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Axel Vogel
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Frage von Werner B. •

Frage an Axel Vogel von Werner B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Vogel,

ich bin vor etwa zwei Jahren von Berlin nach Brandenburg (Barnim) gezogen, habe ein Haus gebaut und führe nun das Leben eines Berufspendlers, der vorzugweise öffentliche Verkehrsmittel nutzt. Ich bin in diesem vergleichsweise kurzen Zeitraum in Barnim mehrmals Zeuge von rechtsradikalen Belästigungen und Bedrohungen im öffentlichen Raum und besonders im öffentlichen Regionalverkehr geworden und war auch selbst bereits Ziel solcher Übergriffe. Dies ist mir an allen meinen bisherigen Wohnorten in einem erheblich längeren Zeitraum nicht passiert und macht mich fassungslos. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir zur Problematik des Rechtsradikalismus in Barnim/Brandenburg Ihren Standpunkt mitteilen könnten. Denken Sie, dass Barnim/Brandenburg hier ein Problem hat? Wie möchten Sie gegen dieses Problem vorgehen, wenn es für Sie denn ein Problem gibt? Können Sie Erfolgsindikatoren benennen, wenn Sie Handlungsbedarf erkennen. Ich wohne gerne in Barnim. Ich mag die Menschen und ich mag das Land. Und ich kann auch mit regionalen Eigenarten leben. Aber bei Rassismus und Rechtsradikalismus ist einfach Schluss. Nur um die Ernsthaftigkeit des Problems zu illustrieren möchte ich darauf hinweisen, dass ich Brandenburg wieder verlassen werde, wenn hier keine Änderung erfolgt.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Brecht

PS: Eine gleichlautende Frage werden ich allen Ihren demokratischen Mitbewerbern stellen.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Brecht,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie sprechen eine wichtiges Thema an, das die Grundlagen unserer Demokratie berührt.

Meine Meinung hierzu ist ganz klar: Ja, wir haben ein Problem mit Rechtsextremismus und rechter Gewalt in Brandenburg und im Barnim. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit finden wir bis in die Mitte unserer Gesellschaft. Immerhin gibt es heute – anders als in den Gründungsjahren Brandenburgs - kaum noch Politiker, die dieses Problem schön reden. Diesen Fehler hat die Politik lange genug gemacht. Heute gibt es aus meiner Sicht in Brandenburg eine zunehmend wirksame Politik im Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. So setzt das Land auf eine Stärkung der Zivilgesellschaft bei gleichzeitig aktivem Vorgehen gehen rechtsradikale Strukturen, u.a. durch Verbote.

Entscheidend ist für mich, bewährte Strukturen und Instrumente wie das Landeskonzept „Tolerantes Brandenburg“, die „Mobilen Beratungsteams“ und die Opferhilfe langfristig finanziell abzusichern und weiter zu entwickeln.

Höchstes Augenmerk legen wir Grüne wir auf eine intensive Prävention. Wir dürfen Demokratiebildung und demokratische Jungendarbeit nicht vernachlässigen. Die zivilgesellschaftlichen Strukturen gegen Rechts müssen weiter wachsen. Die Aktiven vor Ort brauchen deshalb politischen Rückenwind statt Unfug wie die Extremismusklausel der früheren Bundesregierung.

Auch die beste Prävention wird rechte Gewalt niemals vollständig verhindern. Deshalb müssen wir den Opfern von Gewalt Schutz und Solidarität bieten. Polizei und Justiz müssen auf rechte Gewalt schnell und wirksam reagieren. Im ÖPNV muss das Personal wie Zugbegleiter und Busfahrer durch Schulung in die Lage versetzt werden, bei Gewalt-Übergriffen unverzüglich einzugreifen.

Schutz brauchen auch jene, die aus der rechten Szene aussteigen wollen. Aus meiner Sicht ist es beschämend, dass Brandenburg bisher nicht bereit ist, ein Programm wie „Exit“ finanziell zu unterstützen.

Sie fragen nach Erfolgsindikatoren für den Kampf gegen Rechts. Als Erfolg bezeichne ich es:
Wenn die Zahl rechter Gewaltverbrechen und rechtsextremistisch motivierter Straftaten weiter sinkt
Wenn jeder rechte Übergriff öffentlich scharf verurteilt wird und keine stillschweigende Unterstützung genießt
Wenn Nazis ihre geplanten Aufmärsche absagen, weil sie von der ersten Sekunde an auf heftigen Gegenwind der Zivilgesellschaft stoßen
Wenn die Opfer rechter Gewalt Vertrauen in Rechtsstaat und Zivilgesellschaft haben können
Wenn genug finanzielle Mittel für den Kampf gegen Rechtsextremismus und Gewalt vorhanden sind
Wenn die Menschen demokratische Parteien wählen und rechtsextreme Parteien nicht in den Parlamenten die Demokratie bekämpfen können

Sehr geehrter Herr Brecht,
Sie denken darüber nach, Brandenburg wieder zu verlassen, obwohl sie Land und Leute mögen. Kein Mensch hat das Recht, von Ihnen als Opfer rechter Gewalt eine bestimmte Reaktion zu erwarten. Sie werden die richtige Entscheidung für sich und ihre Familie treffen. Das einzige, worum ich Sie bitte kann, ist: Schweigen Sie nicht.