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Axel Berg
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Frage von Achim H. •

Frage an Axel Berg von Achim H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Berg

Warum bezahlen wir noch immer den Solidaritätszuschlag?
Bei seiner Einführung wurde von ca. 5 Jahren gesprochen.
Man verliert den Glauben an die Politiker, der Soli ist eine zusätziche Einnahmequelle geworden und nichts anderes.
Es geht doch den neuen Bundesländern zum Teil schon besser wie den alten Bundesländern. Schlage vor mal über eine Vereinfachung der Steuern (siehe Österreich - ja das kleine Land) nachzudenken und nicht z.B. noch Relikte aus dem vorletzten Jahrhundert beizubehalten z.B. Sektsteuer usw. So verliert die Politik noch mehr an Wählern.
Steht auf und tut endlich etwas.

Freundliche Grüsse
Achim Heinrich
(Mittelständler)

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SPD

Sehr geehrter Herr Heinrich,

über den Solidaritätszuschlag (sogenannter Soli) wird schon lange gestritten. Wahrscheinlich seit seiner Einführung. Die Kohl-Regierung hat damals nicht nur gesagt, dass der Solidaritätszuschlag für nur 5 Jahre gebraucht wird, sondern blühende Landschaften und eine problemlose Wiedervereinigung innerhalb dieser Frist versprochen. Davon ist, wie Sie wissen, nicht viel wahr geworden. Aber wir arbeiten daran.

Die Sätze des Solis sind von 7,5% auf 5,5% gesenkt worden. Erhoben wird er allerdings immer noch, da haben Sie recht. Klagen gegen den Soli sind bis vor das Bundesverfassungsgericht gegangen, dieses hat die Beschäftigung mit dem Themenkomplex aber abgelehnt. Die Erhebung des Solis wird seitdem nicht mehr vorläufig erhoben, wie es zuvor der Fall war, sondern regulär.

Der Solidaritätszuschlag ist eine Zahlung, die vor allen Dingen den Solidarpakt 2 finanzieren soll. Dieser Pakt gilt bis 2019 und soll strukturelle und infrastrukturelle Defizite beseitigen, die es in den ostdeutschen Bundesländern immer noch gibt. Dies ist und war politischer Konsens. Der Solidarpakt 2 muss zudem finanziert werden. Er garantiert den ostdeutschen Ländern bis 2019 insgesamt etwas über 150 Mrd. Euro. So lange dieser Pakt läuft, werden auch weiterhin Solidaritätszuschläge gezahlt werden müssen.

Gerade in der jetzigen Zeit von Konjunktur- und Wirtschaftskrisen können wir es uns zudem nicht leisten, auf weitere Steuereinnahmen zu verzichten. Der Staat wird einen Steuerausfall bis 2013 von mehr als 300 Mrd. Euro haben. Und der Staat sind wir alle. Die Ausgaben umfassen Infrastrukturausgaben, Sozial- und Rentensysteme und ein funktionierendes öffentliches Leben. Es ist ja nicht so, als wenn die Politiker oder Beamten das Geld unter sich aufteilen. Um den Staat also funktionsfähig zu halten, brauchen wir Steuereinnahmen. Wenn die Einnahmen des Solis wegfallen würden, müsste das Geld an anderer Stelle eingespart werden. Und das ist zur Zeit nicht möglich.

Die Steuern sind zudem in den letzten Jahren massiv gesenkt worden. Die Steuersenkungspartei an sich ist die SPD, die im Jahre 1998 einen Einkommenssteuertarif vorgefunden hat, welcher mit 25,9 % begann und 53 % (Spitzensteuersatz) endete. In einer Kraftanstrengung ohne gleichen sind durch die Steuerreform 2000 die parallelen Steuerentlastungsgesetze, die Familienförderungsgesetze und das Alterseinkünftegesetz die Menschen in unserem Lande um 59 Milliarden Euro entlastet worden. Ein solches Steuerentlastungspaket hat es zuvor noch nie gegeben. Jeder, der aktuell von möglichen Steuersenkungen spricht, muss sich daher fragen lassen, wieso die FDP und die CDU/CSU überhaupt in den 90er Jahren es zu einem Eingangssteuersatz von 25,9 % haben kommen lassen. Weitere Steuersenkungen können im Moment nicht gegenfinanziert werden. Wie die Unionsparteien Ihre derzeitigen Steuerversprechen umsetzen wollen, begründen sie auch nicht wirklich.

Das verfügbare Durchschnittseinkommen eines Arbeitnehmers betrug im Kalenderjahr 1998 exakt 24.704,00 Euro. Auf dieses Einkommen zahlte der Arbeitnehmer (ledig) 4.628,00 Euro an Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag = 18,7 %. Derselbe Arbeitnehmer erzielt im Kalenderjahr 2008 27.811,00 Euro; auf diesen Betrag zahlt er 4.102,00 Euro an Steuern und Soli = 14,7 %. Ist dieser Arbeitnehmer verheiratet, hat er im Kalenderjahr 1998 auf seinen damaligen Lohn 6,5 % an Steuern gezahlt und zahlt im Kalenderjahr 2008 nur noch 3,6 % an Steuern. Steuersenkungen helfen den Menschen umso weniger, je geringer Ihr Einkommen ist.

Sie sehen, dass die SPD große Anstrengungen unternommen hat, die Steuerbelastung gering zu halten. Ich persönlich bin aber auch der Meinung, dass wir unser Steuersystem grundlegend verändern und vereinfachen sollten. Ich bin ein großer Verfechter der Ökologischen Steuerreform. Diese stellt sowohl eine Vereinfachung, als auch eine ökologische Ausrichtung der Steuererhebung dar, die wir für die Bekämpfung des Klimawandels dringend benötigen. Die Ökosteuer ist übrigens wesentlich mehr als für einen Liter Sprit 5 Euro zu fordern. Auf der Seite www.foes.de können Sie die wesentlichen Forderungen lesen. Unter anderem sind diese:

• Aufkommensneutrale Ökologisierung der KFZ-Steuer
• Jährliche Erhöhung der Ökosteuer für mindestens 5 Jahre
• Ab 2020 Besteuerung alternativer Energien zur Deckung der Infrastrukturkosten
• Abschaffung aller Steuervergünstigungen im Flugverkehr
• Einführung einer Kerosinbesteuerung im Inland, Mehrwertsteuererhebung auch für Auslandsflüge
• Mehrwertsteuerermäßigung im Schienenpersonenverkehr
• Erhöhung der Ökosteuern für fossile Heizstoffe und Strom
• Abschaffung der Besteuerung von Öl und Gas bei der Stromerzeugung
• gezieltere Förderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen
• Überarbeitung der Ökosteuerermäßigungen für die Industrie
• Weiterentwicklung des Emissionshandels

Dies sind selbstverständlich nur einzelne Forderungen, aber sie wären für die Zukunft der Menschheit wichtig. Wir müssen eine ganz neue Sichtweise auf die Besteuerung bekommen: ganzheitlich und ökologisch.

Wir sind, wie oben geschildert, durch den Solidarpakt an die Zahlungen gebunden. Und ich denke, dass die Unterschiede, die es zwischen ostdeutschen und westdeutschen Städten und Regionen immer noch gibt, diese Solidarleistung auch rechtfertigen. Die Leistungen müssen finanziert werden. Dies können wir entweder durch den Soli machen oder wir stellen unser gesamtes Steuersystem um. Mir wäre ebenfalls die zweite Variante lieber und ich werde mich auch nach der Wahl dafür einsetzen, falls ich den Einzug in den Bundestag erneut schaffe.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Axel Berg