Zwischen 10 Minuten und 1.428 Tagen: So lange benötigen Abgeordnete für ihre Antworten

Manchmal kommt eine Antwort postwendend, aber es können auch schon mal ein paar Jahre ins Land ziehen. Wie lange brauchen Politiker eigentlich, um eine Bürgerfrage zu beantworten? Wir haben hierzu unsere Datenbank befragt - die Antwort überrascht.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 18.08.2011

Kürzlich fragte eine Gemeinderätin aus Villingen-Schwenningen besorgt bei uns nach, ob wir Fragen an Kommunalpolitiker nicht erst mit einiger Verspätung veröffentlichen könnten, so bliebe ihr mehr Zeit für das Beantworten. Denn die Leserinnen und Leser ihres Profils könnten ansonsten annehmen, dass sie sich nicht zeitnah um die Fragen kümmere.

Diese Sorge ist unbegründet. Politiker können auf abgeordnetenwatch.de jederzeit eine kurze Mitteilung schreiben, dass sie zur Beantwortung einer Frage noch etwas Zeit benötigen - ein Fragesteller wird dies sicher verstehen. Im Fall der Stadträtin war das aber gar nicht nötig: Innerhalb von drei Tagen bekamen alle Bürger eine Antwort.

Natürlich ist der Inhalt einer Antwort um einiges wichtiger als Schnelligkeit. Aber wir fragten uns trotzdem: Wie lange brauchen Abgeordnete eigentlich, um Fragen zu beantworten? Hierzu haben wir einmal unsere Datenbank befragt:

Die Hälfte aller Antworten trifft innerhalb der ersten 8,5 Tage nach Veröffentlichung einer Frage durch unser Moderationsteam ein. 6% der Antworten kommen sogar schon innerhalb der ersten 24 Stunden nach Freischaltung. Manchmal geht es auch ganz schnell, z.B. am 12. August 2011. Um 15:30 Uhr schalten wir eine Frage an den hessischen Landtagsabgeordneten Thomas Spies frei, genau zehn Minuten später ist die Antwort da, vier Minuten danach wird sie auf abgeordnetenwatch.de veröffentlicht und der Fragesteller per Mail benachrichtigt. Innerhalb einer Viertelstunde Frage – Antwort: Hochgeschwindigkeit. Wenn der Fragesteller sie dann auch noch als inhaltlich kompetent und zufriedenstellend empfindet - perfekt.

Natürlich kommt es immer darauf an: Manchmal ist gerade viel los im Büro eines Abgeordneten oder es ist Sommerpause, alles gute Gründe, warum es mitunter mal etwas länger dauern kann. Besonders erfreulich ist es, wenn ein Abgeordneter für eine inhaltlich fundierte Antwort erst noch recherchiert. Das kann manchmal allerdings einige Zeit dauern, zum Beispiel bei Thomas Bareiß, MdB aus Baden-Württemberg. Für die Beantwortung einer Frage zu den Kosten der Führerscheinverlängerung für LKW-Fahrer schickte er eine Anfrage an das zuständige Verkehrsministerium und befragte einen befreundeten Spediteur. Die Antwort kam nach einem Jahr und 84 Tagen.

Anruf beim Fragesteller, wie findet er die Verzögerung? "Die Frage war mir wichtig und ich habe sie ganz bewusst öffentlich gestellt, denn die Antwort interessiert auch meine Kollegen. Ich hatte den Eindruck, meine Frage war ihm lästig und die Sorgen der Bürger interessieren ihn nicht." Sechs bis acht Wochen Wartezeit fände er in Ordnung. Wenn es noch länger dauert, sollte der Abgeordnete doch kurz eine Nachricht schreiben, dass die Beantwortung sich etwas verzögere, damit man wenigstens wisse, dass die Frage angekommen sei: "Ich erwarte eine zeitnahe Antwort, sonst macht es doch keinen Sinn." Nach acht Monaten habe er noch einmal nachgefragt, wo denn die Antwort bleibe, doch es kam keine Reaktion. Der Fragesteller erzählt die Geschichte hinter der Frage: "Ich wollte eine Antwort noch vor den Landtagswahlen haben. Am Wahlkampfstand habe ich deswegen gefragt, ob ich überhaupt noch mit einer Antwort rechnen könne. Mir wurde empfohlen, die Frage direkt per Email an den Abgeordneten zu schicken. Aber das habe ich extra nicht gemacht, denn ich habe ja bewusst den öffentlichen Frageweg gewählt." Nach einer erneuten Nachfrage auf abgeordnetenwatch.de kam dann Anfang Juli endlich die Antwort – die den Fragesteller jedoch nicht zufrieden stellte: "Nichtssagend". Er will sich trotzdem nicht entmutigen lassen und am Thema dran bleiben.

Rekordhalter ist übrigens Niels Korte, der 1.428 Tage oder drei Jahre und 332 Tage brauchte, um eine Frage zum Thema Volksentscheide zu beantworten. Hoffentlich war Kortes Antwort für den Fragesteller nicht wahlentscheidend. Denn die Frage stammte aus dem Bundestagswahlkampf 2005.

In der aktuellen Legislaturperiode fällt die zweifelhafte Ehre der spätesten Antwort Jan van Aken aus Hamburg zu: Er beantwortete eine Frage zum Afghanistaneinsatz nach 569 Tagen oder einem Jahr und 204 Tagen. Dabei war er im Februar 2010 selbst in Afghanistan gewesen und hätte direkt von seinen Erlebnissen berichten können.

Bei der letzten Abgeordnetenhauswahl in Berlin vor fünf Jahren blieb eine Frage zum Schulsystem an Manfred Kirsch unbeantwortet. Knapp vier Jahre später muss es ihm aufgefallen sein, dann schickte er seine Antwort. Die rot-rote Regierung hatte da schon fast eine gesamte Legislaturperiode Regierungszeit hinter sich.

Doch was ist eine angemessene Zeit für eine Antwort? Wann erwarten Sie spätestens eine Reaktion von einem Politiker? Auf abgeordnetenwatch.de gilt die Regelung, dass Fragesteller mindestens zwei Wochen warten müssen, bis sie eine Nachfrage stellen können, warum ihre Frage noch nicht beantwortet wurde.

Wie wichtig ist für Sie eine zeitnahe Antwort? Welche Antwortzeit ist noch akzeptabel, welche nicht? Kommentieren Sie.

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