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Stefan Liebich
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Frage von Ludwig L. •

Frage an Stefan Liebich von Ludwig L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Liebich,

Sie haben sich bei diese Abstimmung enthalten. Ich verstehe nicht wie dies zur angekündigten Programmatik der Linksfraktion für die gegenwärtige Legislaturperiode laut ihrem Bundeswahlprogramm passt. In dem genannten steht:
• keine Auslandskriegseinsätze der Bundeswehr zulassen – auch nicht unter UN-Mandat: keine Militärberater zur Unterstützung autoritärer Regimes entsenden;
Mir ist nicht klar, wieso dies kein Auslandskriegseinsatz der Bundeswehr ist, bzw wieso im Sudan kein autoritäres Regime existiert.
Bisher war mir eine konsequente Antikriegspolitik der Linkspartei verständlich, doch nun "torpedieren" sie sich selber. Die Linkspartei wurde doch nicht gewählt, um bei wichtigen Entscheidungen im Bundestag sich zu enthalten, uns somit weder eine Position zu beziehen, bzw. ihren Wählern keine klare Stimme zu geben. Das Bundeswahlprogramm gilt doch irgendwie für alle Mitglieder der Fraktion. Warum begeben Sie sich in eine Position, die bestimmt von der Mehrheit derjeniger die sie gewählt haben, aber mehr noch von denen, die Sie persönlich und ihre Partei im Wahlkampf konsequent und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, nämlich ihren Parteigenossen an der Basis nicht mitgetragen werden kann, da diese dann sich und ihre Wahlmotivation verraten würden.
Ich würde mich freuen wenn Sie, auch wenn Sie wahrscheinlich nicht viel Zeit haben, mir antworten würden.

Mit freundlichen Grüßen
aus der Basis in Chemnitz

Ludwig Löwe

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Löwe,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich habe mich bei der Abstimmung enthalten, denn UNMIS ist, im Gegensatz zu manch anderen UN-Einsätzen, ein friedenserhaltender Einsatz, der auf die Umsetzung eines Friedensabkommens gerichtet ist. Diese Mission erfolgt ohne Zweifel auf der Grundlage des Völkerrechts. Die deutsche Beteiligung besteht in der Entsendung unbewaffneter Militärbeobachter, das Mandat ist beschränkt auf Selbstschutz und Nothilfe, also keine Kriegsführung.

Im Januar 2011 findet ein Referendum über die weitere Zukunft Südsudans statt, daher droht in den nächsten Monaten eine Eskalation der Spannungen, die in einen neuen Krieg münden könnten. Dies muss durch energische diplomatische Bemühungen verhindert werden. Die Blauhelme bilden einen Puffer zwischen den aufgerüsteten und in Stellung gebrachten Truppen des Nordens und des Südens. Ein jetziger Abzug der Blauhelme wäre eine Einladung zur Wiederaufnahme der Gewalt. Ein Rückzug der deutschen Militärbeobachter hätte unmittelbar nur geringe Auswirkungen auf die UN-Mission, die politisch-symbolische Bedeutung jedoch wäre erheblich. In der geschilderten Situation die UNO im Stich zu lassen, wäre fahrlässig. Es handelt sich also nicht um einen Kriegseinsatz und vor allem für die deutschen Soldaten nicht um einen Auslandskriegseinsatz. Zudem ist für die LINKE als Partei des Völkerrechts die entsprechende völkerrechtliche Legitimation gegeben. Die besonders für die deutschen Soldaten gegebene faktische Blauhelm-Situation ohne schwere Bewaffnung und ohne einen offensiven Auftrag zur gewaltsamen Durchsetzung der Mission unterstreichen das.

Ich habe dem Mandat auf der anderen Seite deshalb nicht zugestimmt, da die Entsendung von Soldaten auch der Beruhigung des Gewissens und der Öffentlichkeit dient, um einige Versäumnisse der Politik und der Diplomatie zu vertuschen. Damit kann ich mich nicht abfinden. Zu diesem Widersinn gehört, dass die beiden Konfliktparteien nicht zuletzt von Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates weiter aufgerüstet wurden und die Verpflichtungen des Friedensabkommens zur Demobilisierung und Demilitarisierung kaum umgesetzt wurden.

Die Mitglieder der Linksfraktion haben es sich bei der Diskussion und der Abstimmung nicht leicht gemacht. Bei UNMIS handelt es sich jedoch nicht um einen völkerrechtswidrigen Krieg, sondern um den Versuch Frieden herzustellen. Neben der Ablehnung von Krieg drängt DIE LINKE immer wieder auch auf die Durchsetzung ziviler Konfliktlösungsstrategien. Zur Glaubwürdigkeit einer Partei gehört auch, neben dem scharfen Verurteilen völkerrechtswidriger Kriege und der kritischen Auseinandersetzung mit falschen militärischen Konfliktlösungsversuchen jene UN-Initiativen zu stärken, die Konfliktparteien von Kriegen abhalten, erreichte Friedensabkommen sichern oder auch wie hier zusätzlich demokratische Entscheidungen über zukünftige politische Entwicklungen möglich zu machen.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Liebich