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Verena Häggberg
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Frage von Thomas B. •

Frage an Verena Häggberg von Thomas B. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrte Frau Häggberg,

dass sich die ÖDP das Thema Umwelt (neben echter Demokratie und Soziale Fragen) in einer anderen Weise (hoffentlich mehr Ehrlichkeit und auch Mut zu weniger Konsenz mit den etablierten Parteien, zum Erhalt eigener Positionen) als die Grünen auf die Fahnen geschrieben haben, begrüße ich sehr.

Doch möchte ich auch ein zentrales Thema einer jeden modernen Gesellschaft - das Geldsystem - in den Blickpunkt rücken.

Bei der sich weltweit weiter zuspitzenden Finanzkrise und ihrer Zerrüttung nationaler Wirtschaften werden zunehmend auch soziale Errungenschaften in Deutschland in Mitleidenschaft gezogen (neben vielen anderen negativen Prozessen) bzw. zunehmend abgeschafft von den etablierten Parteien.
Aber m.M.n. greift der Begriff "Finanzkrise" viel zu kurz. Es muß eigentlich genauer gesagt "Geldsystemkrise" heißen. Die stattfindenden Prozesse in unserer Gesellschaftsform, z.B. die ermöglichte Arbeitsteilung, Zinseszins und Wachstumszwang, Arbeitslosigkeit trotz unbefriedigter Bedarfe, Kriege zur Sicherung von Rohstoffen etc., können nur im Zusammenhang mit dem bestehenden Geldsystem, als Unterbau des vorhandenen Systems, richtig verstanden werden.

Wie ist ihre Position dazu?
1. Bedarf es Veränderungen im bestehenden Geldsystem? Wenn ja, was müßte ihrer Meinung nach geändert werden - mit Hilfe der ÖDP?

2. Wie sieht Ihre Haltung zu den bereits bestehenden Regionalwährung in Deutschland und weltweit aus?

Beste Grüße

Thomas Berner

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Berner,

viele Menschen mit mittleren und besseren Einkommen sehen sich als Gewinner des Systems, obwohl sie durch Zinsen faktisch Verlierer sind. Gewinner sind eigentlich nur die Superreichen, sog. „Nettozinsempfänger“. Sie verdienen exponential an den Zinsen, die jeden Produktpreis zu einem Großteil ausmachen. Irgend wann ist das System soweit aufgebläht, dass es zusammenbricht. Wenn das dann passiert zahlen diejenigen zum zweiten Mal, die vorher schon die Gier der anderen bezahlt haben.

Die ÖDP hat sich schon immer gegen den genzenlosen Wachstumswahn gewendet. "Weniger ist mehr" - leider ist das unpopulär. Dann ist man schnell der Spaßverderber.
Der Ruf nach mehr Wachstum, das angeblich Arbeit, Wohlstand und Sicherheit für alle bringt ist, ein Trugschluss und dient meist nur dazu weitere Kürzungen zu rechtfertigen.

Wenn die Menge des Geldes durch Zinsen wächst, kann man damit auch immer mehr Rohstoffe kaufen. Auf diese Weise plündern wir mit immer höherem Tempo unsere Ressourcen und zerstören die Umwelt. Als Ausweg fordert die ÖDP in ihrem Grundsatzprogramm eine Wirtschaft ohne „Steigerung des Bruttoinlandsprodukts“, d.h. ohne quantitatives Wirtschaftswachstum. Das beinhaltet sehr wohl ein qualitatives Wachstum in den Bereichen Bildung, Umweltschutz, Gesundheit etc.! Das ist jedoch mit dem jetzigen Geldsystem nicht zu verwirklichen. Denn sein Prinzip mit Zinsen und Renditen funktioniert nur, wenn sich das Geld ständig vermehrt.

Regionalwährungen sehe ich als "Experiment" und "Ergänzung" positiv. Sie entbinden aber nicht von der globalen Verantwortung. Eine Wirtschaft ohne Zinsen oder sogar mit negativen Zinsen wie zum Beispiel beim "Alto" oder „Chiemgauer“ kann nur in einem örtlich begrenzten Bereich funktionieren und außerdem nur für den Einzelhandel, aber nicht für eine globale industrielle Produktion.
Die Einführung der Finanztransaktionssteuer/Tobin Steuer wäre hier ein Schritt in die richtige Richtung.
Auch die Einführung persönlicher Verschmutzungsbudgets (CO2 u.a.) könnte erwogen werden. Wir diskutieren das grade intensiv.

Herzlichst Verena Häggberg