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Helen Heberer
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Frage von Dieter O. •

Frage an Helen Heberer von Dieter O. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Heberer,

mit meiner Frage möchte ich Sie(als Mitglied einer die Regierung stellenden Partei) bitten, mir zu erklären, weshalb BeamtInnen(ab A12) erst in den Jahren 2014 bzw. 2015 eine Besoldungsanpassung in einem der wirtschaftlich stärksten Bundesland erfahren sollen. Ich gehe davon aus, dass die überwiegende Zahl der hiervon Betroffenen sich loyal verhalten und gute Leistungen, auch zum Prosperieren dieses Bundeslandes, erbringen. Deshalb ist ein derartiges Vorgehen m.E. nicht angemessen.

Für eine Beantwortung bedanke ich mich höflichst.

Mit freundlichen Grüßen
Dieter Offergeld

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Offergeld,

vielen Dank für Ihre Nachricht bei Abgeordnetenwatch vom 22. Mai 2013, in der Sie sich mit der Übertragung des Tarifabschlusses auf die Beamten in Baden-Württemberg und der damit verbundenen zeitlich verschobenen, sozial gestaffelten Übernahme der Tarifergebnisse auseinandersetzen. Da ich fachlich den Bereich Wissenschaft und Kunst abdecke, habe ich inzwischen bei den für Finanzen zuständigen Kollegen folgende Auskunft eingeholt, die die Situation in ihrer Komplexität beschreibt.

Die grün-rote Landesregierung hat sich am 20. März 2013 darauf verständigt, die von der Tarifgemeinschaft der Länder ausgehandelte Lohnsteigerung von 2,65 Prozent im Jahr 2013 und 2,95 Prozent im Jahr 2014 sowie die Gehaltserhöhungen bei den Auszubildenden inhaltsgleich, aber mit einer sozial gestaffelten zeitlichen Verzögerung auf die Beamten, Richter und Versorgungsempfänger zu übertragen. Entsprechende Überlegungen zu einer zeitlich verschobenen Übertragung hatte übrigens auch der Vorsitzende des BBW - Beamtenbund und Tarifunion Baden-Württemberg Herr Volker Stich im Vorfeld der Einigung ins Spiel gebracht.

Nach meinen Informationen bedeutet dies im Einzelnen, dass das Tarifergebnis für die Besoldungsgruppen bis einschließlich A9 mit einer Verzögerung von 6 Monaten zum 1. Juli des laufenden Jahres (rd. 46.000 aktive Beamtinnen und Beamte inkl. Anwärter), für die Besoldungsgruppen A10 und A11 mit einer Verzögerung von neun Monaten zum 1. Oktober des laufenden Jahres (rd. 21.000 aktive Beamtinnen und Beamte) und für die Besoldungsgruppen ab A12 mit einer Verzögerung von zwölf Monaten zum 1. Januar des Folgejahres (rd. 120.000 aktive Beamtinnen und Beamte inkl. Richterinnen und Richter) übertragen wird.

Die erzielte Einigung stellt nach den Überlegungen der Landesregierung einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den berechtigten Interessen der Beamtenschaft und den Konsolidierungserfordernissen im Landeshaushalt dar. Darüberhinaus wird über die getroffene Vereinbarung sichergestellt, dass die Beamtinnen und Beamten nicht dauerhaft von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt werden. Auch wenn im Einzelfall die zeitliche Verschiebung als schmerzlich empfunden oder gar als "Nullrunde" bewertet wird, so soll doch durch diese Regelung im Gegensatz zu einer "echten Nullrunde" gewährleistet sein, dass auch für die Beamtinnen und Beamten das Einkommensplateau, aus dem sich die weiteren Besoldungszuwächse errechnen, angehoben wird. Diese Entscheidung wurde vor dem Hintergrund der von Ihnen angesprochenen vorausgegangenen Einsparmaßnahmen im Beamtenbereich getroffen.

Mit dem Beschluss das Prinzip der inhaltsgleichen, sozial gestaffelten zeitversetzten Übertragung der Tarifergebnisse auch auf für die Folgejahre 2015 und 2016 anzuwenden, sollte sowohl für den Landeshaushalt wie auch für die Beamtenschaft Planungssicherheit und Verlässlichkeit geschaffen werden. Mit anderen Worten, unabhängig vom jeweiligen Tarifabschluss wird bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode eine inhaltsgleiche, wenn auch sozial gestaffelte zeitlich verschobene Übertragung der Tarifergebnisse auf die Beamtinnen und Beamten sichergestellt.

Für den Tarifabschluss wurde im Doppelhaushalt 2013/2014 für die Angestellten und Beamten insgesamt eine Vorsorge in Höhe von rund 900 Millionen Euro getroffen. Zwar werden die tatsächlichen Mehrkosten in den Jahren 2013 und 2014 um rund 178,6 bzw. 2,1 Millionen Euro niedriger liegen als geplant, über die gesamte Legislaturperiode werden jedoch Mehrkosten in Höhe von rund 144 Millionen Euro entstehen.

Bei einer 1:1-Übernahme wäre allein in den Jahren 2013 und 2014 eine zusätzliche Deckungslücke in Höhe von rund 551 Millionen Euro und in der gesamten Legislaturperiode in Höhe von 1.366 Millionen Euro entstanden. Mehrkosten in dieser Größenordnung seien angesichts der schwierigen Haushaltslage und der grundgesetzlich bis zum Jahr 2020 eingeforderten Rückführung der Neuverschuldung auf null nicht finanzierbar. Das ist die schwierige Auflage, nach der die Regierung handeln muss.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass die grün-rote Landesregierung deutlich zum Ausdruck bringt, die Beamtinnen und Beamten keineswegs nur als Kostenfaktor zu verstehen. Deren Bedeutung und Beitrag bei der weiteren Umsetzung der politischen Schwerpunkte u.a. in den Bereichen Bildung, Innere Sicherheit, Integration und soziale Gerechtigkeit weiß sie sehr zu würdigen.
Vor dem Hintergrund der bestehenden Konsolidierungserfordernisse ist die vereinbarte Regelung ein Kompromiss, der die Wertschätzung und Anerkennung gegenüber der Leistung der Beamtinnen und Beamten nicht schmälern soll.

Abschließend bitte ich um Ihr Verständnis, dass die Landesregierung in ihrer Verantwortung gegenüber künftigen Generationen, auch bei der Entscheidung über Art und Umfang der Übertragung der Tarifergebnisse auf die Beamtenschaft, die notwendige Konsolidierung unseres Staatshaushaltes im Blick behalten muss. Die soziale Ausgestaltung der zeitlich verschobenen Übertragung, die unseres Erachtens durch die nun getroffene Vereinbarung auch erreicht wurde, war gerade für uns als Sozialdemokraten ein wichtiges Anliegen.

Mit freundlichen Grüßen

Helen Heberer