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Swantje Michaelsen
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dorothee F. •

Wie würden Sie sich bei einer Abstimmung über die Frage der Laufzeitverlängerung oder des sogenannten Streckbetriebs der letzten 3 verbleibenden Atomkraftwerke verhalten?

Sehr geehrter Frau Michaelsen,

mich interessiert Ihre persönliche Position als Abgeordnete aus unserer Region dazu.
Ich bin seit 36 Jahren Mitglied bei den Grünen. Für mich war und ist der Ausstieg aus der Atomenergie von existenzieller Bedeutung.

MfG
D. F.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Liebe Dorothee,

vielen Dank für deine Frage. Da wir beide Grünen-Mitglieder sind, gehe ich direkt in das „Du“ über. Ich hoffe, dass das in Ordnung ist.              

Für mich ist die derzeitige Debatte, dass Atomkraftwerke länger laufen sollen, eine sehr schwierige. Es ist so richtig und mehr als überfällig, dass wir zum 31.12. endlich aus der Atomkraft aussteigen und die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz nehmen. Atomkraft ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie, die Endlagerfrage (wenn es denn sowas wie ein Endlager überhaupt geben kann bei dieser Art von Müll) ist nach wie vor ungeklärt und gerade aktuell sehen wir ja durch den Beschuss des Atomkraftwerks in der Ukraine, dass Atomkraft auch sicherheitspolitisch ein extrem großes Risiko darstellt.

Leider ist die Lage bei den Alternativen nicht so gut, wie sie sein könnte, wenn in den letzten Jahren der Ausbau der Erneuerbaren mit voller Kraft vorangebracht worden wäre. Stattdessen wurde er insbesondere von der Union verschleppt, verzögert und aktiv blockiert.

Deshalb haben wir vor der Sommerpause ein großes Gesetzespaket beschlossen, dass den Ausbau der Erneuerbaren schnell und effektiv voranbringen wird.          

Die umfangreiche Prüfung von Bundesministerin Steffi Lemke und Bundesminister Robert Habeck hat deutlich gemacht, dass eine Laufzeitverlängerung bestehender deutscher Atomkraftwerke weder sicherheitstechnisch noch energiewirtschaftlich oder ökonomisch sinnvoll ist. Außerdem würde sie neue verfassungsrechtliche Risiken mit sich bringen. Von den Sicherheitsrisiken und der Anfälligkeit alter Reaktoren ganz zu schweigen.

Der Stresstest hat zudem gezeigt, dass wir beim Strom kein Kapazitätsproblem haben, sondern dass es im Fall eines besonders harten Winters in Einzelfällen zu Problemen bei der Netzstabilität kommen kann. Diese Gefahr ist äußerst gering, deshalb hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz jetzt vorgeschlagen, alle drei Atomkraftwerke am 31.12. wie geplant vom Netz zu nehmen. Für die beiden süddeutschen Atomkraftwerke sieht er vor, diese in eine Art Stand-by-Modus zu setzen. Sollte eine Notlage wahrscheinlich werden, könnten sie ans Netz zurückgehen und einen sehr kleinen Beitrag leisten, um die Netzstabilität sicherzustellen.

Ich kann dir ganz ehrlich noch nicht sagen, wie ich mich dazu verhalten werde, denn vieles hängt jetzt von den Details der Gesetzesentwürfe ab. Die Debatte um eine Laufzeitverlängerung wird auf der Bundesebene sehr hart und in weiten Teilen mit falschen Argumenten geführt und mit falschen Fakten untermauert. Robert persönlich, aber auch wir als Grüne werden verantwortlich gemacht für einen möglichen Blackout, weil wir die „sichere und klimaneutrale“ Atomkraft in einer Notlage vom Netz nehmen wollen. Damit soll davon abgelenkt werden, dass insbesondere die Union die Energiewende in den letzten Jahren verhindert hat. Und in Teilen der Bevölkerung überwiegt inzwischen die Angst vor einem schwierigen Winter. Daher halte ich einerseits Roberts Vorschlag für sehr klug, denn wir würden den Atomausstieg vollziehen und lediglich eine Art Reserve befristet bis ins Frühjahr anlegen. (Das ist übrigens das Gegenteil von dem, was die Union und auch Teile der FDP mit der Laufzeitverlängerung fordern). Andererseits möchte ich auf keinen Fall, dass wir die Atomkraft einen einzigen Tag länger als beschlossen nutzen, Risiko und Gefahren sind einfach zu krass und das sagen wir seit Jahrzehnten.

Insofern kann ich dir heute keine abschließende Antwort geben, nur das Versprechen, die Gesetzesentwürfe sehr genau zu prüfen und mir die Entscheidung nicht leicht zu machen. Ich biete in der Region Hannover immer wieder die Möglichkeit, mit mir ins Gespräch zu kommen, auch persönlich, Informationen dazu findest du auf meiner Internetseite: Swantje-Michaelsen.de.

Herzliche Grüße

Swantje

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