Carl Wechselberg
DIE LINKE
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Frage von Frank-Uwe A. •

Frage an Carl Wechselberg von Frank-Uwe A. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Wechselberg,

ich beobachte als Außenstehender und Genossenschaftsanhänger seit langem die Vorgänge um die Wohnungsgenossenschaften "Horizont", "Eigentum 2000" und "Nordlicht", die in Marzahn Verwalter vieler Wohnungen sind. Ich habe mir ein wenig Sachkenntnis um die Insolvenz einer der Genossenschaften erworben.

Können Sie noch etwas Licht ins Dunkel um die Ursachen der Insolvenz bringen? Wie bewerten Sie die aggressive Plakatierung der CDU in Marzahn, dass "PDS und SPD die Liquidierung der WG ´Eigentum 2000´ betreiben"?

Mit freundlichen Grüßen
Frank-Uwe Albrecht

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Albrecht,

vielen Dank für Ihre Frage zur Genossenschaft Eigentum 2000. Sie sprechen eine komplizierte und traurige Geschichte an, in der die Berliner Politik keine sehr rühmliche Rolle spielt. Ich finde allerdings, dass sich Politiker und Parteien die Fähigkeit zur Selbstkritik erhalten müssen – und bei der Eigentum 2000 gibt es gerade für diejenigen, die Genossenschaften fördern wollen, wie auch ich, eine Menge aus gemachten Fehlern zu lernen.

Bereits die Gründung der drei Genossenschaften im Jahr 2000 muss man als sehr problematisch ansehen. Hierbei ging es gar nicht um die Genossenschaftsidee und es gab auch gar keine engagierten Genossenschaftler, sondern es ging eigentlich vielmehr um die Rettung der bankrotten Wohnungsbaugesellschaft Marzahn. Zu diesem Zweck wurden unter Federführung des Stadtentwicklungssenators Strieder und seiner Verwaltung die von Ihnen genannten Genossenschaften quasi „von oben“ gegründet, um rasch und teuer Bestände der WBG Marzahn an die Genossenschaften verkaufen zu können. Damit wurden in gewisser Weise alle Probleme der WBG Marzahn in die “Genossenschaften“ und damit auch auf die Schultern der späteren, sicher nichtsahnenden Genossenschaftler verlagert. Kein sehr rücksichtsvolles, wenn auch aus der Not geborenes Vorgehen der Berliner Landespolitik. Zu diesem schlechten Start kam noch eine sehr schwache Geschäftsführung mit zahlreichen Fehlentscheidungen in den dann folgenden Jahren hinzu und schließlich mündete diese bittere Geschichte in der Zahlungsunfähigkeit der Eigentum 2000 im Dezember 2004. Für das Berliner Abgeordnetenhaus gab es zu diesem Zeitpunkt eigentlich gar nicht mehr viel zu retten. Das Parlament hätte mehr als zehn Millionen Euro in die Genossenschaft nachschießen müssen – ohne Gewissheit, dass dies dann auch ausreichend sei. Dazu war keine Fraktion im Abgeordnetenhaus bereit. Auch nicht die CDU. So etwas kann auch kein Abgeordneter ernstlich verantworten. Vor diesem Hintergrund sind die CDU-Plakate wieder mal etwas unbedarfte Stimmungsmache gegen die Wahrheit – aber das kennen wir ja allmählich...

Wie geht es nun weiter? Da die Genossenschaft aus eigener Kraft nicht zu retten ist und niemand verantworten kann, in der entsprechenden Größenordnung öffentliche Gelder hinein zu geben (siehe auch Tempodrom), steht die Genossenschaft vor der Veräußerung ihres Vermögens. Das ist bitter und ärgerlich – aber ohne tatsächliche bzw. tragfähige Alternative. Die Verhandlungen des Insolvenzverwalters zum Verkauf der Bestände mit einem deutschen Wohnungsunternehmen scheinen sehr gut zu verlaufen und enden mutmaßlich mit einem so guten Ergebnis, dass der Schaden für das Land Berlin sehr gering ausfallen wird. Selbstverständlich behalten die Mietverträge ihre Gültigkeit und auch die Mitarbeiter (mit Ausnahme der Geschäftsführung) können sicher auf eine Weiterbeschäftigung hoffen, denn sie kennen ja das Unternehmen am Besten.
Es bleibt noch eine Verantwortung: Damals hat die SPD/Grüne-Übergangsregierung die „Kopf-Genossenschaften“ vorgeschlagen und auch die PDS hat dem seinerzeit zugestimmt – wenn auch nicht in voller Kenntnis aller später erkennbaren Fakten. Das war eine politische Fehlentscheidung und diese gilt es kritisch zu bewerten – auch im Wahlkampf. Es geht deshalb allerdings auch darum, dass aufgrund dieser politischen Verantwortung des Landes Berlin die Genossenschaftler nicht allein gelassen werden und ihre von der Insolvenz betroffenen Einlagen vollständig erstattet bekommen. So entsteht ihnen zumindest kein finanzieller Schaden. Linke.PDS, SPD und Bündnis90/Grüne haben sich darauf bereits gemeinsam verständigt und uns gelingt in diesem Sinne hoffentlich, aus einer schlechten Lage für alle Beteiligten noch das Beste zu machen. Damit können wir auch verhindern, dass der Genossenschaftsgedanke durch vermeidbare Fehler ernstlich Schaden nimmt. Das hoffe ich zumindest.

mit freundlichen Grüssen,

Carl Wechselberg