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Frage von Markus S. •

Frage an Clara West von Markus S. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau West,

in Pankow gibt es Pläne, großflächig öffentliche Kultur- und Bildungseinrichtungen zu schließen oder deren Angebote radikal einzuschränken. Der zuständige Kulturstadtrat Torsten Kühne (CDU) hat radikale Kürzungen vorgeschlagen, um über eine Million Euro in seinem Bereich einzusparen, weil das Land Berlin den Bezirken nicht die Summe zur Verfügung stellt die nötig wäre, um die kulturellen Einrichtungen mindestens mit dem jetzigen Status Quo zu erhalten. Dadurch würden u.a. die Wabe und das Theater unterm Dach, mehrere ehrenamtlich geführte bzw. betriebene Bibliotheken, Galerien, ein Museum und Angebote der VHS-Pankow zerstört.

Im letzten Wahlkampf haben Sie sich ebenso wie viele andere Kandidaten für den Erhalt der bezirklichen Kultur ausgesprochen. Sind sie immer noch dafür, dass die bezirklichen Kultureinrichtungen erhalten bleiben? Werden Sie sich aktiv und ernsthaft sowie lautstark gegen diejenigen Politiker im Land Berlin und im Bezirk einsetzen, die die bezirklichen Kultureinrichtungen zerschlagen, privatisieren oder sonstwie zerstören wollen?

Wenn ja, was werden Sie dafür tun? Wenn nein, warum nicht?

Mit freundlichen Grüßen
Markus Schreiber

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schreiber,

vielen Dank für Ihre Fragen. Ich setze mich nicht erst seit dem letzten Wahlkampf, sondern seit vielen Jahren für die (bezirkliche) Kultur ein. Als ich mich vor einigen Jahren für die Mitarbeit im Kulturausschuss der BVV Pankow entschieden habe, tat ich das aus dem Wunsch heraus, mich für die Kultur in Pankow und auch über die Grenzen dieses Bezirks hinaus einzusetzen (genau das unterstelle ich zunächst einmal grundsätzlich jedem, der in diesem Politikfeld unterwegs ist). Dass ich jetzt Abgeordnete bin und keinem Kulturausschuss mehr angehöre, ändert an meinen Überzeugungen gar nichts.

Eines habe ich schon bei meiner Arbeit in der BVV lernen müssen: Die Mittel sind notorisch knapp. Wer sich erfolgreich für Kultur einsetzen möchte, muss selbst kreativ denken und handeln, um mit geringen Ressourcen dafür zu sorgen, dass zumindest nichts geschlossen und gekürzt werden muss. Das klappt leider nicht immer, denn es ist ja auch in der letzten Wahlperiode vereinzelt zu Schließungen gekommen (z.B. die Bibliothek im Eliashof oder auch das Kulturhaus Pankow). Aber dennoch ist es bis jetzt in Pankow allen Widrigkeiten zum Trotz immer wieder gelungen, die Angebote und Einrichtungen in ihrer Gesamtheit einigermaßen zu schützen und in diesem Bereich deutliche und klare Akzente zu setzen. Das sieht man schon daran, dass im Kulturbereich in geringerem Umfang gekürzt wurde als in anderen, ebenfalls sehr wichtigen Bereichen. Das hat übrigens etwas damit zu tun, dass sich die Pankower Bezirkspolitiker - meist auch weit über die Parteigrenzen hinweg - bewusst für die Kultur stark gemacht haben, auch wenn das nach außen hin oft nicht so sichtbar geworden ist.

Nun hat der Pankower Kultur-Stadtrat Dr. Torsten Kühne (CDU) kürzlich verkündet, im Zuge der Haushaltsaufstellung 2012/2013 stünden viele wertvolle und engagierte Kultureinrichtungen zur Disposition. Die Entscheidung hierüber ist jedoch noch längst nicht gefallen. Bezirksamt und BVV werden mit dem Haushalt erst noch darüber entscheiden, ob ein solcher Kahlschlag wirklich unumgänglich ist.
Natürlich sind die finanziellen Rahmenbedingungen in Pankow derzeit sehr begrenzt. Das ist allerdings nichts wirklich Neues und war in den vergangenen Jahren nicht anders. In einer solchen Situation fordert man seitens der Bezirke gern mehr Geld vom Land, und ich habe dafür viel Verständnis. Tatsache ist jedoch, dass das Land Berlin die Gelder an die Bezirke in den letzten Jahren immer wieder erhöht hat.

Tatsache ist auch, dass die Ausgaben auf Landesebene rückläufig sind, während sie bei den Bezirken steigen. Auch dieses Mal wird das Land zusätzlich zur ursprünglich geplanten Summe weitere 50 Mio Euro an die Bezirke geben. Das ist gewiss nicht genug, wer wollte es denn bestreiten. Aber wie soll es denn auch genug sein angesichts der ebenfalls unbestreitbaren Tatsache, dass Berlin mit 63 Milliarden(!) Euro in der Kreide steht? Jede und jeder in dieser Stadt wünscht sich, dass wir irgendwann nicht mehr konsolidieren müssen, sondern uns größere Gestaltungsspielräume zurückerobern können. Eine Politik nach dem Motto „nach uns die Sintflut“ wäre für meinen Geschmack erstens feige, zweitens verantwortungslos und drittens schlicht dumm, weil damit absolut niemandem geholfen wäre.

Vermutlich wird Pankows Anteil an den zusätzlichen 50 Millionen Euro nicht ausreichen, um alle Löcher zu stopfen. Hier sind die Bezirkspolitiker gefragt, um mit kreativen Lösungen die kultur-, sozial-, jugend- oder auch schulpolitischen Grausamkeiten zu verhindern, die derzeit im Raum stehen. Das wird nicht einfach, aber ich vertraue da sehr auf genau jene Sachkompetenz und auf jenen Einfallsreichtum vor Ort, den meine Kolleginnen und Kollegen in Pankow schon oft genug unter Beweis gestellt haben.

Als Landespolitikerin kann und will ich ihnen jedenfalls nicht vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen haben. Auch öffentliche Ratschläge wären respektlos, ich hätte mir so etwas als Mitglied der Bezirksvertretung auf jeden Fall verbeten. Sobald entsprechende Vorschläge auf dem Tisch liegen, werde ich mich selbstverständlich und sehr gerne für kreative Lösungen dieser Art auf Landesebene einsetzen - wenn es denn nötig sein sollte.

Im Übrigen habe ich keineswegs die Absicht, mich hinter meinem neuen Mandat zu verstecken, meine persönliche Meinung ist und bleibt eindeutig: Wer solche Einrichtungen wie das Theater unterm Dach oder die Wabe schließen möchte, hat entweder keine Ahnung oder kein Herz. Ich selbst besuche dort seit Jahren Aufführungen und Konzerte und bin als unverbesserliche Optimistin durchaus zuversichtlich, dass das auch in Zukunft möglich sein wird.

Mit freundlichen Grüßen

Clara West