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Sylvia Löhrmann
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Frage von Birgit H. •

Frage an Sylvia Löhrmann von Birgit H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Löhrmann,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort zu meiner Frage bzgl. "mehr Demokratie in NRW"! Ich habe noch eine weitere Frage zu den laufenden Koalitionsverhandlungen:

Wie ich gelesen habe, wollen Sie die Nettoneuverschuldung erhöhen, um gesellschaftlich notwendige Aufgaben (auch meiner Meinung nach!) finanzieren zu können. Die finanzielle Notlage der öffentlichen Haushalte auf der einen Seite, wichtige gesellschaftliche Aufgaben auf der anderen Seite (wie optimale Bildung und Förderung aller (!) Kinder, soziale Integration behinderter und alter Menschen, freier Studienzugang für alle (!), die hierfür geeignet sind - ohne Studiengebühren (!) - etc.) sind wohl heute die dringendsten Probleme!?

Wäre es vor diesem Hintergrund nicht an der Zeit, darüber nachzudenken, die Wirtschaft, die doch sowohl von den Bildungsleistungen der Schulen und Universitäten (auch von den Erziehungsleistungen in den Elternhäusern! ), als auch z.B. von Infrastrukturleistungen (Autobahnen etc.) profitiert, direkter (!) an der Finanzierung dieser Leistungen zu beteiligen - z.B. durch Zweckgebundene aber unabhängige (!) Stiftungen?! Dem Staat, also uns allen (!), bliebe dann nur die Aufgabe, hierfür die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen!

Auf diese Weise könnte man m.E. verhindern, daß der Staat, d.h. die gewählten (!) Regierungen immer mehr durch finanzmächtige Interessengruppen erpressbar werden, wie man es, meiner Meinung nach, heute überall beobachten kann.

Eine ähnliche Frage habe ich in der letzten Legislaturperiode auch schon an Herrn Groth gestellt:
http://www.abgeordnetenwatch.de/ewald_groth-864-10892.html

Viele Grüße!
Birgit Hasselhoff

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Hasselhoff,

vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich gerne antworten möchte. Zunächst bitte ich aber um Verständnis, dass die Beantwortung etwas Zeit in Anspruch genommen hat.

Wir Grüne wollen eine Haushalts- und Finanzpolitik, die sozial gerecht ist und die gegenüber zukünftigen Generationen Verantwortung zeigt. Die Zukunftsfähigkeit der Finanzpolitik ist nur gegeben, wenn es ihr gelingt, die ökologische und soziale Substanz des Landes auszubauen und die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Dazu wollen wir nachhaltiges Wirtschaftswachstum für einen ökologischen Umbau fördern sowie in Bildungs- und Chancengerechtigkeit investieren. Die Grünen setzen klare Prioritäten für einen sozial gerechten und solide finanzierten Haushalt.

Im Wahlprogramm haben wir uns für einen Bildungssoli ausgesprochen. Selbst die Bundeskanzlerin hat versprochen, die Bildungsausgaben zu erhöhen. Da die Länder und Kommunen Träger dieser Aufgaben sind, muss hier Geld umverteilt werden. So könnte ein Teil der eindeutig überschüssigen Gelder aus dem Solidarfonds Ost für Bildungsausgaben (Bildungssoli) verwendet werden. Allein dies würde jährlich für NRW 500 Millionen Euro bringen. Hierfür werden wir uns weiter einsetzen.

Wir wollen einen starken Staat, der gut finanziert ist. Ich stimme Ihnen zu, dass die Wirtschaft an der Finanzierung der Staatsausgaben beteiligt werden soll. Allerdings beteiligt sich die Wirtschaft schon jetzt durch Steuern (z.B. Einkommenssteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer) an der Finanzierung der Staatsfinanzen. Die Verteilung der Mittel, also das Budgetrecht, ist zentrale Aufgabe der Parlamente. Daran wollen wir festhalten. Wir treten dafür ein, dass starke Schultern mehr tragen müssen als Schwache. Daher setzen wir uns für die (Wieder-)Einführung einer Vermögensteuer ein.

Stiftungen, wie Sie anregen, können allerdings Ergänzungen zur Finanzierung beispielsweise von Bildungsaufgaben sein. Hier gibt es positive Vorbilder, z.B. in den USA. Allerdings: Wer solche Aufgaben auf Stiftungen überträgt, überträgt auch die Entscheidungskompetenz über die Frage, was wie gefördert wird, auf die Stiftung. Deswegen sind Stiftungen aus unserer Sicht nur als Ergänzung sinnvoll.

Gestatten Sie mir abschließend noch einige Sätze zum Thema Erhöhung der Nettoneuverschuldung:

Ex-Finanzminister Linssen versucht, sich ein falsches Denkmal zu setzen. Wir müssen feststellen: Dieses Denkmal ist nur auf Sand gebaut. Die Konsolidierung, die die schwarz-gelbe Landesregierung versäumt hat vorzunehmen, müssen wir jetzt übernehmen. Die abgewählte Landesregierung hat die Schulden nur hoch getrieben, jedoch nicht vorgesorgt, deshalb werden wir im Jahr 2011 Investitionen in Menschen und nicht nur in Banken tätigen.

Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat z.B. das Land NRW dreimal soviel gekostet wie eine umfassende Finanzierung der Universitäten ohne Studiengebühren kosten würde.

Zukünftig gilt: FDP und CDU haben Hoteliers entlastet, wir werden Familien mit Kindern und Studierende entlasten.

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Löhrmann MdL