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Margrit Wetzel
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Frage von Detlef B. •

Frage an Margrit Wetzel von Detlef B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Dr. Wetzel,
weshalb lassen Sie als Sozialdemokratin ein unsoziales Gesetz wie das Alterseinkünftegesetz 2005 zu?
Bitte erklären Sie mir, wie sich ein Mensch mit einem Handicap, sich privat versichern soll, wenn die Versicherungen das Risiko ablehnen.
Können Sie mir bitte erklären, wie eine Familie sich die zusätzlichen Beiträge für ihr "3-Schichten-Modell" leisten kann? Und wie wie stehen sie in diesem Zusammenhang zu Peer Steibrücks Äußerung: Soziale Gerechtigkeit muss künftig heißen, eine Politik für jene zu machen,....die Leistung für sich und unsere Gesellschaft erbringen. Um die -nur um sie- muss sich Politik kümmern." (Die Zeit 13.11.2003)

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Herr Behring,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.
Sie bewerten die Rentenpolitik als unsozial. Mit der persönlichen Umsetzung bzw. Anwendung des so genannten „Drei-Säulen-Modells“ sehen Sie Familien überfordert und Menschen mit Behinderung ausgegrenzt, da Versicherungsträger ein gegebenes Handicap als nicht versicherbares Risiko ablehnen könnten.
Es ist nicht zu leugnen, dass die Reformschritte, die wir in den letzten Jahren eingeleitet haben und die wir auch noch weiterhin zu beschreiten haben werden, eine große Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern nicht unberührt lassen und den einen oder anderen privaten Haushaltsposten stärker beanspruchen (durch die Steuerreform und die Erhöhung des Kindergeldes wird dies gerade für kleine und mittlere Einkommensbezieher in den allermeisten Fällen jedoch mehr als kompensiert).
Wir alle wissen allerdings, dass ein „weiter wie bisher“ in unserem Sozialsystem über kurz oder lang zu einem Kollaps des gesamten Systems führen würde. Die Umgestaltung war zum Zwecke der Zukunftsfähigkeit unverzichtbar.
Bevor wir mit dem Rentennachhaltigkeitsgesetz eine Regulierung der Rentenerhöhung in Abhängigkeit zur Anzahl der Beitragszahler und somit zur Einnahmeseite der Rentenversicherungsträger eingeführt haben, hatten wir bereits die so genannte „Riester-Rente“ als staatliche Förderung einer privaten Altersvorsorge etabliert. In der Form der Alterssicherung hat sich der Gesetzgeber bewusst nicht festgelegt, um Jeder und Jedem die Möglichkeit einer für sich optimalen Gestaltung zu geben. Wenn Sie, wie Sie andeuten, durch ein Handicap – eine bestimmte Form und einen bestimmten Grad der Behinderung - für Lebensversicherer oder private Rentenversicherer zu einer Risikogruppe gezählt werden, denen ein Versicherungsschutz nur unter erschwerten Bedingungen angeboten wird, kommt für Sie vielleicht eher eine Altersvorsorge in Form von Investmentfonds in Betracht. Ich empfehle Ihnen, sich von Fachleuten in mehreren Richtungen beraten zu lassen.

Dass in Haushalten, in denen Kinder zu versorgen sind, in der Regel finanziell weniger Spielräume vorhanden sind und neue Haushaltsposten, wie etwa der Beitrag zu einer zusätzlichen privaten Versicherung, schwieriger einzurichten sind als in Haushalten ohne Kinder, ist uns Sozialdemokraten durchaus bewusst, weshalb wir seit unserer Regierungsübernahme im Jahr 1998 die finanziellen Leistungen für Familien gegenüber den Ausgaben der Vorgängerregierung um rund die Hälfte auf ca. 60 Milliarden Euro angehoben haben. Mit der Einführung des Elterngeldes als ein für ein Jahr gezahlter Einkommensausgleich wollen wir die finanziellen Einbußen, die mit der Entscheidung für Elternschaft verbunden sind, weiter abbauen.

Um kurz auf Ihr Zitat Peer Steinbrücks einzugehen:
Wie so oft, gibt das Zitat, aus seinem Zusammenhang gerissen, nur verzerrt wieder, was der Autor mit seinem Artikel zum Ausdruck bringen wollte. Ausführlich beschreibt er darin nämlich die Verantwortung des Staates für die Schaffung gleicher Lebenschancen. Nur der Erwartung, der Staat müsse – unabhängig von der persönlichen Anstrengungsbereitschaft der Einzelnen - gleiche Ergebnisse gewährleisten, erteilt er mit dem Hinweis auf das Leistungsprinzip eine Absage. Wenn Sie die Programme der zwei größten Parteien auf den Anspruch der Schaffung gleicher Lebenschancen hin vergleichen, werden Sie feststellen, dass die Sozialdemokraten hier verlässlichere Angebote machen als ihre große Konkurrenz:
Geschlechtergleichberechtigung drückt sich eher darin aus, welche Bedingungen wir für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie schaffen und welchen Frauenanteil wir in den eigenen Reihen verwirklichen als darin, ob eine einzelne Frau an der Spitze steht. Bildung beginnt im Krabbelalter: Ein breites Angebot an qualifizierter Betreuung für Kleinkinder trägt dazu bei, die Abhängigkeit der Aufstiegschancen von der sozialen Herkunft zu durchbrechen. Der Zugang zum Studium darf nicht durch Abschaffung des BAFöGs oder durch Studiengebühren erschwert werden. Die Beiträge zu den solidarisch getragenen Sozialversicherungssystemen müssen von den Beitragszahlern weiterhin entsprechend ihrer jeweiligen finanziellen Leistungsfähigkeit und nicht nach Einheitstarif getragen werden - um nur einige Beispiele zu nennen…..

Mit freundlichem Gruß
Dr. Margrit Wetzel MdB