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Sahra Wagenknecht
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Frage von Christian S. •

Frage an Sahra Wagenknecht von Christian S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Wagenknecht,

Hier 7 kurze Fragen zum Thema Geldsystem und Geldschöpfung:

Frage 1) Der größte Teil des von uns verwendeten Geldes, das Giralgeld, wird durch private, gewinnorientierte Banken erzeugt und in Umlauf gebracht und nicht wie von den meisten Menschen vermutet durch staatliche Organe. Diese Praxis wird auch von der Deutschen Bundesbank so bestätigt wird. Wie stehen Sie zu diesem Sachverhalt ?

Frage 2) Die Entstehung von Giralgeld ist weder in europäischen noch in deutschen Rechtsvorschriften explizit erwähnt und geregelt. Sollte man das Ihrer Meinung ändern?

Frage 3) Halten Sie die private Banken-Geldschöpfung für gerechtfertigt oder sind Sie der Meinung, dass Geld nur von einer öffentlichen Institution erzeugt und in Umlauf gebracht werden sollte?

Frage 4) Ist Ihnen der Vorschlag der"Vollgeldreform" bekannt, demzufolge neues Geld nur noch durch eine unabhängige vierte Gewalt (die Monetative) in Umlauf gebracht werden darf?

Frage 5) Ist Ihnen bekannt, dass durch die Wiederherstellung des staatlichen Vorrechts auf Geldschöpfung die derzeitige Staatsverschuldung zu einem großen Teil ohne Steuererhöhungen und Sparpakete beseitigen werden könnte und dass der IWF (Internationale Währungsfonds) in einer Studie aus dem Jahr 2012 bestätigt hat, dass dies ohne Inflationsgefahr möglich wäre?

Frage 6) Werden Sie sich in der nächsten Wahlperiode im Deutsche Bundestag
dafür einsetzen, dass das vollständige staatliche Vorrecht auf
Geldschöpfung gesetzlich verankert wird?

Frage 7) Was halten Sie davon, das Volk selbst über die gesetzlichen Grundlagen unseres Geldsystems abstimmen zu lassen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schantz,

Die Entstehung von privatem Giralgeld durch die Kreditvergabe von Banken ist mir ebenso bekannt wie die "Vollgeld"-Theorie, die von Irving Fisher inspiriert wurde.

Gegenüber der gigantischen Summe des Giralgelds ist der Wert der umlaufenden Münzen und Geldscheine fast bedeutungslos. Dieser ausufernde Prozess der privaten Geldschöpfung kann entweder durch Mindestreservevorschriften in Kombination mit Kapitalverkehrskontrollen limitiert werden oder durch die öffentliche Kontrolle und strikte Regulierung des gesamten Bankensystems nach dem Vorbild der Sparkassen- und Genossenschaftsbanken.

In jedem Fall muss die unkontrollierte Geldschöpfung der privaten Banken unterbunden werden. Letztendlich ist das ein Kernproblem der Finanzkrisen. Deshalb muss die Giralgeldschöpfung des Geschäftsbankensystems wieder uneingeschränkt öffentlich kontrolliert werden. Die Kreditschöpfung übt einen wichtigen Einfluss auf zentrale makroökonomische Größen und Vermögenspreise aus. Die Krise hat gezeigt, dass die Geschäftsbanken mit dieser Verantwortung überfordert sind.

Für DIE LINKE spielt die Wiederherstellung der staatlichen Geldschöpfung eine zentrale Rolle bei der Lösung der gegenwärtigen Krise . In einem festgelegten Rahmen sollen die öffentlichen Haushalte direkt von der Europäischen Zentralbank Kredite bekommen. So wird der öffentliche Finanzierungsbedarf der Staaten von der Diktatur der Finanzmärkte befreit und eine Beteiligung von Banken, Hedgefonds und reichen Großanlegern an den Krisenkosten ermöglicht. Allerdings setzt sich DIE LINKE auch vehement für höhere Steuern für die Superreichen ein, wie zum Beispiel durch eine Millionärssteuer auf Einkommen und Vermögen. Ich denke, dass dies neben der Verteilungsgerechtigkeit auch in einem Modell einer staatlichen Kreditschöpfung wichtig ist, um die Staatsverschuldung in sinnvollen Grenzen zu halten. Die Monetisierung der Staatsdefizite allein löst die Verteilungsfrage nicht. Außerdem müssen die privaten Banken in öffentliches Eigentum und Kontrolle überführt und der Finanzsektor verkleinert werden. Mit diesen Maßnahmen könnte die sogenannte Staatsschuldenkrise ohne Kürzungen von Löhnen, Renten oder Sozialleistungen bewältigt werden.

Die Macht des Finanzsektors gefährdet die Demokratie. DIE LINKE wird dies auch nach der Wahl wieder zu einem Top-Thema machen. Die demokratische und öffentlichen Kontrolle der Geldschöpfung wird dabei eine wichtige Rolle spielen

Beste Grüße,

Sahra Wagenknecht

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