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Wiard Siebels
SPD
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Frage von Annika H. •

Frage an Wiard Siebels von Annika H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Siebels,

was halten Sie von der Forderung, dass die Jugendstrafe verschärft werden soll und ausländische kirminelle Jugendliche ausgewiesen werden sollen ?Und wie stehen Sie zu Erziehungscamps?

Mit freundlichen Grüßen

Annika Hohagen

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Antwort von
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Die Forderungen nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts sind nicht mehr als ein zum Scheitern verurteilter Versuch, von den Wulffschen Versäumnissen im Lande Niedersachsen abzulenken. Die Realität nach fünf Jahren Wulff in Niedersachsen sieht so aus:
- Der Niedersächsische Richterbund rügt eine Vernachlässigung der Justiz und fordert 300 zusätzliche Richterstellen. Die SPD-Landtagsfraktion hatte deshalb bei der Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 2008 immerhin 145 zusätzliche Stellen beantragt, davon 110 in der Strafgerichtsbarkeit. CDU und FDP haben diesen Antrag abgelehnt.
- Die Polizei klagt über eine unzureichende Sachmittelausstattung und über eine zunehmende Belastung des Vollzugspersonals mit Verwaltungstätigkeiten. Die SPD-Landtagsfraktion hatte deshalb im Rahmen der Haushaltsberatungen ein 5-Millionen-Euro-Sofortprogramm für eine bessere Ausstattung und Ausrüstung der Niedersächsischen Polizei vorgeschlagen. CDU und FDP haben diesen Antrag im Dezember 2007 abgelehnt.
- Die aktuellen Fälle zeigen, dass es einer besonderen Vernetzung zwischen Polizei und Sozialarbeit bedarf. Es waren CDU und FDP, die das sehr erfolgreich arbeitende Pilotprojekt Polizei-Sozialarbeit (PPS) nicht etwa bedarfsgerecht ausgeweitet, sondern ersatzlos gestrichen haben.

Da Heranwachsende bereits heute zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt werden können, zielt die Forderung nach einer Strafrechtsverschärfung darauf, 14- bis 17jährige mit einer Höchststrafe von fünfzehn statt bislang zehn Jahren belegen zu können. Auch diese Forderung ist verfehlt: Alle in der Vergangenheit erfolgten Strafverschärfungen (so etwa die 1998 erfolgte Anhebung der Mindeststrafe für die gefährliche Körperverletzung) hat nicht zu einem Rückgang dieser Straftaten geführt. Es gilt allgemein: Arrest, Zuchtmittel und Jugendstrafen können heute schon von den Gerichten ausgesprochen werden. Insbesondere Intensivtäter können in so genannte Erziehungscamps eingewiesen werden. Wir befürworten Ansätze, die rechtstaatlich und menschenrechtlich einwandfrei sind und den Jugendlichen klare Regeln setzen.
Übrigens: Für jene jugendlichen Täter, die auch nach Verbüßung ihrer Jugendstrafe eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen, hat die von der SPD gestellte Bundesjustizministerin ein Gesetz vorgelegt, dass auch für jugendliche Straftäter die Anordnung der Sicherungsverwahrung über ihre Strafe hinaus anordnen kann!
Auch aus meiner Erfahrung aus dem Studium weiß ich: Entscheidend für die Abschreckung von Straftätern ist nicht allein das Strafmaß, sondern vor allem das sog. Mißerfolgsrisiko, d.h. das Risiko erwischt und verurteilt zu werden. Kaum ein Straftäter überlegt sich ja vor der Tat "dafür gibt es nur ein Jahr" und entschließt sich dann zur Straftat. Er überlegt aber sehr wohl, ob er erwischt werden könnte. Dieses Risiko des Straftäters hängt dann aber davon ab, welche Präsenz beispielsweise die Polizei hat, wie gut Nachbarn und andere Bürger aufpassen usw. Für die Präsenz der Polizei und die schnelle Verurteilung durch die Justiz ist aber das Land zuständig - hier regiert seit fünf Jahren die CDU mit der FDP.

Es liegt also nahe, dass Herr Wulff von diesen von ihm zu verantwortenden Versäumnissen mit einem populistischen Ruf nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts ablenken will.

Mit freundlichen Grüßen

Wiard Siebels

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