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Frage von Roberto G. •

Frage an Otto Schily von Roberto G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

1. Wie ist es zu erklären das Deutschland laut den Vereinten Nationen zwar immernoch als Feindstaat vertraglich deklariert wird und dennoch der drittgrößte Beitragszahler dessen ist? Ich als einfacher Bürger empfinde es als Zumutung einen Verein zu bezahlen, der ein heute noch als Feind bezeichnet.
Warum drängt Deutschland nicht auf Beseitigung dieses Widerspruches?

2. Wann erhält Deutschland endlich einen Friedensvertrag, wann also endet der Waffenstillstand zwischen Deutschland und den Alliierten?

Auch wenn beide Fragen auf dem Papier stehen und derzeit kaum Anwendung finden, sollte man die Verträge korrigieren, wenn wir schon zu den größen Beitragszahlern der Weltorganisationen gehören.

Wie sehen Sie das Herr Schily

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Gatelli,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen an Otto Schily.

Aufgrund des vollen Terminkalenders von Herrn Schily, werde ich versuchen Ihre Fragen zu beantworten. Bitte haben Sie hierfür Verständnis.

Zu Frage 1:

Wie Sie richtig erläuterten, enthält die Charta der Vereinten Nationen nach wie vor eine Feindstaatenklausel die sich auf Deutschland und Japan bezieht.
Diese ist jedoch mehrfach von offizieller Seite her für obsolet erklärt worden.
Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass die Feindstaatenklauseln spätestens mit dem Beitritt der beiden deutschen Staaten zu den VN obsolet geworden sind und daher nicht mehr gelten. Die Tatsache, dass die Bundesrepublik bereits vier Mal dem Sicherheitsrat angehört und einen Präsidenten der Generalversammlung gestellt hat, zeigt, dass Deutschland in den VN die vollen Rechte eine gleichberechtigten Staates ausübt.
Darüber hinaus gaben die Staats- und Regierungsoberhäupter auf dem VN-Gipfeltreffen 2005 in dem Abschlussdokument (A/RES/60/1) ihrem Willen Ausdruck, die Streichung der hinfälligen Klausel ins Auge zu fassen. Die Bundesregierung wird dieses Anliegen, welches jedoch eine Änderung der Charta nach dem dafür vorgeschriebenen Verfahren erfordert, bei der nächsten Änderung der Charta einbringen.

Zu Frage 2:

Der sogenannte „Zwei-plus-vier-Vertrag wurde am 12.9.1990 unterschrieben, trägt den Titel „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ und trat am 15.3.1991 in Kraft. In der juristischen Literatur herrscht die Auffassung vor, der Zwei-plus-vier-Vertrag ersetze als abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland einen Friedensvertrag.
So hat auch das Landgericht Bonn in seinem Urteil vom 5.11.1997 die Ansicht vertreten, der Vertrag sei von seiner Wirkung her als Ersatz-Friedensvertrag zu sehen.
Auch der Bundesgerichtshof äußerte sich in einem Urteil vom 26.6.2003 wie folgt: „Er (Der Zwei-plus-vier-Vertrag) hatte aber erklärtermaßen das Ziel, eine abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland herbeizuführen, und es wurde deutlich, dass es weitere (friedens-) vertragliche Regelungen über rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg nicht geben wird.“

Ich hoffe, dass ich damit dazu beitragen konnte, Ihre Fragen zu beantworten.

Viele Grüße,

Judith Völker
Wissenschaftliche Mitarbeiterin