Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Susanna Kahlefeld
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Johann-Albrecht H. •

Sehr geehrte Frau Kahlefeld, was tun Sie, als religionspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Fraktion, um das Verfassungsgebot zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen zu verwirklichen?

Die Berliner Ampelkoalition hat im Koalitionsvertrag ein Ablösungsgrundsätzegesetz versprochen. Bisher liegt ein Entwurf nicht vor. Eine vorbereitende Arbeitsgruppe hat ihre Tätigkeit ohne abschließenden Bericht beendet. Irgendwelche Ergebnisse sind nicht bekannt geworden. Die Ministerpräsidenten haben erkennen lassen, dass sie bis auf weiteres die Ablösung der Staatsleistungen ablehnen; das Geld sei bei den Kirchen "gut aufgehoben". Wie ist die Haltung Ihrer Fraktion dazu?

Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr H.,

da Sie sich seit vielen Jahren mit der Ablösung der Staatsleistungen befassen, Gutachten dazu verfasst haben etc. muss ich Ihnen nicht erklären, dass mein Einfluss als religionspolitischer Sprecherin einer Oppositionspartei im Abgeordnetenhaus Berlin in dieser Sache sehr gering ist.

Sie fragen, was ich tue, um den Verfassungsauftrag der Ablösung (endlich) zu verwirklichen, fassen zugleich für die Leser:innen verständlich und nachvollziehbar zusammen, dass die Voraussetzungen für diese Verwirklichung derzeit politisch nicht gegeben sind: Bund und Bundesländer wollen gleichermaßen nicht. – Was soll ich dazu sagen? Immerhin muss ich auf dieser Grundlage nicht noch einmal von mir aus erklären, dass derzeit die politischen Voraussetzungen für eine Umsetzung des Verfassungsauftrages nicht bestehen.

Womit ich mich in Abstimmung mit meiner Fraktion als religionspolitische Sprecherin in diesen Monaten befasse, sind u.a. die fatalen Folgen des Nahostkonflikts auf Berlin. Dieser Konflikt ist kein religiöser, aber er ist bekanntermaßen enorm religiös aufgeladen. Es macht also Sinn, da anzusetzen, in Ergänzung zu dem, was die Kolleg:innen in ihren Bereichen tun. Außerdem geht die Angst um vor einer wie immer gearteten „Antisemitismusklausel“ und ich sehe den eher undurchsichtigen Erarbeitungsprozess einer Klausel durch den Senat sehr kritisch. Das trifft in seinen Auswirkungen nicht nur, aber auch religiöse Organisationen. Dazu kommt der Berliner Doppelhaushalt, der von der Koalition aus CDU und SPD erst aufgeblasen und dann mit einer Pauschalen Minderausgabe von 1,75 Milliarden Euro belegt wurde. Da bedeutet Einsparungen von 5,9 % in allen Ressorts. Noch ist weitgehend unklar, wen das trifft. Entsprechend angespannt ist die Stimmung in der Stadt. (Es wird Sie interessieren: Die Humanisten werden nicht betroffen sein.)

Zu Ihrer Frage: Ich verkämpfe mich nicht auf verlorenem Posten an der Frage der Staatsleistungen. Aber ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, in denen es absolut aussichtslos erschien, dass Deutschland aus der Atomkraft aussteigt! Als Grüne habe ich einen langen Atem und gebe die Hoffnung nicht auf, dass scheinbar Unmögliches sich eines Tages doch umsetzen lässt.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Susanna Kahlefeld

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