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Thomas Kossendey
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Frage von Günther H. •

Frage an Thomas Kossendey von Günther H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wie kann es sein, dass eine rechtsradikale Partei, wie die NPD, noch in unserer Demokratie vertreten sein darf ? Wieso gibt es dort keine Einschränkungen. Meiner Meinung nach ist es eine Blamage für unser Land mit unser Hintergrundgeschichte, diese Partei noch aufleben zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Günther

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Hinrichsen,

für Ihre Frage vom 14. Dezember 2010 zu einem NPD-Verbot danke ich Ihnen.

Ich kann Ihren Ärger über die Existenz der NPD verstehen, natürlich widerstrebt es jedem demokratisch-denkenden Bürger in unserem Land, dass diese Partei sich legal organisieren darf.

Wie Sie sicherlich wissen, gab es in der Vergangenheit die Bestrebung, die NPD verbieten zu lassen. Im Jahr 2000 haben Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat jeweils eigenständige Anträge zum Verbot der NPD gestellt. 2003 stellte das Bundesverfassungsgericht vor allem wegen der Einbindung von V-Leuten das Verbotsverfahren ein.

Nach dem Scheitern des Verbotsverfahrens sieht die CDU derzeit die Einleitung eines neuen Verfahrens als kritisch, denn dies birgt ein sehr hohes Risiko: Die Verfassungsfeindlichkeit der NPD ist offensichtlich. Fraglich ist aber, ob der Partei dies nach dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten, sehr präzise Kriterien nachgewiesen werden kann. Zudem müsste die Beobachtung der NPD durch den Verfassungsschutz in der Vorbereitungsphase und während des Verfahrens – unter Umständen drei Jahre – abgebrochen, also sämtliche V-Leute aus der NPD abgezogen werden.

Unabhängig vom juristischen Ausgang könnte ein Verbotsantrag die NPD weiter stärken, da sich Mitleids- und Märtyrereffekte einstellen könnten. Zudem wäre zu befürchten, dass ein neuerliches Scheitern vor dem Bundesverfassungsgericht von der NPD als „Sieg über den Rechtsstaat“ propagiert werden und ihr weiter Auftrieb geben könnte.
Aus diesen Gründen ist die CDU der Auffassung, dass ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD das Problem des Rechtsextremismus in Deutschland nicht grundsätzlich lösen könnte. Es wäre vielmehr zu befürchten, dass sich die rechtsextreme Szene weiter in die Illegalität begibt, wo sie für die Sicherheitsorgane schwerer kontrollierbar ist, sowie dass andere rechtsextreme Organisationen Zulauf erhielten.

Der Kampf gegen den Rechtsextremismus muss nach unserer Auffassung in der Auseinandersetzung mit seinen Ursachen und in der politischen Auseinandersetzung mit verfassungsfeindlichen Parteien gewonnen werden. Ziel muss es sein, das Problem bereits an der Wurzel zu bekämpfen. Dazu gehören Fragen, warum vor allem Jugendliche und junge Erwachsene in rechtsextreme Kreis geraten und wie man die Anziehungskraft dieser Kreis brechen kann. Hierfür muss die gesamtgesellschaftliche Sensibilität für diese Problematik gesteigert, der interkulturelle Austausch vor allem in den ländlichen Gebieten gefördert und Gedenktage (Reichspogromnacht, Tag der Befreiung des KZ Auschwitz) verstärkt mit der aktuellen Gefahr rechtsextremer Organisationen in Beziehung gesetzt werden. Nur durch langfristiges Engagement und nachhaltige Prävention wird die Ausbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts verhindert. Hierzu gehört die Stärkung der Bürgergesellschaft. Wir werden die Unterstützung der bürgerschaftlichen Projekte, die Arbeit der demokratischen politischen Nachwuchsverbände im Ring Politischer Jugend (RPJ) und Aussteigerprogramme gegen Extremismus weiterentwickeln und dabei Schwerpunkte in gefährdeten Regionen setzen.

Die überwältigende Mehrheit der Wähler straft das rechtsextreme Gedankengut der NPD und der anderen rechtsextremen Parteien mit Verachtung. Auf Bundesebene haben die Wähler den Einzug von Rechtsextremisten in unser Parlament immer verhindert. Auf der Bundesebene hat die Politik konsequent eingegriffen. So hat am 7. Mai 2008 der Bundesminister des Innern mehrere verfassungsfeindlichen Organisationen verboten, darunter den „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ (VRBHV), „Internationales Studienwerk – Collegium Humanum e.V.“ (CH) sowie dessen Teilorganisation „Bauernhilfe e.V.“. Auch in den Ländern werden immer wieder unterschiedliche Maßnahmen zum Kampf gegen den rechten Extremismus erfolgreich umgesetzt.

Sehr geehrter Herr Hinrichsen, aus emotionalen Beweggründen empfinde ich die Legalität der NPD, ebenso wie Sie, als eine Beleidigung für unseren Staat. Dennoch hoffe ich, ich konnte Ihnen die rationalen Gründe gegen ein Verbotsverfahren verständlich machen.

Mit freundlichem Gruß

Thomas Kossendey