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Frage von Dieter Georg J. •

Frage an Sebastian Edathy von Dieter Georg J. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Herr Edathy,

Sie haben als niedersächsischer Bundestagsabgeordneter am 29.06.2012 für den ESM gestimmt.

a) Hatten Sie vor Ihrer Abstimmung Zugang zum genauen Wortlaut des Gesetzesentwurfs des ESM?

b) Wenn ja, bei wem haben Sie vor Ihrer Abstimmung kompetenten juristischen Rat zur Erläuterung und zu den Auswirkungen des ESM eingeholt?

c) Glauben Sie, dass der ESM in seiner jetzigen Fassung mit der deutschen Verfassung, dem Grundgesetz und dem Urteil des BVerfG vom 07.11.2011 zum ESFS zu vereinbaren ist?

d) Teilen Sie die Ansicht: - Wenn der Euro fällt, fällt auch Europa - ?

d) Bitte begründen Sie kurz, weshalb Sie für den ESM gestimmt haben.

e) Bitte beziffern Sie kurz die z.Zt. bestehenden Verbindlichkeiten Deutschlands bzw. der deutschen Steuerzahler gegenüber Institutionen und anderen Ländern inkl. Bürgschaften und ESM.

f) Wie begründen Sie den Widerspruch der Aussage vieler Ihrer Kolleginnen und Kollegen - Der Euro hat Deutschland nur Vorteile gebracht - zu dem Faktum, dass die Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland seit Bestehen des Euros von 15.000 Euro auf über 25.000 Euro (= plus 67 Prozent) gestiegen ist?

g) Was bedeutet der Begriff - Harmonisierter Preisindex - für Sie - besonders im Zusammenhang mit den durch Medien und Bundesregierung - offiziell - verkündeten Inflationsraten?

h) Ist Ihnen bekannt, dass die Renten in Deutschland in den letzten 10 Jahren durchschnittlich nur um 1,04 Prozent jährlich gestiegen sind u. damit nur die Hälfte der - offiziellen - Inflation ausglichen?

g) Wie bzw. mit welchen Mitteln wollen Sie u. Ihre Partei den Rentnern (nicht Pensionären...) ein würdevolles Leben über dem Existenzminimum bzw. der Armutsgrenze realistisch u. dauerhaft gewährleisten?

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ALLE meine Fragen gewissenhaft, aufrichtig und klar (bitte ohne politische Sprechblasen) beantworteten.

Beste Grüße aus dem Weserbergland
Dieter G. Jürgens

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Jürgens,

der Aufforderung, Fragen "gewissenhaft, aufrichtig und klar (bitte ohne politische Sprechblasen)" zu beantworten, bedurfte es nicht. Ich halte das für eine ziemliche Unverschämtheit.

Dies vorausgeschickt antworte ich wie folgt:

a) Ja.

b) Meine Kollegen/-innen haben die ESM-Durchführungsbestimmungen, die Gesetzentwürfe zum ESM-Ratifizierungsgesetz und den Entwurf des ESM-Finanzierungsgesetz in den dafür zuständigen Fachgremien unter Einbeziehung unseres Justiziariats rechtlich bewertet. Zudem wurden externe Juristen in die Fraktionsgremien und Arbeitsgruppen zu einer Analyse hinzugeholt.

c) Das entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

d) Die Aussage ist mir zu undifferenziert. Definitiv ist der Erhalt des Euro im Interesse nicht zuletzt der Sicherung deutscher Arbeitsplätze.

e) Im Kern ging es um die Frage, ob wir die Finanzierung von Mitgliedstaaten der Euro-Zone allein den Finanz-und Kapitalmärkten überlassen sollen, oder ob wir in Zeiten der Finanzmarktkrise die Möglichkeit haben müssen, dass sich Staaten in einem Notfall auch ohne die Märkte refinanzieren können. Überzeugung der SPD war schon immer, dass ein demokratischer Rechtsstaat jederzeit in der Lage sein muss, seine Aufgaben zu erfüllen. Das gilt für Leistungen der sozialen Sicherheit ebenso wie für Polizei, Bildungseinrichtungen, Kommunen und vieles mehr. Wenn ein Staat Schulden aufnimmt, hat er sich diese Mittel grundsätzlich an den Märkten zu beschaffen. Wenn aber Staaten durch Spekulationen oder irrationale Marktentwicklungen so stark in Bedrängnis geraten, dass Banken und Investoren untragbare Zinsen fordern oder ein Land kein Geld mehr erhält, ist das in der Euro-Währungsgemeinschaft nicht hinnehmbar. Alle Mitgliedsstaaten beteiligen sich gemäß ihren Anteilen an der Europäischen Zentralbank (EZB) am ESM. Im Falle Deutschlands sind das etwa 27 Prozent. Daraus errechnet sich ein Haftungsumfang der Bundesrepublik von 190 Milliarden Euro. Sollte allerdings eines oder mehrere Euro-Länder als Zahler ausfallen, etwa weil sie selbst Finanzhilfen benötigen, erhöht sich entsprechend die Last der anderen. Neben Deutschland sind die größten Einzahler und Kreditgeber des ESM Frankreich (rund 20 Prozent) und Italien (fast 18 Prozent).

f) Sie können mir bestimmt mitteilen, wo die Verschuldung Deutschlands heute ohne Euro-Einführung liegen würde, gell?

g) Bedeutet für mich gar nichts.

h) Ja.

i) Eine gute konjunkturelle Entwicklung führt zu höheren Löhnen und damit zu höheren Renten. Eine gute konjunkturelle Entwicklung wird es bei einer Währungs-Renationalisierung der Euro-Zone für Deutschland allerdings kaum geben.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB