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Jan Timke
Bürger in Wut
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Frage von Ralph S. •

Frage an Jan Timke von Ralph S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Timke,

1. Frage: Deutschland war einmal das Land der Naturwissenschaftler, große
technische Erfindungen gingen einhand mit steigenden Wohlstand.

Heutzutage wird Deutschland immer technikfeindlicher. Die Deutschen
verlieren immer mehr den Bezug für die Quelle ihres heutigen Wohlstandes.

Wie kann man hier eine Trendwende in den Köpfen erreichen?

2. Frage: die Bundeswehrreform und die Abschaffung der Wehrpflicht durch Guttenberg
war ein "Schuß in den Ofen". Die Zukunft und die Einsatzfähigkeit der
Bundeswehr steht auf der Kippe.

Wie ist ihre Meinung dazu?

Vielen Dank für ihre Antworten.

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Antwort von
Bürger in Wut

Sehr geehrter Herr School,

vielen Dank für diese interessanten Fragen, die ich gerne wie folgt beantworte:

1. Thema Naturwissenschaft

Die von Ihnen richtigerweise geforderte Trendwende in den Köpfen sollte bereits an den Schulen einsetzen. Naturwissenschaftliche Fächer müssen in den Lehrplänen wieder ein deutlich größeres Gewicht haben und an den Gymnasien Gegenstand der Hochschulreifeprüfung sein. Das ist auch deshalb notwendig, um die Qualität des deutschen Bildungssystems als unverzichtbare Grundlage für Innovation und Erfindergeist zu steigern.

Gefordert sind aber auch Politik und Medien, die den hohen Stellenwert verdeutlichen müssen, den Technik und Naturwissenschaft für den Fortschritt und damit die wirtschaftliche Prosperität in Deutschland haben. Gesellschaftliche Aufklärungsarbeit ist gefragt.

2. Thema Bundeswehr

Sie haben völlig recht, die Bundeswehrreform, die vom damaligen Verteidigungsminister zu Guttenberg initiiert wurde, ist tatsächlich ein großer Fehler.

Durch die Abschaffung des Wehrdienstes wird die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes in Frage gestellt. Schon jetzt hat die Bundeswehr massive Probleme, die erforderliche Zahl von Freiwilligen zu rekrutieren, um die vorgesehene Sollstärke von 185.000 Soldaten zu erreichen. Das ist auch kein Wunder: Wer ist schon bereit, freiwillig zur Armee zu gehen und sich damit für einen Beruf zu entscheiden, der nicht nur vergleichsweise schlecht bezahlt ist, sondern bei dem man auch seine Gesundheit und sein Leben in Auslandseinsätzen aufs Spiel setzen kann?! Die Perspektive Bundeswehr ist allenfalls für junge Menschen interessant, die ansonsten schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, z.B. Schulabbrecher oder Geringqualifizierte. Jugendliche aus dem Bildungsbürgertum werden dagegen einen weiten Bogen um die Bundeswehr machen. Sie ziehen lukrative Jobangebote in der Wirtschaft vor. Durch die Abschaffung der Wehrpflicht drohen die Streitkräfte also zu einem Sammelbecken für das gesellschaftliche Prekariat zu werden. Außerdem überaltert die Truppe, wenn es nicht genügend Nachrücker gibt. Die Umwandlung der Bundeswehr in eine Berufs- und Freiwilligenarmee führt im Ergebnis also nicht zu einer Professionalisierung der Streitkräfte, wie immer wieder behauptet wird. Eher das Gegenteil ist richtig.

Die schon heute sichtbaren Personalprobleme der Bundeswehr dürften sich auf mittlere Sicht dramatisch verschärfen. Denn wegen der demographischen Entwicklung werden in Deutschland zukünftig immer weniger Jugendliche zur Verfügung stehen. Schon jetzt suchen einige Wirtschaftsbranchen händeringend nach geeignetem Berufsnachwuchs. Für die nächste Dekade sagen Experten ein Unterangebot von mehreren Millionen Menschen auf dem Arbeitsmarkt voraus. Will die Bundeswehr in dieser Situation nicht das Nachsehen haben, muß sie jungen Leuten mehr bieten, also einen hohen Sold bezahlen und geldwerte Zusatzleistungen etwa in Form beruflicher Fördermaßnahmen bieten. Außerdem ist ein aufwendiges Marketing erforderlich, um neue Soldaten zu werben. Das bringt auch bei einer zahlenmäßig deutlich verkleinerten Truppe enorme Kosten mit sich. Woher die dafür erforderlichen Mittel angesichts der desolaten Haushaltslage des Bundes und der hohen Staatsverschuldung auf Dauer kommen sollen, bleibt rätselhaft.

Mit der Abschaffung der Wehrpflicht fallen auch rund 90.000 Zivildienstleistende weg. Das Interesse am neuen Bundes-Freiwilligendienst, der an die Stelle des Zivildienstes treten soll, ist derzeit noch gering. Sollte es nicht gelingen, die Bewerberzahlen signifikant zu steigern, droht vielen Hilfsdiensten und sozialen Einrichtungen etwa im Pflegebereich ein Desaster. Auf Steuerzahler und Sozialversicherte dürften in diesem Fall erhebliche Mehrbelastungen zukommen.

Wie gesagt, die Abschaffung der Wehrpflicht war ein Fehler, den der neue
Bundesverteidigungsminister Thomas de Maziere dringend korrigieren sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Timke

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