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Johann-Henrich Krummacher
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Frage von Florian G. •

Frage an Johann-Henrich Krummacher von Florian G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Krummacher,

Immer wieder betonen die Mitglieder Ihrer Partei -in nahezu identischen Formulierungen - wie wichtig Online Durchsuchungen seien, jedoch scheinen die Befürworter nicht einmal zu wissen, wie dies von statten gehen soll.

Die IT-Kompetenz der OD-Befürworter erscheint mir erschreckend gering. (Ich kann Ihnen versichern, dass ich als Informatik-Student durchaus weiß, wovon ich schreibe)

Vor allem stellt sich mir immer wieder die Frage: "Wie soll der sog. "Bundestrojaner" überhaupt auf die PCs der zu Überwachenden übertragen werden?"
Die Aussage aus dem BMI, dass hierfür gefälschte E-Mails diverser Behörden genutzt werden sollen hat mich sehr zum Lachen gebracht.
Kein halbwegs intelligenter Mensch würde einfach so Anhänge öffnen, die er nicht angefordert hat. Meinen Sie nicht auch?

Planen Sie, Internet-Zugangsprovider dazu zu verpflichten, Datenströme (Beispielsweise bei größeren Downloads) zu manipulieren?
Dies ist zwar möglich, würde einem versierten Nutzer jedoch auffallen, besonders wenn Downloads digital signiert sind.

Oder sollen Ermittler heimlich in Wohnungen eindringen dürfen und Festplatteninhalte kopieren -um die Überwachungssoftware später anpassen zu können -und dann einige Tage wieder in die Wohnung eindringen und die Software installieren?

Was soll geschehen, wenn das Betriebssystem gar nicht auf einer Festplatte installiert ist, sondern eine LiveCD/DVD (zum Beispiel Knoppix) genutzt wird und diese in einem Safe verwart oder immer von dem Terroristen mitgeführt wird?

Planen Sie auch, Erkenntnisse aus Online Durchsuchungen an nicht-Staatliche Organisationen (GVU, GEZ) weiterzugeben?

Über eine Antwort, in der Sie auch auf diese Fragen eingehen -ich weiß wie wichtig Ihnen und Ihrer Partei Online-Durchsuchungen sind- würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Grannemann,

um ein weit verbreitetes Missverständnis auszuräumen: Online-Durchsuchungen sind bereits in der letzten Legislaturperiode für notwendig erachtet vom damaligen Innenministers Otto Schily initiiert worden -- allerdings ohne verfassungsrechtlich tragfähige Grundlage. Hinzu kommt, dass nach der Föderalismusreform I (Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern) das Bundeskriminalamt mit der gesamtstaatlichen Gefahrenabwehr betraut wurde.

Beides macht es notwendig, das Aufgabenprofil und die damit einhergehenden Handlungsmöglichkeiten rechtlich zu kodifizieren -- wie dies im Übrigen bei allen Behörden und staatlichen Maßnahmen der Fall ist. Dabei gilt: Je stärker ein Eingriff, desto weniger reicht eine Gerenalermächtigung bzw. desto detaillierter müssen die Grenzen des staatlichen Handelns abgesteckt sein. Das gilt z.B. für Wohnungsdurchsuchungen, aber eben auch für das Internet, die PC-Festplatte oder sonstige Datenspeicher. Auch dies ist Teil der Privatsphäre -- aber deswegen kein rechtsfreier Raum.

In der Sache selbst kann ich Ihnen bestätigen, dass nach Angaben der Sicherheitsbehörden eine Online-Durchsuchung unter anderem auf die Arten durchgeführt werden können, die Sie in ihrer Frage ansprechen (Mails, präparieren der Wohnung/des PCs). Dabei steht es natürlich jedem frei, bezüglich der Erfolgsaussichten dieser Methoden persönliche Wahrscheinlichkeitsrechnungen vorzunehmen. Wirklich abschließend jedoch können diese Einschätzung nur die jeweiligen Ermittlungsbehörden vornehmen, und zwar für jeden Einzelfall. Sie müssen vor Ort und angepasst auf die jeweilige Situation die geeigneten Mittel und Wege finden. Dass dabei der rechtsstaatliche Rahmen eingehalten werden muss, ist klar -- aber dazu muss er eben auch gesetzt werden.

Im Übrigen ist nicht geplant, den Rechtsrahmen dahingehend auszudehnen, dass Provider zu "Manipulationen verpflichtet" werden. Hier reicht die gegenwärtige Rechtslage meines Erachtens aus (die Grenzen zur Beihilfe bzw. Behinderung der Ermittlungsarbeit sind juristisch hinreichend geklärt). Keinesfalls ist vorgesehen, die gewonnenen Daten anders zu verwenden als zur Aufklärung oder Vereitelung schwerer Straftaten, vor deren Hintergrund die Daten auch ermittelt wurden.

Nochmals: "Online-Durchsuchungen" kommen nur in konkreten Situationen bei hinreichenden Verdachtsmomenten in Betracht und unterliegen selbstverständlich der richterlichen Kontrolle. Das Gerede von "Schleppnetz-Taktik", Willkür, oder "Überwachungsstaat" ist schlichtweg falsch. Auch gehen Hinweise, wie ermittlungsdienstliche Maßnahmen eventuell unterlaufen werden können, am eigentlichen Problem vorbei. Schließlich lässt niemand seine Wohnungstüre nur deswegen offen stehen, weil Einbrecher in der Regel einen Dietrich haben oder sich mit Gewalt zutritt verschaffen können. Natürlich sind Online-Durchsuchungen kein Allheilmittel. Deshalb aber darauf zu verzichten wäre ebenso falsch wie fahrlässig.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Jo Krummacher