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Wilhelm Priesmeier
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Frage von Harald M. •

Frage an Wilhelm Priesmeier von Harald M. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Priesmeier,

wenn ich ehrlich sein soll, fühle ich mich etwas veralbert. Im Bundestag wurde in der letzten Woche über die Einführung einer "Schuldenbremse" in Grundgesetz beraten. Daraus müsste ich eigentlich schließen, so etwas hat es jetzt noch nicht gegeben. Nach Blick ins Grundgesetz Art 115 Abs.1, Satz 2 muss ich aber feststellen, eine Obergrenze für die Verschuldung gibt es bereits. Gesetzliche Regelungen existieren entsprechend in der BHO §§ 7 und 18. Im StabG gibt es auch klare Aussagen zur Verschuldung von Bund und Ländern. Die Frage ist also, warum wurden diese Bestimmungen scheinbar nicht eingehalten?

Mir ist auch unverständlich, warum eine so restriktive Regelung aufgenommen werden soll. Im Zuge einer antizyklischen Wirtschaftspolitik, die sich ja doch wohl als der bessere Ansatz herausstellt, würde sich die Bundesregierung einen finanzpolitischen Spielraum nehmen. Aus meiner Sicht ist dieser Ansatz falsch. Ich kann zwar verstehen, dass dadurch versucht wird und Bürger zu beruhigen, aber die Verantwortung der derzeitigen Verschuldung auf die Zukunft zu verlagern, ist nicht der richtige Weg. Denn es wird ja unterstellt, dass es so eine Krise nicht wieder geben wird. Warum fällt es Ihnen so schwer zu akzeptieren, dass die Konjunktur zyklisch verläuft, Abschwung und Depression genauso dazugehören wie Aufschwung und Boom. Statt Milliarden Euro in Unternehmen zu stecken (alleine für die HRE fast so viel wie für den Solidarpakt II mit 156 Mrd. €) , die z.B. besser durch ein Insolvenzverfahren saniert werden sollten, wären Investitionen in Zukunftstechnologien der bessere Weg.

Mit freundliche Grüßen
Harald Meyer

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Sehr geehrter Herr Meyer,

Ende Mai hat der Deutsche Bundestag im Rahmen der Föderalismusreform II eine neue Regel für die Schuldenbegrenzung („Schuldenbremse“) im Grundgesetz verankert. In einer Zeit, in der die öffentlichen Haushalte durch die Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die großen Anstrengungen zu deren Überwindung aufs Äußerste belastet sind, ist dies ökonomisch notwendig und es ist auch – wie von Ihnen angemerkt - ein Vertrauenssignal an die Bürgerinnen und Bürger.

Wir haben deutlich gemacht, dass die notwendige Krisenbekämpfung für uns nicht bedeutet, dass wir den in den letzten Jahren erfolgreich eingeschlagenen Pfad der Haushaltskonsolidierung dauerhaft verlassen wollen. Im Gegenteil: Wir wollen eine schnelle Rückkehr zu einer Situation, in der die Schuldenstandsquote, d.h. die Relation zwischen dem Schuldenstand und dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) wieder kontinuierlich zurückgeführt werden kann.

Dabei geht es nicht um ein kopfloses Sparen und Streichen öffentlicher Ausgaben. Der Schlüssel zur Rückkehr auf diesen Konsolidierungspfad liegt darin, wieder für ein ausreichendes Wirtschaftswachstum in Deutschland zu sorgen. Und das geht nur mit einer entschlossenen Initiative der öffentlichen Haushalte. Das haben wir zuletzt in den Jahren 2005 und den folgenden Jahren bewiesen: Auf Initiative der Sozialdemokraten ist die große Koalition auch mit einem 25-Mrd.-Programm gestartet, das wichtige Impulse für das Wachstum und die Rückführung der Schuldenstandsquote in den Jahren vor der Krise gegeben hat.

In der Krise hat sich gezeigt, dass auf die Märkte – insbesondere die Finanzmärkte – allein kein Verlass ist. Leichtsinn und Gier schlagen dort allzu leicht in Panik und Verantwortungslosigkeit um. Eine soziale Marktwirtschaft, die auch in schwierigen Situationen funktioniert, braucht einen finanziell handlungsfähigen Staat, dem die Menschen gerade dann vertrauen, wenn das Vertrauen in andere Marktakteure erschüttert ist. Ein Staat, dem nicht mehr geglaubt wird, dass er seinen eigenen Haushalt unter Kontrolle hat, kann solches Vertrauen aber ganz sicher nicht beanspruchen. Deshalb halte ich die Schuldenbremse für ein wichtiges vertrauenbildendes Element.

Angesichts des inzwischen auf fast eine Billion Euro angewachsenen Schuldenbergs des Bundes ist eine Schärfung der Verbindlichkeit des Schuldenabbaus in konjunkturell guten Zeiten unumgänglich. Genau das war jedoch die Achillesferse des bisherigen Art. 115 GG: Die Verbindlichkeit der Rückführung der Verschuldung in konjunkturell günstigen Zeiten fehlte.

Mit der Entscheidung für die Schuldenbremse haben wir ein wichtiges Zeichen gesetzt und bewiesen, dass wir im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heute handeln, ohne die Interessen nachfolgender Generationen aus dem Blick zu verlieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wilhelm Priesmeier