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Frage von Ellen B. •

Frage an Vasco Schultz von Ellen B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Schultz,

meiner Ansicht nach stellt die dramatisch wachsende Kinderarmut in Deutschland ein sehr ernstzunehmendes Problem dar. Welche Möglichkeiten sehen Sie, im Rahmen der landespolitischen Möglichkeiten, für Rahlstedt und Hamburg dieses Problem anzugehen?
Welche Ansätze halten Sie zur Vermeidung der gerade sehr aktuellen Fälle von Kindeswohlgefährdung für sinnvoll und wie könnte Ihrer Meinung nach ein Frühwarnsystem aussehen?

Mit freundlichen Grüßen,
Ellen Böttcher

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DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Böttcher,

Die von Ihnen beschriebenen Probleme kenne ich aus eigenen Erfahrungen. So können gerade die Kinder, die es am dringendsten nötig haben, teilweise einmal am gemeinsamen Mittagessen teilnehmen. Ob es daran liegt, dass die Eltern sich den geringen Beitrag nicht leisten können oder sich aufgrund ihrer eigenen persönlichen Situation nicht darum kümmern oder kümmern wollen ist letztlich unerheblich, denn es geht darum, den Kindern eine Chance im Leben zu geben.

Um Kinderarmut abzufedern bringt es wenig, einfach die Geldleistungen an die Eltern zu erhöhen. Trotzdem ist es auch wichtig, dass die Leistungen für Familien, die von ALG II oder Sozialhilfe leben müssen, angehoben werden. Ein Beispiel für die geradezu grotesk niedrigen Leistungen ist doch, dass in den Leistungen für jedes Kind bis 14 Jahre nur 2,55EUR pro Tag an Essensgeld enthalten ist. Davon kann man kein Kind ernähren und schon gar nicht gesund satt machen.

Es muss sicher gestellt werden, dass in die Kinder investiert wird, damit diese eine Chance im Leben haben.
Deshalb müssen wichtige Bestandteile der Teilhabe an Bildung und Betreuung für Kinder aus ärmeren Familien generell kostenfrei sein. Und die Bürokratie darf auch nicht so angelegt sein, dass der Nachweis der Bedürftigkeit die Eltern vor eine zu große Hürde stellt. Wer weiß, wie die ARGE, die die Betreuung der Arbeitssuchenden übernimmt, mit Menschen umgeht, der weiß auch, dass es ein täglicher Kampf gegen das Verschwinden von Unterlagen, gegen Paragrafen und Angestellte ist. Gerade Familien mit Kindern dürfen von der ARGE nicht als Bittsteller, sondern müssen als Hilfsbedürftige angesehen werden. Wenn man täglich einen Nerven aufreibenden Kampf mit der ARGE führt, dann kann jedes zusätzliche Formular ein neuer Grund sein, zu verzweifeln. Und das ist mit Sicherheit nicht im Sinne der Kinder.

Einige Beispiele dafür, wie die Unterstützung endlich direkt bei den Kindern ankommt:

Die größte Ungerechtigkeit in Deutschland ist dass die Chancen im Leben überdurchschnittlich von der sozialen Herkunft abhängen. Um Kindern und Jugendlichen Chancen zu eröffnen brauchen wir ein Schulsystem, das nicht auch noch diejenigen Kinder bevorzugt, die von zu Hause aus sowieso schon die besseren Startchancen mitbringen.
Mit unserem Konzept "9machtklug" (www.9machtklug.de) machen wir einen Vorschlag für eine Neue Hamburger Schule, die die Stärken jedes einzelnen Kindes nach dem Erfolgsmodell der skandinavischen Länder fördert. Außerdem wollen wir, dass die "kleinen Lehr- und Lernmittel" wie Schulranzen, Schreibmaterialien und Malutensilien erstattet werden und wie oben bereits erwähnt, dass das Mittagessen für ALG II- und Sozialhilfeempfänger kostenlos wird.

