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Thomas Birk
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Frage von Kerstin N. •

Frage an Thomas Birk von Kerstin N. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Birk,

wie Sie ja sicherlich wissen, soll unser Schöneberger Kiez umstrukturiert werden. Es werden nicht nur neue Luxushäuser wie z.B. in der Goltzstr. auf Freiflächen gebaut, sondern es sollen auch Häuser aus den 50er und 60er Jahren, welche in einem guten Zustand sind und lediglich eine Fassadensanierung benötigten, abgerissen werden. Beispielhaft sei hier das Vorhaben von HochTief am Barbarossaplatz genannt. Auch hier soll ein Luxushaus entstehen, dem zudem auch noch sehr viel Grünfläche sowie Bäume aus dem benachbarten Park geopfert werden sollen. Durch diese Vorhaben und die damit verbundene Vernichtung günstigen Wohnraums ist die gesunde, gewachsene Bevölkerungsstruktur im Schöneberger Kiez gefährdet. Ich als treue Grün-Wählerin würde gerne wissen, warum die Grünen sich bei diesem Thema nicht stärker engagieren, sondern im Gegenteil mit J. O. ein Vertreter der Immobilienbranche hier kontraproduktiv tätig ist. Welche Schritte planen Sie, um die negative Entwicklung in unserem Kiez aufzuhalten?

Mit freundlichen Grüßen,
Kerstin Nolte

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Nolte,

für Grüne gilt: Wir wollen, dass auch Menschen mit weniger Geld in ihren Kiezen wohnen bleiben können und dass die soziale Mischung stimmt. Zunächst zum Vorhaben von HochTief am Barbarrosaplatz: Wie Sie wahrscheinlich wissen, hat unsere Grüne Fraktion am 31.8.2011 in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gegen den B-Plan 7-42 gestimmt. Leider sind wir mit unserem Antrag gescheitert auf den Südflügel zu verzichten. Außerdem kritisieren wir, dass mit dem Neubau zwar mehr Wohnfläche, aber weniger Wohnungen geschaffen und die Preisklasse der Wohnungen sich nur noch an ein sehr begütertes Klientel richtet. Obwohl wir gegen die Neubebauung sind, haben wir uns mit Vorschlägen an Auflagen zum Neubau beteiligt, auch um soziale Härten wenigstens etwas abzufedern. So wurde durch unsere Anträge erreicht:

1) Den Bestandmieterinnen und -mietern war Ersatzwohnraum in Kieznähe anzubieten. Der Vorhabenträger musste alle Kosten übernehmen. Eine Entschädigung als Geldzahlung sollte die Ausnahme sein und mindestens 12 Monatsnettokaltmieten umfassen.
2) Die Dachflächen sind für Solaranlagen zu nutzen.
3) Der gesamte Neubau muss im KfW-85-Standard gebaut werden und damit rund 15% unter den Dämmwerten der gültigen EnEV bleiben.
4) Der Vorhabenträger muss einen unabhängigen Energieberater beauftragen (den das BA aussucht), der die Einhaltung aller Vorgaben überwacht.
Zudem muss der Vorhabenträger erhebliche Investitionen (253.000 EUR) in den öffentlichen Park tätigen. Es wird ein moderner Spielplatz neu gebaut mit Trampolin, Kletterturm mit Rutsche, Tischtennisplatte, Dreiecksturm, Kletternetz, Kindernestschaukel, Balancierbalken, Hüpfscheiben und Kinder- und Rundbank. Den Verlust von zahlreichen Bäumen, für die es allerdings Ersatzplanzungen geben muss, kritisieren wir scharf.

Jörn Oltmann war als Fraktionsvorsitzender der grünen Fraktion stets bemüht, im Rahmen des rechtlich möglichen das beste im sozialen und ökologischen Sinne aus der misslichen Situation herauszuholen. Aus der Opppositon heraus ist uns dass nur zum Teil gelungen, deswegen gab es zur Ablehnung des B-Plans gar keine Alternative. Die Politik kann einem Investor zwar Auflagen machen kann, aber das Baurecht auf seinem Grundstück nicht außer Kraft setzen, so lange das Bestandsgebäude nicht unter Denkmalschutz steht.

Mit großer Sorge sehen wir, dass seit Jahren die Mieten im Schöneberger Norden steigen, durch luxuriöse Umbauten und Neubauten die Mischung im Kiez sich verändert und damit auch die Mieten im Bestand nach oben getrieben werden. Außerdem beklagen wir die Umnutzung von Wohnungen in Ferienwohnungen. Bündnis 90/Die Grünen plädieren deswegen dafür. Milieuschutzgebiete in Schöneberg einzurichten, was allerdings immer zunächst mit einem gutachterlichen Aufwand verbunden ist. Eine solche Satzung würde es ermöglichen, jede Luxusmodernisierung unter Genehmigungsvorbehalt zu stellen. Unsere BVV-Fraktion hat erwirkt, dass das Bezirksamt eine entsprechene Wohnungsmarktanalsye vorlegt. Außerdem wollen wir die frühere Zweckentfremdungsverordnung zur Verhinderung der Umwandlung von Mietwohnungen in Gewerbe (Ferienwohnungen) wieder einführen. Wir wollen den Kündigungsschutz bei Umwandlung in Eigentumswohungen von jetzt sieben auf zehn Jahre erhöhen. Wir wollen auf Bundesebene die Gesetze ändern, damit eine Deckelung der Mieten bei Neuvermietung auf 15 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete eingeführt wird, bisher gibt es da gar keine Grenzen. Im Bestand soll nicht mehr als eine Erhöhung von 15 Prozent in drei Jahren möglich sein (bisher gelten 20 Prozent). Bei Neubauten wollen wir Investoren zwingen, einen bestimmten Anteil im Niedrigmietensegment mitzubauen, wie das in London schon üblich ist. Energetische Sanierung wollen wir nach dem Stufenmodell, auf dass sich BUND, Mieterverein und IHK geeinigt haben, umsetzen, damit die MieterInnen nicht zu stark belastet werden. Zudem sollen die Maßnahmen mit einem Klimawohngeld für Menschen mit niedrigen Einkommen abgefedert werden. Fast alle diese Vorschläge und noch weitere haben wir ins Abgeordnetenhaus eingebracht und sie wurden fast alle von Rot-Rot ersatzlos abgelehnt.

Beste Grüße

Thomas Birk