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Frank Stolzenberg
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Frage von Dieter K. •

Frage an Frank Stolzenberg von Dieter K. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Stolzenberg!

Als Bürgermeister der Gemeinde Peißen,der Sie 17 Jahre lang waren und als Mitglied des Kreistages des Saalekreises, kennen Sie die Sorgen und Nöte der Menschen vor Ort,da würde mich nun interessieren,was Sie,falls die Freien Wähler in den Landtag einziehen, in Punkto "Hochwasserschutz"tun würden?Sollte den Kommunen hier mehr Einflussmöglich-- keiten gegeben werden?Darüberhinaus sind Sie ja wohl ein Anhänger eines einheitlichen Bildungsystems in Deutschland!Was gefällt Ihnen nicht am föderalen Bildungssystem?

Wollen die Freien Wähler die Bildungshoheit dem Bund übertragen?Würden dann der Bund gegenüber den Bundesländern nicht noch mächtiger werden?Welche Vorteile sehen Sie in einer einheitlichen Schulpoltik in Deutschland und wie würden Sie den 2.Bildungsweg stärken? Für die Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich im voraus und verbleibe

mit freundlichen Grüssen

Dieter Kipp

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Antwort von
FREIE WÄHLER

Sehr geehrter Herr Kipp,

ich möchte der Reihe nach antworten:
Hochwasserschutz
Ich wohne in einer Gegend (Peißen bei Halle) in der Hochwasser und damit gefüllte Keller immer einmal ein Thema war und ist. Die Frage ist, sind die jetzigen Häufungen Zufall oder steckt System (Klimaveränderung) dahinter. Es gibt auch Regionen (Bitterfelder Raum) in denen das Abstellen von Grundwassersenkungen zu Problemen führt.
Was können wir tun? Natürlich ist der aktive Schutz, also Deiche und Überflutungsbereiche an den großen Flüssen, erforderlich. Diese müssen ständig ausgebaut und auf dem technischen Stand gehalten werden. Gleichzeitig ist es zwingend, alle versiegelten Flächen in den Städten und Gemeinde, aber vor allem in den großen Gewerbegebieten mit ausreichend Rückhaltesystemen auszustatten. Hier ist eine Bestandsaufnahme erforderlich und es muss gehandelt werden. Es gibt gute Beispiele. Dazu zähle ich das Industriegebiet der Stadt Halle an der A14. Ich stehe aber auch auf dem Standpunkt, dass man darüber hinaus geeignete Flächen, die land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden, als Rückhalteflächen in den weit vor den großen Flüssen liegenden Verästelungen der Entwässerungsgräben erkunden und für den Notfall zur Verfügung stellen sollte. Es ist einfacher, dem Landwirt den Ernteausfall eines Hektars an Raps o.ä. zu ersetzen, als den Bürgern das Leid von überschwemmten Siedlungen zuzumuten.
Die Unterhaltungsverbände für die Gewässer der zweiten Ordnung sind völlig unterfinanziert. Für das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Peißen waren lediglich 9.000€ im Jahr verfügbar. Man muss sich entscheiden, die Unterhaltungsverbände besser zu finanzieren oder die Verantwortung wieder den Gemeinden zu übertragen. Das Letztere halte ich für zweckmäßiger. In den Gemeinden gibt es viel mehr Handlungsmöglichkeiten und ein schnelleres und planmäßigeres Handeln wäre möglich. Viele landwirtschaftliche Betriebe, die in bestimmten Jahreszeiten freie Maschinenkapazitäten und ein Eigeninteresse am Funktionieren einer guten Entwässerung haben, würden sich über eine Auftragsvergabe sehr freuen. Die Unterhaltungsverbände könnten dann für die Instandhaltung und Wartung von Ingenieurbauwerken und Spezialarbeiten genutzt werden.

Bildung
Ich werde oft angegiftet, wenn ich vom einheitlichen Bildungssystem spreche und man unterstellt, ich meinte ein Einheitssystem. Einheitlich heißt für mich:
Die Abschlüsse müssen vergleichbar sein und bundesweit anerkannt werden, die Bildungsgänge müssen in den Alterstufen harmonisiert werden und die Bildungsinhalte sollten pro Jahrgang abgestimmt sein. Im Zeitalter der Flexibilität darf es nicht passieren, dass beim Schulwechsel von einem Bundesland in ein anderes, z.B. in einem Bundesland in der 6. Klasse Physik gegeben wird und in einem anderen nicht. Wir werden alles unterstützen und initiieren, was in diese Richtung geht, bis zur Übertragung der Bildungshoheit auf den Bund.
Die Übertragung auf den Bund, hat vielfältige Vorteile: Die Schulbuchherstellung wäre effektiver und kostengünstiger, die Kinder könnten bei einem Wohnortwechsel besser den Anforderungen gerecht werden. Die Lehrerfortbildung kann weitaus effektiver gestaltet werden und sehr viel Verwaltungspersonal ließe sich einsparen.

Zweiter Bildungsweg
Ich halte die Entwicklung der letzten Jahre mit der einseitigen Ausrichtung auf das Gymnasium für überzogen. Aus eigenem Erleben in der Familie weiß ich, dass die Empfehlung oder Nichtempfehlung der Lehrer für das Gymnasium zu teils extremen Situationen in den Grundschulen zwischen Eltern und Lehrern führt. Kinder, die nicht die Empfehlung für das Gymnasium erhalten, bekommen schon in früher Jugend ein Negativerlebnis, von dem sich einige nicht so schnell erholen, wenn überhaupt. Die Frage des längeren gemeinsamen Lernens steht und ich setze mich dafür ein!

Gleichzeitig muss die Frage erlaubt sein, wie viele von den Kindern, die in der 5. Klasse das Gymnasium beginnen, an der Universität ankommen? Da ich Berufsschullehrer bin, weiß ich um die Vorzüge unseres dualen Berufsausbildungssystems. Jeder hat die Möglichkeit, auch später über die Berufsausbildung, mit einjähriger Fachoberschule oder ohne Berufsabschluss mit zweijähriger Fachoberschule einen Zugang zu einer Fachhochschule zu erwerben oder ein Fachgymnasium zu besuchen. Wenn wir über den Fachkräftemangel ununterbrochen klagen, dann sollten wir diese Berufsfindung viel stärker in den Focus der Gesellschaft rücken. Die gymnasiale Ausbildung in den Kollegs oder Abendgymnasien ist außerdem eine gute Möglichkeit das Abitur für die, die es bewusst wollen, zu erwerben.

Frank Stolzenberg