Johann Georg Jaeger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Matthias G. •

Frage an Johann Georg Jaeger von Matthias G. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Jaeger!

Beinahe erstaunt war ich, wie sehr das Wahlprogramm der Grünen (Hieß es nicht mal Bündnis 90/Die Grünen? Wo ist denn das Bündnis hin?) mit meinen Vorstellungen von Politik und Zukunftsgestaltung übereinstimmt. Ein Punkt ist jedoch darin, der es mir ggf. unmöglich machen würde, die Grünen zu wählen. Sie fordern ausdrücklich die Einstellung aller atomaren Forschungen am Standort Greifswald. Heißt das, dass sie die gerade Forschungen zur KernFUSION einstellen wollen? Mir hingegen erscheint diese Form der Energiegewinnung so aussichtsreich, dass ich darauf nicht verzichten wollen würde.

Dazu noch eine in diesem Jahr wohl immens wichtige Frage: Wer in diesem Jahr einen Regierungswechsel erreichen möchte, wird sich sehr gut überegen müssen, wen er wählt. Wenn das Volk z. B. wieder die CDU zur stärksten Partei wählt, wird es wahrscheinlich eine SPD und PDS Regierung bekommen. Denn warum sollte die SPD dann als Juniorpartner in eine große Koalition gehen wollen, wenn sie mit der kleineren PDS wieder den MP stellen dürfte... Es gilt also seine Stimme wohlüberlegt zu vergeben. Welche Koalitionen würden die Grünen am liebsten eingehen?

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Günther,

die Partei heißt nach wie vor "Bündnis 90 / Die Grünen". Die Kurzform ist allerdings "Grüne". Dies zum einfach zu klärenden Teil Ihrer Frage ;-).

Es freut mich zu hören, dass Sie eine große Übereinstimmung mit den Zielen von Bündnis 90 / Die Grünen festgestellt haben. Zur Nutzung der Kernfusion habe ich allerdings eine andere Position, die ich Ihnen gerne in aller Kürze erläutern möchte: Die BÜNDNISGRÜNEN setzen sich massiv für die Nutzung des einzig sicheren Fusionsreaktors - der Sonne - ein. Mit der Nutzung der Kernfusion auf der Erde habe ich allerdings eine Reihe von Problemen:

Seit fast 40 Jahren werden gigantische Summen in die Kernfusionsforschung gesteckt. Seit dieser Zeit wird für die "nächsten 50 Jahre" ein wirtschaftlich nutzbarer Fusionsreaktor angekündigt - die Zeitspanne der Ankündigung für die wirtschaftliche Nutzbarkeit hat sich auch nach 40 Jahren nicht minimiert. Es bleibt bis heute unklar, ob ein solcher Reaktor jemals funktioniert bzw. sich wirtschaftlich nutzen lässt. Wir können Geld leider nicht zweimal ausgeben - mir erscheint es sinnvoller, die verschiedenen Probleme bei der Energiegewinnung und Speicherung der Sonnenenergie bzw. der Geothermie (Energie aus dem Erdinneren) zu lösen und darauf die Forschungsmittel zu konzentrieren.

Ein Fusionsreaktor wird nicht im heute üblichen Großkraftwerkebereich (500 - 2000 MW) wirtschaftlich funktionieren - eher im Bereich ab 5.000 - 10.000 MW.. Dies hängt mit dem dann besseren Verhältnis von Oberfläche zu Rauminhalt bei größeren Reaktorräumen zusammen. Mit solchen gigantischen Kraftwerken kommen völlig neue Probleme: Wo gibt es geeignete Kühlwassermengen? Zu welchem Preis lassen sich Ersatzkraftwerke in gleicher Größenordnung vorhalten (Abschaltungen für Wartungen und Störungen). Wie soll ein Stromnetz den Spannungseinbruch beim plötzlichen Ausfall solch gigantischer Kraftwerke verkraften? Wie sollen wir solche Zentralkraftwerke gegen Terroristen schützen?

Da der Reaktorraum eines Fusionsreaktors durch die radioaktive Strahlung des Fusionsprozesses spröde wird, muss er alle paar Jahre ausgetauscht werden - dabei fallen die Reaktorwände als radioaktiver Müll an.

Die Kernfusion kommt zu spät (in "vielleicht 50 Jahren"), wäre viel zu teuer (Ersatzkraftwerke), macht eine Gesellschaft extrem leicht verwundbar und vermeidet die Produktion von radioaktivem Müll nicht vollständig. Warum sollten wir uns nicht auf den sicheren und kostenlosen Fusionsreaktor Sonne konzentrieren?

Zur Koalitionsfrage: "Inhalte vor Machtfragen" ist die Kurzform der Antwort. Die Grünen wollen ihre Ziele umsetzen und schließen eine Regierungsbeteiligung nicht grundsätzlich aus. Definitiv kann ich schon jetzt eine Zusammenarbeit mit der NPD ausschließen und über alle anderen Probleme der möglichen Koalitionen können wir uns gerne nach der Wahl unterhalten ;-)
Mit freundlichen Grüßen

Johann-Georg Jaeger