Vom Versuch, meinen Oberbürgermeister für abgeordnetenwatch.de zu begeistern

Er sei ein altmodischer Typ, der mit den Menschen am liebsten persönlich rede, sagt Celles Oberbürgermeister von sich selbst. Die 21jährige Lucie Rudolph hat ihn beim Wort genommen: Bei einem Gespräch im Bürgermeisterbüro wollte sie Dirk-Ulrich Mende von abgeordnetenwatch.de für Celle begeistern. Das war gar nicht so einfach...

von Martin Reyher, 29.06.2012

Von Lucie Rudolph Nach einem Vortrag über abgeordnetenwatch.de an der Volkshochschule in Celle waren sich eigentlich alle Zuhörerinnen und Zuhörer einig: Dieses Projekt wäre auch für Celle ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz! Ein kleiner Förderkreis war schnell gefunden, und bald wurden die dringendsten Fragen diskutiert: Wer macht Werbung, wie machen wir Werbung, wie kommen wir an Spenden und wer wäre potenzieller Spender? Wäre es nicht toll, die Stadt Celle würde sich selbst für dieses Projekt interessieren, es unterstützen, es möglicherweise finanzieren und sich damit selbst für Bürgernähe und Transparenz in der Kommunalpolitik einsetzen? Immerhin wurde Celle der Titel "erste Bürgerkommune Deutschlands" verliehen! Und das bedeutet:
Die Bürgerkommune ist eine Kommune, in der sich die Bürgerinnen und Bürger am Gemeinwesen engagiert beteiligen. Dazu gehört aber auch, dass die Kommune umgekehrt Bürgerbeteiligung und Bürgerorientierung ernst nimmt und zu ihren wichtigsten Handlungsfeldern zählt.

So entstand die Idee, zu Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende zu gehen.

Ich war dort. Da ich Herrn Mende als einen sehr freundlichen Menschen kennen gelernt hatte, bin ich locker in das Gespräch gegangen. Er und vor allem seine Sekretärin hatten sich schon gut über das Thema informiert, aber anscheinend etwas falsch verstanden. Ich konnte kaum mit meinem Anliegen starten, da begann der Oberbürgermeister damit, mir zu erklären, warum er nicht auf Seiten wie Facebook sei. Er sagte, es wäre ihm zu viel abends noch alle Nachrichten zu beantworten, mit denen man zugespamt würde. Er sei eher der altmodische Typ, der mit den Menschen persönlich rede. abgeordnetenwatch.de ist aber eben nicht Facebook. Und funktioniert auch ganz anders! Denn hier werden Fragen vor der Veröffentlichung von einem Moderationsteam gegen gelesen, so dass zum Beispiel keine Beleidigungen oder Fragen zum Privatleben erscheinen - es gibt dafür einen klaren Kodex. So kommen wirklich nur Fragen an, die die Bürgerinnen und Bürger bewegen. Eine Verspamung des Postfaches brauchen die Politiker deswegen nicht zu befürchten. Nachdem ich einige weitere Missverständnisse über dieses Projekt und dessen Aufbau aus der Welt geräumt hatte, bekam ich den Eindruck, dass Herr Mende das Projekt letztendlich doch inhaltlich befürwortet, aber eine öffentliche Finanzierung oder ähnliche Unterstützung von Seiten der Stadt aus seiner Sicht zu weitführe. Nicht mal eine Verlinkung von der Internetseite der Stadt Celle auf abgeordnetenwatch.de sei machbar. Immerhin hat der Oberbrügermeister das Thema im Verwaltungsausschuss eingebracht. Doch leider ist kein Entschluss gefasst worden, dieser Anregung von Seiten der Verwaltung weiter nachzugehen. Schade. Also keine Unterstützung durch die Stadt. Aber abgeordnetenwatch.de ist auch so jetzt in Celle angekommen - hoffentlich folgen zahlreiche weitere Kommunen. Denn zum Glück brauchen wir die Zustimmung der Stadt nicht!

 

Update:

Inzwischen hat Celles Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende erste praktische Erfahrungen mit abgeordnetenwatch.de gemacht. Auf die Frage eines Bürgers, wie er die Möglichkeit zum öffentlichen Austausch über das Portal finde, antwortete er:
Ich habe seit meinem Amtsantritt vor dreieinhalb Jahren mich um die Einbeziehung und den engen Austausch mit allen Bürgerinnen und Bürgern intensiv gekümmert. BürgerInnensprechstunde, Jugendsprechstunde, Chatangebote, Hausbesuche, Stadtteilbesuche und Einwohnerversammlungen sind von mir initiiert und durchgeführt worden. Diesen direkten Kontakt mit den Menschen in der Stadt halte ich für ganz wichtig. Abgeordnetenwatch bietet nun eine weitere zeitgemässe Möglichkeit für den fruchtbaren Gedankenaustausch. Das kann ich nur begrüßen. Angesichts der dargestellten von mir genutzten und initiierten vielfältigen direkten Begegnungsräume sehe ich zur Zeit nicht die Notwendigkeit von meiner Seite aus einen weiteren Begegnungsraum als Bürgertreffen zu organisieren. Die von mir genutzten und angebotenen Möglichkeiten sorgen zuverlässig dafür, die vielfältigen Erfahrungen, Meinungen und Kenntnisse der Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu erfahren. Mit freundlichen Grüßen von unterwegs Dirk-Ulrich Mende

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