Portrait von Sabine Wils
Sabine Wils
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Sabine Wils zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Karla G. •

Frage an Sabine Wils von Karla G. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Wils,

zu der Frage von Wilfried Bresk, vom 29.4.2011 hätte ich auch gern Ihre Stellungnahme gelesen :

Die EU-Richtlinie errichtet hohe Hürden für alle pflanzlichen Arzneimitteln, die nicht 30 Jahre lang auf dem Markt waren – einschließlich buchstäblich sämtliche traditionelle chinesische, ayurvedische und afrikanische Medizin. Es ist eine drakonische Maßnahme, die die Pharma-Konzerne weiter stärkt und Tausende Jahre medizinischen Wissens einfach ausklammert Wie verhält sich die Linke bei dieser Abstimmung und generell zu diesem Thema?

Sind wir (die europäischen Völker) wirklich nur noch fremdbestimmt von ein paar Wirtschaftskartellen, wie die Pharmaindustrie, Öl-Lobby, Rüstungs- und Atom-Industrie ?
Und wie sieht Ihr Engagement aus, dieses falsche kriminelle Spiel zu beenden ?

Noch eines : Geht der größte Teil aller EU-Einnahmen wirklich zum europäischen Hochadel ? (ARD- Bericht von 2008)

Mit freundlichen Grüßen
Karla Gründer

Portrait von Sabine Wils
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Gründer,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Heilpflanzen.

Es hat in der Tat in den letzten Monaten für einigen Wirbel gesorgt. Ein bedrohliches Szenario, angestoßen von einer Petition an den deutschen Bundestag, war im Umlauf, wonach eine EU-Richtlinie hohe Hürden für pflanzliche Arzneimittel errichte und damit zahlreiche Produkte vom Markt dränge.

Ich hatte vor, in diesem Zusammenhang selbst aktiv zu werden und beauftragte zunächst meine Mitarbeiter mit der Recherche, da Einzelheiten nicht konkret bekannt waren.

Fest steht definitiv, dass kein Verkaufsverbot von Heilpflanzen in Kraft getreten ist.
Die betreffende EU-Richtlinie 2004/24/EG wurde bereits 2005 in das deutsche Arzneimittelgesetz integriert, ohne dass es zu bemerkenswerten Einschnitten kam. Die Hersteller hatten anschließend bis zum 30. April 2011 Zeit, ihre traditionellen pflanzlichen Arzneimittel zu registrieren. Ansonsten hätten diese nicht weiter vertrieben werden dürfen. Daher wohl aktuell die Aufregung um eine bereits seit Jahren existierende Richtlinie.

Mit der Richtlinie wird unter anderem ein vereinfachtes Zulassungsverfahren für traditionelle pflanzliche Arzneimittel in der EU eingeführt. Damit werden die Verfahren harmonisiert. Deutschland hatte bereits ähnliche Standards wie die, die jetzt von der EU vorgeschrieben werden.

Zum Beispiel wird definiert, was traditionelle Arzneimittel sind:

Artikel 16a
(1) Hiermit wird ein vereinfachtes Registrierungsverfahren (nachfolgend ´Registrierung als traditionelles Arzneimittel´ genannt) für pflanzliche Arzneimittel festgelegt, die allen nachstehenden Anforderungen genügen:
a) Ihre Anwendungsgebiete entsprechen ausschließlich denen traditioneller pflanzlicher Arzneimittel, die nach ihrer Zusammensetzung und ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt und konzipiert sind, ohne ärztliche Aufsicht zwecks Stellung einer Diagnose, Verschreibung oder Überwachung der Behandlung angewendet zu werden.
b) Sie sind ausschließlich in einer bestimmten Stärke und Dosierung zu verabreichen.
c) Sie sind eine Zubereitung, die zur oralen, äußerlichen Anwendung und/oder zur Inhalation bestimmt ist.
d) Der für eine traditionelle Verwendung gemäß Artikel 16c Absatz 1 Buchstabe c) festgelegte Zeitraum ist verstrichen.
e) Die Angaben über die traditionelle Verwendung des Arzneimittels sind ausreichend; insbesondere ist nachgewiesen, dass das Produkt unter den angegebenen Anwendungsbedingungen unschädlich ist und dass die pharmakologischen Wirkungen oder die Wirksamkeit des Arzneimittels aufgrund langjähriger Anwendung und Erfahrung plausibel sind.

Aufgabe des Herstellers ist es, die Wirksamkeit aufgrund langjähriger Anwendung nachzuweisen. Als Nachweis reicht in der Regel ein Gutachten sowie ein Literatur-Überblick.

Des Weiteren ist zu beachten, dass unter diese Richtlinie allein Fertigarzneimittel fallen, die rezeptfrei erhältlich sind. Damit ist ausgeschlossen, dass Kräuter, Nahrungsergänzungsmittel, Tees oder dgl. verboten werden. Die Richtlinie betrifft keine Lebensmittel.

Im Übrigen erlaube ich mir die Bemerkung, dass die Hersteller von homöopathischen und anderen natürlichen Arzneimitteln selbst Teil der Pharmaindustrie sind, die allein in Deutschland jährlich über eine Milliarde Euro Umsatz erzielen. Hinzu kommen noch Pflanzenpräparate, die nicht apothekenpflichtig sind und in Supermärkten und Bioläden verkauft werden.

Ich lehne es entschieden ab, wenn wirksame und ungefährliche pflanzliche Arzneimittel verboten werden sollten. Die Gefahr sehe ich allerdings nicht.

Abschließend kann ich Ihnen versichern, dass ich selbst gern auf traditionelle pflanzliche Arzneimittel zurückgreife und ein wachsames Auge darauf haben werde, falls die EU hier überregulierend eingreifen sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Wils