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Frage von Bernd A. •

Frage an Werner Hoyer von Bernd A. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Dr. Hoyer,
mit Bedauern habe ich in der heutigen Ausgabe der Tageszeitung "Die Welt" lesen müssen, dass Sie einer Berufung von Frau Steinbach in den Stiftungsrat des "Zentrums gegen Vertreibungen" eher distanziert gegenüber stehen.

Diese Haltung erschließt sich mir nicht. Das Zentrum soll nach meinem Kenntnisstand doch einen eher europäisch angelegten Ansatz verfolgen, den auch Frau Steinbach vertritt. M. E. sollte sich die Bundesregierung nicht von außen reinreden lassen, wen sie in den Rat beruft, sondern vielmehr souverän und selbstvewusst handeln.

Es würde mich freuen, etwas über den fachlich-politischen Hintergrund Ihrer Äußerungen zu erfahren.

Beste Grüße
Bernd Anders

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Anders,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Mail zum Thema "Stiftungsrat des Zentrums gegen Vertreibung". Bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen erst jetzt darauf antworte. Ich dachte, ich hätte dies bereits getan. Hierfür bitte um Ihr Verständnis.

Die Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen, die Gestaltung eines vertrauensvollen Verhältnisses unserer beiden Länder im zusammenwachsenden Europa, ist Kernstück liberaler Außenpolitik. Dies in die Wirklichkeit umzusetzen, ist offenbar auch drei Generationen nach dem Zweiten Weltkrieg außerordentlich schwierig. Die Wunden sitzen tief, die Narben werden noch immer wieder aufgerissen.

Dazu gehört die Haltung vieler Politiker und Meinungsmacher in Polen gegenüber dem Bund der Vertriebenen und seiner Präsidentin Erika Steinbach. Deshalb beteiligen wir Liberale uns auch nicht an der Dämonisierung von Frau Steinbach in polnischen Medien und in der polnischen Politik, da dies der großen Leistung der Deutschen Vertriebenenverbände, die schon in den fünfziger Jahren die Hand zur Versöhnung ausgestreckt haben, nicht gerecht wird.

Andererseits polarisiert Frau Kollegin Steinbach dadurch, dass sie seinerzeit ausdrücklich die von der Regierung um Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher ausgesprochene und vom Bundestag mit großer Mehrheit getragene Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als endgültige deutsche Staatsgrenze abgelehnt hat. Aus polnischer Sicht ist dies verständlicherweise eine erhebliche Belastung.

Frau Steinbach hat ihren eigenen Erläuterungen zufolge selber einen Verzicht auf eine persönliche Mitgliedschaft im Stiftungsrat angeboten. Ich finde dies eine beachtliche souveräne Geste, die leider vom Vorstand des BdV zunächst nicht aufgegriffen worden ist. Ich bedaure dies sehr, weil ich auf der anderen Seite sehe, dass nach der Abwahl von Ministerpräsident Kaczynski und seiner Regierung die neue Mehrheit in Polen unter Führung von Ministerpräsident Tusk mit großen Anstrengungen und unter Inkaufnahme erheblicher politischer Risiken den Weg zu einer Verbesserung der polnisch-deutschen Beziehungen freigemacht hat. Man sollte dieser mutigen polnischen Regierung das Leben nicht unnötig schwer machen. Das ist der Grund, warum ich mir gewünscht hätte, der von Frau Steinbach selbst gewiesene Weg wäre von deutscher Seite gegangen worden. Vielleicht hätte dies ein aktiveres Mitwirken der Bundeskanzlerin erfordert. Jedenfalls hat das "Aussitzen" dieser Frage der Sache und unseren deutschen Interessen sicherlich nicht genutzt. Das außenpolitische Management dieser hochsensiblen Frage ist nach meiner Auffassung unprofessionell und leichtfertig gewesen.

Ich hoffe, Ihnen meine Auffassung zu der von Ihnen aufgeworfenen Frage deutlich gemacht zu haben, und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Werner Hoyer