Frage an Thomas Lenz von Jens P. bezüglich Familie
Sehr geehrte Herr Thomas Lenz
meine Frage bezieht sich auf die beabsichtigte Familienpolitik ihrer Partei, hier insbesondere auf die Rechte der Kinder im Scheidungs- und Trennungsfall. Festgestellt werden kann, dass das Neue Kindschaftsrecht allgemein nicht in allen Fragen gegriffen hat. Immer noch verlieren Kinder aus getrennten Ehen/Beziehungen in gewissen Zeiträumen (meist innerhalb der ersten 4 - 5 Jahre) den Bezug zum getrennt lebenden Elternteil. Die mit dem Neuen Kindschaftsrecht, i. V. m. dem Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Familie - dort versteckt die Umstellung des statischen Unterhaltstitels auf dynamisch) hat also keine nachhaltige Stärkung der Kindesrecht auf Umgang mit beiden Eltern(teilen) gebracht. Der/die Alltagssorgeberechtigt kann weiterhin ungestraft das Recht von Kindern missachten und den Umgang zum Umgangsberechtigten oder 2. Sorgeberechtigten von der Entwicklung und Erziehung der Kinder ausschließen. In Fragen des gemeinsamen Sorgerechts ist dies um so gravierender, da der 2. Sorgeberechtigte nicht nur das Recht, sodern auch die Pflicht zur Sorge hätte - wenn nicht Gerichte und Jugendämter, aufgrund der immer noch schwammigen Rechtslage, im Zusammenhalt mit den Alltagssorgeberech-tigten verhindern würden. Bisher ist der Gesetzgeber, in diesem Fall vorrangig rot/grün, in seiner Rechtsgrundlagenschaffung von "Voraussetzungen" und "Klauseln" ausgegangen, die von den betroffenen Kindern und deren Vertreter nicht eingefordert werden können. Diese unklare Lage grenzt vor allem Väter aus der Erziehungs- und Sorgeverantwortung und schädi-gen nachhaltig die Rechte und das zu entwickelnde soziale Empfinden von Trennungskindern.
Durch die o.g. Umstellung der statischen auf dynamische Unterhaltstitel werden Trennungsväter und -mütter in das finanzielle Abseits, nahe der Sozialhilfe, gedrängt.
Während beim abgesetzten statischen Titel sicherlich zuwenig Unterhalt an den Alltagssorgeberech-tigten für die Kinder zur Verfügung gestellt wurde, hat sich der Spieß mit der Dynamisierung gedreht. Jetzt werden die so genannten Unterhaltsschuldner finanziell zu stark belastet, so dass oftmals die notwendigen finanziellen Mittel für den auszuübenden Umgang nicht mehr vorhanden sind.
Der nun angesprochene Umgang erweist sich als weiteres Problem. Nicht nur durch die genannten Unterhaltszahlungen in der derzeitigen Höhe kann dieser verhindert werden. Die Alltagssorgeberech-tigten verhindern oder erschweren diesen ohnehin bereits in 70 - 80 % der Fälle.
Die Aufzählungen lassen sich hier bei weitem in Uferlose betreiben. Das liegt mir fern.
Folgende Fragen an Sie ergeben sich jedoch:
1. Welche Schritte werden oder wollen Sie unternehmen, um die Kinderrechte, auch in Bezug auf die Richtlinien und Gesetze der Europäischen Union, zu stärken und den Bezug auf Vater und Mutter nach Trennung zu verfestigen?
2. Welche Vorhaben bestehen, die Rolle des Mannes in Bezug auf das Familienrecht, die Erziehung der Kinder zu stärken?
3. Welche Absichten haben Sie, dass derzeitige Unterhaltsmodell ausgewogener, sozial gerechter zu gestalten?
4. Wie werden aus Ihrer Sicht demnächst Unterhalts-, Umgangsmodelle aussehen?
Sie können sich vorstellen, dass Ihre Antwort für viele Umgangsberechtigte / 2. Sorgeberechtigte Wahl- entscheidend sein kann.
Immerhin wurden lt. dem Statistischen Landesamt (Quelle SVZ) 125 Ehen allein im Landkreis Parchim geschieden. Damit wurden lt. derselben Quelle 80 Kinder Scheidungsopfer und sind von den vorge-nannten Punkten betroffen.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Preuße
Sehr geehrter Herr Preuße,
als ehemaliger Rechtsanwalt ist mir sehr wohl bewußt, dass die Leidtragenden einer Scheidung häufig die Kinder sind und die Eltern ihren Streit auf Kosten der Entwicklung der Kinder nicht selten viele Jahre und auch bis zur eigenen psychischen Zerstörung fortführen. Sie haben sicher recht, dass auch das neue Kindschaftsrecht die Rechte der Kinder auf Umgang mit beiden Elternteilen im Einzelfall nicht immer zu gewährleisten vermag. Für mich sind ihre Fragen im Übrigen nicht unbedingt parteipolitischer Natur. Ich gebe im Übrigen gerne zu, dass ich kein Experte im Kindschaftsrecht bin. Aber ich habe ihre Meinung aufmerksam gelesen, nehme sie sehr ernst zur Kenntnis und werde sie berücksichtigen, sobald die Evaluierung des Gesetzes ansteht. Das gilt natürlich auch für das Thema Unterhaltsrecht. Ehrlicherweise möchte ich Ihnen aber auch sagen, dass ich die allgemeinen Erfahrungen mit dem neuen Recht erst gründlich ausgewertet und auch wissenschaftlich untersucht wissen möchte, damit ich mir dazu eine abschließende, verantwortliche(!) Meinung bilden kann. Dazu braucht es leider eine angemessene Zeit. Ich sage das, auch wenn das für die Betroffenen verständlicherweise unbefriedigend wirken muss. Man kann solch schwierige die Menschen ganz existentiel berührende Gesetzesmaterien natürlich nicht jährlich ändern. Das hätte mit Sicherheit nur Chaos zur Folge. Im Ziel jedenfalls dürften wir uns einig sein. Das Umgangsrecht der Kinder muss so gestaltet werden, dass es auch durchgesetzt werden kann und das Unterhaltrecht muss fair die Interessen der Unterhaltberechtigten und des Unterhaltsverpflichteten ausgleichen. Das scheint auch mir immer noch nicht recht gelungen zu sein. Ich werde mich in diesem Sinn für Nachbesserungen bzw. Änderungen einsetzen. Wann es aber konkret zu einer Novellierung der Gesetze kommen kann, ist noch offen. So, ich denke, ich habe Ihnen offen und ehrlich geantwortet. Versprechungen mache ich Ihnen nicht! Da können Sie sich ggf. an meine Konkurrenz wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Lenz