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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Herbert W. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Herbert W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

sehr g. H. ströbele!
die parteien dehnen ihre macht immer weiter aus, so daß die balance zwischen parteienmacht u. bürgermacht zu verrutschen droht. in deutschland erleben wir eine machtversessenheit der parteien. diese wahrnehmungen äußerten persönlichkeiten von hoher reputation, nämlich werner herzog und r. v. weizäcker, und millionen bürger stimmen ihnen zu. im konvent f. deutschland" erarbeiten neben w. herzog und klaus v. donanyi demokratiebewußte bürger mit ausgeprägtem fachwissen vorschläge zur zukunftsfähigkeit unseres landes. im parlament wirken sicherlich abgeordnete, die bereit sind, dem bürger durch einführung plebiszitärer elemente eine lebhaftere beteiligung an der politik zu ermöglichen.
werner herzog, der präsident d. BVG war, weist auf wahlrechtsdefizite hin, wie das auswahlverfahren der kandidaten auf wahllisten. der wähler hat keinen bezug zu "seinem " abgeordneten, er segnet den parteisoldaten ab. so entstehen berufspolitiker, die in manchen debatten, die der bürger im fernsehen verfolgen kann, keinen vom stuhl zu reißen vermögen.
bedenklich sind auch 3 -er koalitionen, wo der wähler den überblick zu verlieren droht, denn im bundesrat können vernünftige gesetze durch stimmenthaltungen blockiert werden.
deshalb fordern manche kluge politiker , wie w. schäuble, daß stimmenthaltungen künftig nicht mehr zählen sollen. es genügt nicht mehr, wenn man dem unmündigen bürger ab und zu jovial auf die schulter klopft.
wir sehen erfreulicherweise, daß intellektuelle die sorgen vieler bürger teilen, und deswegen, s.geehrter h. ströbele frage ich sie: was wollen sie im hinblick auf die genannten fakten tun, um die demokratische situation zu verbessern?

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Wilhelm.

Sie haben recht. Es ist vieles faul im Staate Deutschland. Und jetzt wählen wir im September auch noch nach einem in Teilen verfassungswidrigen Wahlgesetz.
Schon vor einem Jahr, gleich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts habe ich die Änderung des Wahlgesetzes verlangt. Die Grünen haben einen Gesetzentwurf erarbeitet und im Bundestag eingebracht. Die Fraktionen der großen Koalition haben das Gesetz abgelehnt, viele der Abgeordneten gegen besseres Wissen.
Wir würden auch gern auf Bundesebene die Möglichkeit schaffen, den Bürgerinnen und Bürgern mehr Einfluß auf die Auswahl der Kandidaten auf den Wahllisten der Parteien zu geben, wie sie in einzelnen Bundesländern längst Praxis sind. Die Vorschläge liegen längst auf dem Tisch.
Wir kämpfen seit Jahren für die Einführung von Volksentscheiden auch auf Bundesebene. Das Grundgesetz sieht neben Wahlen Abstimmungen zur Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk ausdrücklich vor. Der Union scheint aber Volkeswille unheimlich, unkalkulierbar und suspekt. Jedenfalls scheitert die Einführung von mehr direkter Demokratie immer wieder an ihrem NEIN.
Da ist es nicht verwunderlich, wenn das, was derzeit so aus der Gesetzgebungsmaschinerie rauskommt, für große Teile der Bevölkerung nicht mehr nachvollziehbar ist und immer mehr politikmüde werden.

Ich bemühe mich um den Kontakt mit der Bevölkerung nicht nur im Wahlkampf, vor allem auch in meinem Wahlkreis in Berlin. Deshalb gehe ich zu Kundgebungen und Demonstrationen. Deshalb rede ich mit vielen Leuten auf der Straße und deshalb beantworte ich die vielen täglichen Zuschriften nach Möglichkeit selber. Die in abgeordnetenwatch zugänglichen Antworten sind nur ein kleiner Ausschnitt davon.

Vielleicht bringen die neuen Kommunikationstechniken neue Chancen für die wirksame Einbeziehung und Beteiligung der Bevölkerung an der demokratischen Willensbildung in unserem Staate.
Wir sollten daran arbeiten.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele