Frage an Christel Riemann-Hanewinckel von Henning T. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Riemann-Hanewinckel!
Mit der Veröffentlichung der Nebenverdienste von Bundestagsabgeordneten ist ein erster wichtiger Schritt zu mehr Transparenz getan. Wir Bürger wollen natürlich wissen, ob Politiker mehr ihrem Gewissen oder mehr finanziellen Interessen verpflichtet sind.
Auch bei der Bahnprivatisierung geht es bekanntermaßen vorrangig um die Bedienung privater Interessen. Für den "Investor" wird die Rendite wachsen, für den Kunden dagegen die Fahrpreise, für den Steuerzahler die Bahnsubventionen, für die Mitarbeiter wird es Entlassungen und Lohnkürzungen geben, so wie das im bisherigen Bahnprivatisierungsprozess in Deutschland, aber auch zum Beipsiel in Großbritannien der Fall war. Vielleicht haben Sie inzwischen den Film "Bahn unterm Hammer" ansehen können, der den Vorgang kritisch beleuchtet. (siehe http://www.deinebahn.de , http://www.bahn-unterm-hammer.de )
Mehr Transparenz für den Bürger bedeutet, dass wir Bürger nachvollziehen können, welche Bundestagsmitglieder die Bahnprivatisierung vorantreiben, um daraus persönlichen Gewinn zu ziehen. Neben der Abstimmung im Bundestag, in der sich viele Parteimitglieder bei ihrer Stimmabgabe auf den Fraktionszwang berufen können, ist es daher wichtig, zu erfahren, wer in den Fraktionssitzungen für die Bahnprivatisierung stimmt.
In der Geschäftsordnung der SPD-Bundestagsfraktion gibt es daher einen § 8 Absatz 1, der bei wichtigen Fragen auf Antrag eine namentliche Abstimmung in der Fraktion vorsieht. Das Ergebnis der Abstimmung soll dann in der Mitglieder-Zeitung "vorwärts" veröffentlicht werden. Werden Sie einen solchen Antrag stellen? Wie werden Sie abstimmen?
Sehr geehrter Herr Dr. Thielemann,
der Deutsche Bundestag hat am 24.11.2006 (Drucksache 16/3493) die bei einer Teilprivatisierung der DB AG einzuhaltenden Bedingungen beschlossen. Jetzt ist im Bundesverkehrsministerium ein Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes“ erarbeitet worden. Erst nach dessen Verabschiedung durch die Bundesregierung beginnt das parlamentarische Verfahren.
Nach Beratung in den zuständigen Ausschüssen und den Fraktionen wird der endgültige Gesetzesvorschlag dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt. Wie ich über den dann vorliegenden Entwurf abstimmen werde, kann ich Ihnen erst mitteilen, nachdem ich ihn kenne.
In der öffentlichen Diskussion des Projektes wird zu Recht auf problematische Privatisierungsfolgen bei anderen Staatsbahnen verwiesen. Unter anderem haben eben diese Erfahrungen den Deutschen Bundestag dazu bewogen, für die Teilprivatisierung der DB AG verbindliche Bedingungen zu stellen. Die wesentlichen sind in meinen Augen die folgenden:
1. Die nach einer Teilprivatisierung der DB AG weiter bestehende Infrastrukturverantwortung des Bundes aus Artikel 87e Abs. 4 GG muss umfassend vertraglich gesichert werden. Hierzu sind in umfassenden vertraglichen Regelungen Qualitätsziele für die Infrastruktur vorzugeben und bei Vertragsverletzung mit Sanktionen zu versehen.
2. Private Investoren werden nicht an den Infrastrukturunternehmen, die die Eisenbahninfrastruktur halten, beteiligt. Die Infrastrukturgesellschaften werden vor der Kapitalprivatisierung ins Eigentum des Bundes überführt. Juristische Risiken für die eigentümerrechtliche Position des Bundes müssen ausgeschlossen werden.
3. Die DB AG betreibt für einen vertraglich zu vereinbarenden Zeitraum diese Infrastruktur unter der Bedingung, dass sie die vertraglich bzw. gesetzlich neu geregelten Aufgaben zur Pflege des Netzes strikt einhält. Der Bund verpflichtet sich, rechtzeitig vor Auslaufen des Vertrages über eine Verlängerung zu entscheiden.
4. Die DB AG erhält die Möglichkeit, Schienenverkehr und Infrastruktur in einer wirtschaftlichen Einheit zu betreiben und zu bilanzieren.
5. Es wird sichergestellt, dass der konzerninterne Arbeitsmarkt der DB AG und das Beschäftigungsbündnis fortgeführt werden können.
6. Zusätzliche Schulden und Risiken für den Bundeshaushalt werden ausgeschlossen.
7. Die EU-Kompatibilität hinsichtlich Wettbewerbs-, Vergabe- und Beihilferecht wird sichergestellt.
8. Durch die Endschaftsregelung ist die Reversibilität der Entscheidung sicherzustellen. Das gilt insbesondere für etwaige Entschädigungsleistungen an die DB AG. Verfahren und Kriterien für die Wertermittlung sind verbindlich zu regeln.
9. Zur Sicherung des diskriminierungsfreien Netzzugangs und eines fairen Wettbewerbs auf der Schiene werden die Regulierungsinstrumente der Bundesnetzagentur entsprechend den vorliegenden Erfahrungen fortentwickelt.
Mit freundlichen Grüßen
Christel Riemann-Hanewinckel