Platz: Audi direkt am Eingang des Konferenzzentrums „Station Berlin“, VW direkt vor dem Plenum. Parteitagsdelegierte müssen zwangsläufig an den Ständen mit den glänzend lackierten Autos und den Lobbyist*innen vorbei. 

 

Stand der Deutschen Automatenwirtschaft (AWI) auf dem FDP-Parteitag

 

Stand der Deutschen Automatenwirtschaft (AWI) auf dem FDP-Parteitag

Auch sonst geht es zu wie auf einer Messe: Überall Stände, Infomaterial, Kulis und Bonbons, große Unternehmenslogos und Werbetafeln. Wichtig ist es, präsent zu sein. Die Deutsche Automatenwirtschaft (AWI) lockt Parteitagsbesucher*innen mit einem Kicker und Süßigkeiten. Andere verteilen Eis und Schokolade. An vielen Ständen stehen ein*e Standbetreuer*in und ein*e Unternehmensvertreter*in. Manchmal auch ein*e Lobbyist*in. Für Unternehmen und Verbände bieten sich auf dem Parteitag gute Möglichkeiten. Der Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) erklärt: „Wir nutzen seit vielen Jahren die Gelegenheit, bei Parteitagen verschiedener Parteien als Aussteller jeweils mit demselben Informationsstand aufzutreten.“ Der Verband ist regelmäßig bei den Parteitagen von FDP, CDU und Grünen.

Bei der FDP waren im April dieses Jahres fast 50 Lobbyakteur*innen, bei den letzten ordentlichen Parteitagen von CDU und SPD waren es ähnlich viele, bei Grünen etwas weniger. AfD und Linke vermieten laut eigenen Angaben keine Parteitagsstände gegen Geld.

Doch wer sind die Unternehmen und Verbände, die für ihre Präsenz zum Teil fünfstellige Summen an Parteien zahlen? SPD und Grüne veröffentlichen ihre „Unterstützer*innen“ im Internet und nennen auch Preise, die Austeller*innen zahlen. Anders CDU, CSU und FDP. abgeordnetenwatch.de hat sie um die Namen ihrer Sponsoren gebeten – und ist dabei auf wenig Auskunftsbereitschaft gestoßen. Die CDU hat trotz mehrerer Nachfragen nicht geantwortet, die CSU verwies lediglich auf ihre Rechenschaftsberichte. Dort sind zwar die Sponsoringeinnahmen in einem Sammelposten zu finden, Angaben zu konkreten Geldgebern fehlen jedoch. Doch aus Fotos auf Websites, Instagram, Twitter und Facebook lässt sich rekonstruieren, welche Sponsoren auf den letzten Parteitagen von CDU und CSU vertreten waren. Auch die FDP wollte keine Namen nennen. „Auf dem Parteitag stehen große Logotafeln mit den Namen aller Aussteller. Entsprechende Verzeichnisse finden sich auch in den Gäste- und Delegiertenmappen,“ erklärte ein Sprecher auf Nachfrage. Weil abgeordnetenwatch.de auf dem FDP-Parteitag war, liegt uns eine solche Gästemappe vor. 

In der folgenden Tabelle haben wir die Sponsor*innen der Parteien aus den Jahren 2018 und 2019 zusammengefasst. Sie ist alphabetisch geordnet, durchsuchbar und kann z.B. nach Veranstaltung oder Partei sortiert werden. In der Übersicht tauchen auch gemeinnützige Organisationen auf, die einen Stand kostenlos oder zu vergünstigten Konditionen erhalten. Da Parteien wie die CDU oder CSU keine Angaben zu ihren Sponsor*innen machen, ist die Tabelle möglicherweise nicht vollständig.

 

Weit über 100 Unternehmen und Verbände zahlten demnach dafür, um auf Parteiveranstaltungen vertreten zu sein. Auch die Bundestreffen der Jugendorganisationen Jusos und Junge Union wurden in die Tabelle aufgenommen. Für Lobbyakteur*innen sind diese Treffen eine gute Möglichkeit, die Entscheider*innen von morgen zu erreichen.

Am Beispiel der SPD zeigt sich, dass Parteien nicht nur durch Parteitage, sondern auch durch andere Veranstaltungen hohe Summen einnehmen. So zahlte die Deutsche Bank vergangenes Jahr 15.000 Euro für die Veranstaltung "Führungsakademie der sozialen Demokratie". 

Auf fast jedem Parteitag anwesend

Auffällig ist: Einige Aussteller*innen sind auf fast jedem Parteitag vertreten, zum Beispiel:

  • Deutsche Post DHL Group

  • Deutsche Telekom
  • GdW – Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen
  • Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft

Um mit Politiker*innen auf Parteitagen ins Gespräch zu kommen, bezahlen Sponsor*innen viel Geld: pro Quadratmeter zwischen 135 und 350 Euro netto. Zum Vergleich: Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt kostet der teuerste Stand 320 Euro pro m2 – Zuschläge eingerechnet. Der Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) ordnet die Preise so ein: „Die Parteien erhalten von uns die marktübliche Miete der Ausstellungsfläche. Aus Sicht eines politischen Interessenverbands entsprechen Auftritte als Aussteller bei Bundesparteitagen z.B. dem Auftritt eines Verlages bei der Frankfurter Buchmesse.“  Die Informationsstände organisiere der PKV unabhängig von seiner Haltung zu den politischen Beschlüssen der jeweiligen Parteien.

 

In vielen Fällen kann die Öffentlichkeit nicht nachvollziehen, wie viel Geld über die Standmieten von Lobbyakteur*innen an Parteien fließt. Denn für das Parteisponsoring gibt es keine gesetzlichen Transparenzpflichten. Aufgrund der fehlenden Gesetze müssen die Parteien ihre Sponsoring-Einnahmen nicht veröffentlichen. Anders ist es bei Parteispenden: Dort müssen Beträge über 50.000 Euro sofort veröffentlicht werden, Spenden von über 10.000 Euro jährlich pro Partei und pro Spender sind in den Rechenschaftsberichten der Parteien aufzuführen. „Top-Sponsor*innen“ bei Grünen und SPD sind Google, devk, Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, Deutsche Bank AG, Deutsche Post DHL Group – mit Summen, die jeweils zwischen 10.000 und 20.000 Euro liegen und die nur deswegen öffentlich werden, weil beide Parteien sie öffentlich machen.

 

In seltenen Fällen gibt es Pakete zu erwerben, wie mehrere Lobbyakteure bestätigten. Neben der Anmietung eines Parteitagsstandes kaufen sie eine Anzeige im Partei-Magazin und bekommen so einen Rabatt.

Für die Parteien kann sich die Vermietung von Ständen lohnen. Beim 70. Parteitag der FDP im April 2019 erzielte die parteieigene Agentur Pro Logo GmbH mit der Vermarktung einen Netto-Gesamterlös von 282.280 Euro. Davon wurden nach Abzug der Kosten 90.000 Euro unmittelbar der FDP überlassen, wie ein Parteisprecher mitteilte. Das Sponsoring trägt also zur Finanzierung der Parteien bei – und sollte deshalb transparent gemacht werden.

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