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Frage von Stefan K. •

Frage an Sebastian Merkens von Stefan K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Es gibt vermehrt Stimmen aus unterschiedlichen politischen Lagern die eine drohende Islamisierung des Abendlandes und einen bevorstehenden Kampf der Kulturen prophezeien. Das Stadtbild in NRW wird immer arabischer. Wie stehen Sie bzw. Die Linke zu diesen Ängsten? Und halten Sie den Islam für vereinbar mit unseren Grundwerten?

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr K.,

ich werde mir die größte Mühe geben, um auf Ihre Anmerkung zu antworten. Zuerst einmal sollten wir uns allerdings darauf einigen, dass ich mit dem etwas schrägen Konstrukt „Islamisierung des Abendlandes“ nicht viel anfangen kann. Sei es drum, Sie haben mich um eine Stellungnahme gebeten und die werde ich Ihnen nicht verweigern.

Der Islam passt ebenso gut zu unseren „Grundwerten“, wie jede andere Religion auch. In Artikel 4 unseres Grundgesetzes ist die Glaubensfreiheit eines jeden Menschen festgeschrieben und das gilt eben für alle Religionen. Sollte die individuelle Religionsausübung einen Menschen dazu bringen, sich außerhalb unseres Gesellschaftskonsens zu bewegen, so gibt es dafür Gesetze die ein solches Verhalten ahnden. Das berührt aber glücklicher Weise nicht das Recht auf eine freie Religionswahl.
Etwas anders sehe ich es mit der institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen uns als Staat und verschiedenen Glaubensorganisationen. Hierbei müsste es ein Umdenken geben. Die islamischen Verbände sollten nicht den gleichen Status wie unsere Kirchen erhalten sondern andersrum wird ein Schuh draus. Die Kirchen sollten ihre Sonderrechte verlieren und den anderen Glaubensorganisationen dabei gleichgestellt werden. Wir LINKEN stehen für eine Trennung von Staat und Religion. Keine Glaubensorganisation sollte dabei herausgestellt behandelt werden, Religionsunterricht in Schulen wird abgeschafft und durch Philosophie ersetzt, Mitgliedsbeiträge werden selber erhoben und die Kirchensteuer abgeschafft, Kirchen bestimmen nicht mehr über das Fernsehprogramm mit, Ungleichbehandlungen über das Arbeitsgesetz werden verhindert usw. usw. usw. ……

Nochmal zusammengefasst, jeder Mensch hat das Recht seine Religion im Privaten zu wählen und zu leben. Einer engen Zusammenarbeit zwischen Religionen und Staat auf institutionalisierter Ebene widerspreche ich vehement. Und dies gilt für alle Religionen.

Was Sie damit meinen, dass unser Stadtbild immer arabischer werden würde erschließt sich mir nicht. Wir leben mittlerweile in einer multikulturellen Realität. Unsere Städte haben sich in den letzten Jahrzehnten massiv gewandelt und sind vielfältiger geworden.

Ein Problem, was wir LINKEN mittlerweile in vielen Städten NRWs wahrnehmen, ist eine immer massiver werdende Armut. Und diese Armut unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Herkünften. Wenn wir erreichen wollen, dass alle Menschen gut in unserer Gesellschaft ankommen können, werden wir mehr in die Infrastruktur der Städte investieren, wir werden Bildungsangebote ausbauen und wir werden Orte der Begegnung und des Vernetzens schaffen müssen. Wir müssen erreichen, dass Menschen unterschiedlichster sozialer Gruppen zusammenfinden können, um zu begreifen, dass wir alle diese Gesellschaft ausmachen. Solidarität unterscheidet nicht zwischen kultureller Verschiedenheit. Sie kann ich nur bitten mit mehr Mut auf eine gesellschaftliche Realität zuzugehen. Angst war immer schon ein schlechter politischer Ratgeber und hat mehr geschadet als genutzt.

Ich hoffe, Ich habe Ihnen kurz skizzieren können, wie ich zu den von Ihnen angesprochenen Themen stehe. Sollten Sie noch weitere Fragen haben, fühlen Sie sich eingeladen.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Merkens