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Patricia Lips
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Frage von Philipp K. •

Frage an Patricia Lips von Philipp K. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Lips,

Jürgen Rüttgers hat sich dieser Tage mit einem Vorschlag zur Erhöhung der gesetzlichen Rente ins Gerede gebracht. Bezug nehmend darauf meldet AP (abgedruckt unter anderem auf der Titelseite der Offenbach Post vom 23.04.2008), das "Problem" Altersarmut existiere derzeit in Deutschland nicht. Viel eher müsse man von einer Kinderarmut reden, da mehr als zehn mal so viele Kinder von Armut betroffen seien als Rentner.

Mich würde Ihre persönliche Meinung interessieren. Ist es ihrer Meinung nach verantwortbar mit Rentenerhöhungen, deren Kosten auf nachfolgende Generationen verschoben werden, auf Wählerstimmenfang bei den Senioren zu gehen , wenn absehbar ist, dass die Generation der heute 20-jährigen (und jüngeren) einst mickrige gesetzliche Renten bekommen werden, die bis dahin mit der immensen finanziellen Belastung, parallel privat Vorsogen zu müssen, einhergehen?

Ich höre in der ganzen Diskussion um die Rente immer wieder - besonders von den Rentnerverbänden - das Totschlagargument der sozialen Gerechtigkeit. Ich frage Sie, was ist sozial gerecht dabei, wenn die heute Jungen zwei Systeme finanzieren müssen (gesetzlich und privat), von denen eines voraussichtlich fast nichts abwirft und schon heute mit zweistelligen Milliardenbeträgen an Steuergeldern "am Leben" erhalten werden muss?

Wieso wird von Seiten per Politik an einem System festgehalten, das in seiner derzeitigen Durchführung nicht Lebensfähig ist, anstatt endlich mal ein System zu entwerfen, dass alle einbezieht und Langzeitstabil ist?

Dass die politisch Linken mit solchen Phantastereien um sich werfen, bin ich gewohnt. Dass aber nichtmal die Union eine Alternative zum Umverteilungswahnsinn anbietet, sondern im Gegenteil fleißigst mitmischt, finde ich enttäuschend.
Vom Umgang der Unionspolitiker, allen voran Herr Schäuble, mit unseren Grundrechten, beginne ich besser erst garnicht. Dazu würden mir auch die Zeichen fehlen.

Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,
Philipp Kießler

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Sehr geehrter Herr Kießler,

auf Ihre Anfrage antworte ich Ihnen wie folgt:

Ich persönlich halte die Vorschläge von Jürgen Rüttgers für nicht Ziel führend und ordnungspolitisch für falsch, da er ein Prinzip durchkreuzt, wonach jeder in die Rentenversicherung als Beitrag eingezahlte Euro den gleichen Wert besitzt (sog. Äquivalenzprinzip).

Gleichzeitig ist aber vor dem Eindruck zu warnen, dass Erhöhungen der Gegenwart e i n z i g der Grund dafür sind, dass künftig Renten niedriger ausfallen. Unabhängig, wie man dazu steht: es bildet jedoch nicht die alleinige Ursache hierfür.

Die Umstellung eines Gesundheitssystems kann man - theoretisch und je nach politischem Willen - sehr zügig umstellen. Ein Rentensystem ist ungleich schwieriger, da es Personen, Schicksale, Erwerbsbiographien über viele Jahrzehnte berücksichtigen muss. Der einfache "cut" ist schwer möglich.

Wenn Sie heute mit Senioren diskutieren, dann erhalten Sie i.d.R. (noch) folgende Aussagen: Lehre mit 14, 15 oder spätestens 16 Jahren, gearbeitet bis 65, sehr oft damit mind. 45 Jahre eingezahlt, womöglich dem eigenen Häuschen alles untergeordnet, 2 oder mehr Kinder erzogen, dass sie es einmal "noch besser" haben sollen. Viele dieser Menschen, vor allem Frauen in den alten Bundesländern, haben kaum Ansprüche auf eine eigene Rente erwirkt, da sie nach der Heirat oft zu Hause blieben.

Diese Menschen haben als Generation unmittelbar nach dem Krieg und später bis in die 1970er Jahre das Land zu dem gemacht, wovon wir heute profitieren. Leider weiß ich Ihr Alter nicht, ich bin 44 und damit eines der Kinder jener Generation. Diese "Jüngeren", deren Biographie sehr häufig davon abweicht, bekommen nun gesagt, dass sie deshalb privat vorsorgen müssen, um den Standard vergleichbar halten zu können. Dabei werden viele Angebote gemacht, mehr als jemals zuvor, diese Vorsorge attraktiv zu machen und finanziell über die Allgemeinheit zu unterstützen.

Der immer wieder kehrende Reflex, "alle" einzahlen zu lassen, klingt in der Tat sehr verlockend. Am Ende bedeutet es aber: "alle" haben dann auch einen Anspruch auf Auszahlung erworben - das eigentliche Problem ist nicht gelöst, es bedient fast ausschließlich das subjektive Gerechtigkeitsempfinden. Die beste Basis für alle Systeme ist: möglichst viele Menschen müssen Arbeit haben. Unsere ganze Solidargemeinschaft ist darauf aufgebaut.

Ich werbe deshalb sehr nachdrücklich dafür, nicht zusätzliche Unsicherheiten oder Ängste zu verbreiten. Jede Generation hat Ihre Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen.

Sehr geehrter Herr Kießler, gerne hätte ich mich in einem persönlichen Gespräch mit Ihnen ausgetauscht. Sie haben den Weg des Internets gewählt. Vielleicht geben Sie mir ja doch im folgenden an meine offizielle email-Adresse patricia.lips@bundestag.de Ihre Erreichbarkeiten bekannt. Ich würde mich über einen Kontakt freuen.

Herzlich,

Ihre Patricia Lips

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