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Stephan Mayer
CSU
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Frage von Uwe B. •

Frage an Stephan Mayer von Uwe B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Mayer,

es ist zunächst höchst auffällig, dass Sie entgegen Ihren jovialen, medialen Feuerwerken, die Sie sonst fast gewohnheitsgemäß in Anwesenheit der Presse abbrennen sich hier überraschend schweigsam geben.
Es wäre, gemessen an Ihrer sonstigen Medienpräsenz durchaus als standesgemäß zu betrachten, wenn Sie sich zu den hier aufgeworfenen Sachthemen auch in derselben bürgernahen Art und Weise positionieren würden.

Nun aber zu meiner eigentlichen Frage: Wie stehen Sie denn zum Thema Freihandelsabkommen? (CETA, TTIP, JEFTA, etc.)
Sie haben Ihrem Wähleruaftrag und Ihrem Eid auf die Verfassung gemäß sicher die Verträge als kompetenter Rechtsanwalt persönlich gelesen, um sich ein umfassendes Bild machen zu können, welches wiederum als eine Grundvoraussetzung zur Teilnahme an Abstimmungen zu gelten hat.
Ich habe diesen Vertrag namens CETA ebenfalls gelesen und bin einigermaßen entsetzt darüber, was Lobby, Politik und Wirtschaft gemeinschaftlich mit alle unseren Errungenschaften aus Umweltschutz, Arbeitsrecht, Bürgerrechten und den bei uns recht hohen Standards in Qualität und Beschaffenheit von Produkten vor haben.
Ich wüsste gerne von Fachmann zu Fachmann, wie Sie vor diesem Hintergrund Ihr bisheriges Abstimmungsverhalten rechtfertigen. Und ich würde gerne wissen, wie Ihre persönliche Haltung oder Position dazu ist.
Mit freundlichen Grüßen
U. B.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Blatz,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 05.09.2017, die mich über die Internetplattform abgeordnetenwatch.de erreicht hat.

Sehr gerne nehme ich zu den Themen Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) und Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) Stellung und versuche, auf die von Ihnen aufgeworfenen Fragen zu antworten.

Erlauben Sie mir bitte zunächst einige grundsätzliche Ausführungen zur Bedeutung des Freihandels. Die Europäische Union (EU) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) profitieren in hohem Maße von international frei handelbaren Gütern und Dienstleistungen sowie von grenzüberschreitenden Investitionen. Die EU ist der weltweit größte Exporteur und Importeur von Waren und Dienstleistungen, sowie einer der wichtigsten Investoren und Empfänger von Investitionen. Ihr Handelsvolumen mit dem Nicht-EU-Ausland hat sich allein zwischen 1999 und 2010 verdoppelt. Der Anteil der EU am weltweiten Exportgeschäft für Waren beträgt 15 Prozent (zum Vergleich: China 12 Prozent, USA, 11 Prozent) und für Dienstleistungen 25 Prozent (USA 19 Prozent, China 6 Prozent, Japan und Indien jeweils 4 Prozent). Der Wert der Ausfuhren an Waren und Dienstleistungen der 28 EU-Mitgliedstaaten betrug im Jahr 2012 rund 4,5 Billionen Euro. Die Direktinvestitionstatbestände der EU im Ausland betrugen im Jahr 2012 rund 5 Billionen Euro. Deutschland als größte Volkswirtschaft in der EU und drittgrößter Exporteur weltweit profitiert von dieser Entwicklung in besonderem Maße. Der Anteil der Exporte am deutschen Bruttoinlandsprodukt - der sogenannten „Exportquote“ - liegt bei rund 40 Prozent. Die deutschen Ausfuhren an Waren und Dienstleistungen betrugen rund 1,333 Billionen Euro im Jahr 2014. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll, dass der freie weltweite Handel mit Waren und Dienstleistungen für Europa nicht nur wünschenswert ist. Er ist vielmehr Grundvoraussetzung für unsere wirtschaftliche Prosperität und damit für den Erhalt von Lebensqualität, hohen sozialen Standards und kultureller Vielfalt in der EU.

Der internationale Handel und grenzüberschreitende Investitionen unterliegen umfassenden multilateralen und bilateralen Handels- und Investitionsschutzregeln, die im Laufe der Jahre und Jahrzehnte ständig weiter entwickelt wurden und werden. CETA dient der Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und Kanada. Hierzu wird insbesondere der Marktzugang für Waren, landwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen verbessert. Kanada ist mit 9,9 Milliarden Euro Ausfuhrvolumen und 4,0 Milliarden Euro Einfuhrvolumen (Zahlen 2015) ein wichtiger Handelspartner Deutschlands, und liegt beispielsweise im Rang noch vor Mexiko und Thailand. Der Bestand deutscher Direktinvestitionen in Kanada betrug 2013 8,4 Milliarden Euro; der Bestand kanadischer Investitionen in Deutschland belief sich auf 1 Milliarden Euro. CETA bringt, wie alle Freihandelsabkommen der Vergangenheit, wichtige Vorteile für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft und ist damit ein Garant für die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Durch CETA sinkt der Zoll für alle Industriegüter praktisch auf Null. Zentral ist auch die Marktöffnung bei Dienstleistungen und im öffentlichen Auftragswesen, insbesondere weil damit in Kanada künftig auch die Provinzen und Kommunen (wo der größte Teil der Aufträge vergeben wird) ihre Beschaffungsmärkte für deutsche Anbieter öffnen müssen. Der deutsche Beschaffungsmarkt war für Anbieter aus dem Ausland bereits seit langem offen. Dies gilt mit CETA nun auch für deutsche Unternehmen in Kanada. CETA schafft also faire Wettbewerbsbedingungen für deutsche Unternehmen, von denen insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen profitieren werden. Außerdem enthält CETA Regelungen, um mehr Mobilität mit Blick auf Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen zu gewährleisten, sowie zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen. Eine Absenkung von Schutzstandards durch CETA, z.B. in den Bereichen des Verbraucher-, Arbeitnehmer- und Umweltschutzes wird nicht erfolgen. Das verhindern unter anderem Schutzvorschriften für die öffentliche Daseinsvorsorge, audiovisuelle Dienstleistungen, Verbraucher- und Umweltschutz sowie sogenannte Arbeitsmarktklauseln, die gewährleisten, dass es hier nicht zu Standardabsenkungen kommt.

Das TTIP-Abkommen der EU mit den USA ist immer noch in laufender Verhandlung. Eine Entscheidung darüber, welche Rechtsnatur ein Abkommen besitzt, kann erst getroffen werden, wenn es ausverhandelt ist. Selbst wenn TTIP nur Bereiche in ausschließlicher EU-Zuständigkeit betreffen würde, wäre in jedem Fall die Zustimmung des direkt gewählten Europäischen Parlaments erforderlich. Zusätzlich könnte der Deutsche Bundestag über eine Stellungnahme Einfluss auf die Haltung der Bundesregierung im Rat der EU nehmen. Es ist damit zu rechen, dass auch TTIP letztendlich von den nationalen Parlamenten – wie dem Deutschen Bundestag – ratifiziert werden muss.

Ich hoffe, sehr geehrter Herr Blatz, Sie mit meinen Ausführungen hinreichend informiert zu haben und stehe Ihnen natürlich auch jederzeit gerne für Rückfragen zur Verfügung.

In diesem Sinne verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Ihr

Stephan Mayer

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