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Steffen Bilger
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Frage von Rene A. •

Frage an Steffen Bilger von Rene A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Bilger,

da Sie am 29.06.2012 dem ESM zugestimmt haben, gehe ich davon aus, dass Sie mir folgende
Verständnisfragen beantworten:

1. Was bildet Ihrer Meinung nach den Unterschied in den Beweggründen zwischen Ihrer Zustimmung zum ESM, und der Zustimmung der Abgeordneten im Reichstag am 24 März 1933 zum Ermächtigungsgesetz ?

2. In wieweit kam es zu einer Diskussion, bei der Entscheidung für die Zustimmung, auch die Souveränität eines ganzen Volkes über deren/ unseren Haushalt und somit auch der Demokratie, abzugeben?

3. Wem ist mit Ihrer Zustimmung in erster Linie gedient?

Über eine zeitnahe Rückmeldung freue ich mich,

Mit freundlichen Grüßen

René Altenhöfer

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Altenhöfer,

vielen Dank für Ihre E-Mail zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).

Wie Sie sich vielleicht vorstellen können bin ich über Ihre erste Frage doch etwas erstaunt. Sie suggeriert doch, dass die Unterschiede zwischen dem Ermächtigungsgesetz von 1933 und dem ESM nicht sehr groß sein können. Dem muss ich natürlich – und mit mir mindestens fünf von sechs Bundestagskollegen – vehement widersprechen. Das unter nationalsozialistischer (NS) Herrschaft verabschiedete Ermächtigungsgesetz hat grundlegende Prinzipien der Demokratie und des Rechtsstaats außer Kraft gesetzt (Gesetzgebungsrecht des Parlaments, Gebot der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und anderes mehr). Ein Hauptbeweggrund für die Zustimmung der Nicht-NS-Abgeordneten war damals der physische Drucke durch paramilitärische NS-Gruppen. Die Macht von Adolf Hitler war schon übermächtig – wie die zahllosen Verhaftungen von Kommunisten und Sozialisten zeigen. Sprich: Viele Reichstagsabgeordnete hatten schlichtweg Angst. Demgegenüber wird wohl niemand ernsthaft bestreiten, dass die 493 Bundestagsabgeordneten, die mit für den ESM gestimmt haben, aus freien Stücken mit Ja gestimmt haben.

In der Debatte im Deutschen Bundestag sind viele Gesichtspunkte des ESM ausgeführt worden (dbtg.tv/fvid/1772116). Die Souveränität Deutschlands ist aber nicht in Gefahr. Der Deutsche Bundestag als Repräsentant des Souveräns nimmt seine Haushaltsverantwortung im Zusammenhang mit dem ESM im vollen Umfang wahr. Alle wesentlichen Entscheidungen, die der ESM treffen kann, einschließlich der Gewährung von Finanzhilfen oder Änderungen am gezeichneten Kapital, müssen einstimmig durch den Gouverneursrat des ESM getroffen werden. Deutschland verfügt über seinen Vertreter im Gouverneursrat bei allen wichtigen Entscheidungen des ESM über ein Vetorecht. Mit dem ESM-Finanzierungsgesetz haben wir dieses Vetorecht dem Deutschen Bundestag übertragen, indem dem Abstimmungsverhalten des deutschen Vertreters im Gouverneursrat ein umfangreicher Parlamentsvorbehalt vorgeschaltet wurde. Hat der Bundesfinanzminister als deutscher Vertreter im Gouverneursrat kein positives Votum des Bundestages, muss er mit Nein stimmen.
Aufgrund der von uns im Gesetzgebungsverfahren bewusst verankerten Regelung muss das Plenum des Deutschen Bundestages immer dann vorher zustimmen, wenn der ESM ein neues finanzielles Risiko eingeht. Das ist insbesondere bei Entscheidungen über neue Hilfsprogramme der Fall oder auch bei finanzwirksamen Änderungen von bestehenden Programmen. Der Haushaltsausschuss begleitet die Umsetzung der Programme. Seine Zustimmung ist beispielsweise dann notwendig, wenn die Bedingungen von Hilfsprogrammen geändert werden sollen, auch wenn das Volumen des Hilfspaketes unverändert bleibt. Zudem ist er vor Auszahlungen einzelner Tranchen bereits genehmigter Programme zu beteiligen.

Der ESM-Vertrag nutzt in erster Linie den Bürgern Europas. Er stabilisiert die Wirtschafts- und Währungsunion. Ohne den ESM würden die unterstützten Staaten Konkurs anmelden müssen. Am Beispiel Argentiniens in den Jahren nach 2002 können Sie genau sehen, wer den größten Schaden bei Staatsbankrotten hat, nämlich der Mittelstand und die so genannten unteren sozialen Schichten.

Mit freundlichen Grüßen,

Steffen Bilger MdB

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