Lieber Herr Roloff, wie stehen Sie zum Streik der GDL?
Lieber Herr Roloff, wie stehen Sie zum Streik der GDL? Wie sollte der Gesetzgeber dafür Sorge tragen, dass die Tarifautonomie nicht zur Durchsetzung von Partikularinteressen das Gemeinwohl gefährdet? Oder sehen Sie keine Notwendigkeit, am Status quo der Arbeitskampfmöglichkeiten in Deutschland etwas zu ändern? Besten Dank für Ihre Antwort! Florian P.
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für ihre Frage.
Aus Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes (Grundrecht zur Koalitionsfreiheit) ergibt sich in Deutschland das Recht zu Streiken. Dieses ist jedoch nicht durch das Grundgesetz selbst geregelt, sondern durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie des Bundesarbeitsgerichts. Ein Streik kann nur durch eine Gewerkschaft organisiert werden. Zudem muss die Forderung, für die gestreikt werden soll, in einem Tarifvertrag regelbar sein.
Ich verstehe Ihre Sorge, denke aber nicht, dass es durch das geltende Streikrecht in Deutschland zu einer Gefährdung des Gemeinwohls kommen kann. In kritischen Bereichen, besonders in der Daseinsvorsorge, ist es im Hinblick auf das Gemeinwohl notwendig, einen Notbetrieb aufrechtzuerhalten. So wird zum Beispiel kein Krankenhaus bestreikt, ohne dass dafür Sorge getragen wäre, dass eine Notversorgung gewährleistet werden kann.
Während des Streiks der GDL gab es auch einen Notfahrplan mit einer Übersicht, welche Züge weiterhin fuhren. Außerdem gibt es neben der Deutschen Bahn weitere konkurrierende Verkehrsunternehmen, deren Angebote durch den Streik nicht betroffen waren. Auch wenn es im Einzelfall ärgerlich sein kann, war das Allgemeinwohl meiner Einschätzung nach nicht durch den vergangenen Streik der GDL gefährdet.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Roloff