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Frage von Karl-Heinz S. •

Frage an Uwe Junge von Karl-Heinz S. bezüglich Familie

Warum müssen Heim und Pflegekinder Laut SGB VIII 75 % ihrer Einnahmen, an den Staat zurückzahlen.

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Sehr geehrter Herr S.,

Derzeit diskutiert der Familienausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz kontrovers über die gegenwärtige Gesetzeslage, wonach Pflegekinder mit eigenem Einkommen 75 % ihrer Einkünfte als Kostenbeitrag für den Unterhalt an das Jugendamt abzuführen haben. Am 28. August 2019 gab es hierzu ein Expertenanhörungsverfahren, das am 17. Oktober ausgewertet werden wird.
Die Grundidee des Bundesgesetzgebers war es, junge Menschen finanziell verantwortungsvoll und solidarisch an den Kosten ihres Unterhalts zu beteiligen. Jugendliche sollen dabei erlernen, dass ihnen ein Ausbildungs- oder Arbeitsgehalt nicht unbegrenzt zur freien Verfügung steht, sondern auch für den Lebensunterhalt eingesetzt werden muss. Die Kostenbeteiligung nach SGB VIII verfolgt in erster Linie also einen pädagogischen und symbolischen Zweck. Anders als häufig behauptet, soll sie nicht der "Bestrafung" von Jugendlichen mit oftmals harten Lebensbiographien dienen. Es geht vielmehr darum, an Verantwortung für sich und andere herangeführt zu werden.
In diesem Zusammenhang darf auch nicht vergessen werden, dass es in vielen Familien gängige Praxis ist, dass sich Kinder, die während der Ausbildungszeit noch bei ihren Eltern wohnen, selbstverständlich mit einem Teil ihres Einkommens am Familienunterhalt beteiligen. Gleichermaßen werden Kinder aus sozial schwachen Familien zu einer Unterhaltsbeteiligung herangezogen, sofern die Familie als Bedarfsgemeinschaft von staatlichen Sozialleistungen abhängig ist. Die alleinige Beitragsfreistellung von Pflegekindern wäre insofern eine einseitige Privilegierung, die neue Ungerechtigkeiten schüfe.
Der Kostenbeitrag stellt außerdem einen gewissen Schutz vor vollkommen überzogenen Erwartungen an die finanzielle Ausstattung nach Beendigung der Jugendhilfeleistungen dar. Dürften die Jugendlichen schon während der Jugendhilfemaßnahme sämtliche Einkünfte zzgl. Taschengeld zur freien Verfügung selbst einbehalten, wäre die finanzielle Fallhöhe sehr hoch, sobald die Leistungen des Jugendamtes wegfielen und die jungen Menschen ihren Lebensunterhalt (inkl. Unterkunft etc.) dann mit demselben Geld wie bisher komplett eigenständig bestreiten müssten.
Aus diesen Gründen sehen wir eine vollständige Streichung des Kostenbeitrags für Pflegekinder - wie von SPD, FDP und Grünen gefordert - kritisch. Trotzdem sind wir der Meinung, dass der Beitragssatz reduziert und der Selbstbehalt erhöht werden sollte, um Anreize zur Ausbildungs- oder Arbeitsaufnahme zu verbessern und das Engagement der Jugendlichen stärker wertzuschätzen.
In den weiteren parlamentarischen Beratungen werden wir als AfD-Fraktion uns dafür einsetzen, dass zukünftig nur noch 25 % des Gehalts als Solidarbeitrag an das Jugendamt abzuführen sind. Weitere 25 % sollen für die Jugendlichen zweckgebunden angelegt werden, damit während der Betreuungszeit sinnvolle Wünsche erfüllt werden können und nach Beendigung der Jugendhilfemaßnahme bereits ein kleines Startkapital in eine selbstständige Lebensführung zur Verfügung steht. Über die verbleibenden 50 % des Einkommens (zzgl. Taschengeld vom Jugendamt) können die Jugendlichen frei verfügen.
Wir halten diese Lösung für einen guten Kompromiss, der allen Seiten gerecht wird.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Junge