Um die Lebenschancen von Kindern zu verbessern, muss der Staat eine stärkere Rolle in der Erziehung der Kinder übernehmen. Der Glaube daran, dass die Familie gerade in Zeiten von Hartz IV alle Aufgaben der Kinderbetreuung in jedem Fall alleine erledigen kann (und muss!) ist geradezu grotesk, wenn man gleichzeitig die Familien mit ihren Problemen alleine lässt.
KITAs bieten heute ein vielfältiges Bildungs- und Betreuungsangebot, dass den Kindern zu Hause häufig nicht geboten wird oder geboten werden kann. Deshalb wollen wir einen Rechtsanspruch auf Bildung und Ganztagsbetreuung ab dem ersten Lebensjahr. Wir wollen zudem die KITAs in den Stadtteilen zu Familienzentren weiter entwickeln, die den Eltern jederzeit offen stehen. Hier sollen beispielsweise Sprachkurse angeboten aber auch Hilfestellung bei Gesundheitsfragen, Fragen der Erziehung oder der Haushaltsführung gegeben werden. Aber auch für die Integration ausländischer Mitbürger und ihrer Kinder sollen und können Familienzentren eine wichtige Rolle spielen.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass dies auch ein meinem Wahlkreis Rahlstedt gerade für die sozial probelmatischeren Gebiete mit hoher Kinderarmut gute Initiativen sind um die Kinderarmut zu bekämpfen!

Mit freundlichen Grüßen,
Vasco Schultz

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Noch ein Nachtrag zum Thema Kindeswohlgefährdung, mir fällt gerade auf, dass ich dazu nichts geschrieben hatte:

Um die Kindeswohlgefährdung einzudämmen fordern wir als GAL zum einen, dass die nicht besetzten Stellen bei den Allgemeinen Sozialen Diensten (ASD) endlich voll besetzt und je nach Bedarf in den Bezirken aufgestock werden. Zum anderen müssen die Sachbearbeiter beim ASD endlich wieder die Möglichkeit bekommen, die Familien wieder direkt aufzusuchen. Aufgrund von ständigen Einsparungen und gleichzeitigem Anwachsen von Büroarbeit wurde der wichtige Kontakt direkt zu den Familien immer mehr zurück gedrängt.
Darüber hinaus müssen die Säuglingserstbesuche wieder eingeführt werden, damit für die Familien von Anfang an ein Kontak zu ihren Ansprechpartnern bei den Sozialen Diensten da ist.
Insgesamt ist es sehr wichtig, dass die Familien das "Amt" nicht als Feind ansehen, sondern als Ansprechpartner für Fragen und Hilfestellungen.
Auch die oben bereits erwähnten Familienzentren und Hebammenprojekte für Familien in schwierigen Situationen müssen Teil eines Frühwarnsystems sein.
Letztlich geht es aber vor allem darum, dass die gesamte Bevölkerung für das Problem sensibilisiert wird. Bei den bekannt gewordenen Fällen ist es ja teilweise so, dass z.B. Nachbarn weggeschaut haben. Im Interesse der Kinder sollten wir lieber ein paar Mal "falschen Alarm" in Kauf nehmen als einmal einen Unglücksfall.
Das soll die staatlichen Institutionen nicht aus der Verantwortung entlassen und wir brauchen tatsächlich endlich ein deutschlandweites einheitliches Frühwarnsystem für Kindeswohlgefährdung. Es muss alles von staatlicher Seite getan werden, um Kindeswohlgefährdung auszuschließen, aber so schmerzlich es ist: Man wird solche Fälle nie ganz ausschließen können.

Mit freundlichen Grüßen,
Vasco Schultz

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DIE LINKE

Einen Antrag für ein Netzwerk "Kindeswohl" hatte die GAL am 07.12.06 im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen in die Bürgerschaft eingebracht. Die CDU hat den Antrag allerdings mit ihrer Mehrheit abgelehnt.

Der Antrag ist über http://www.buergerschaft-hh.de/Parldok/ mit der Dokumentnummer 18/5441 einsehbar.

Grüße,
Vasco Schultz