Frage an Rudolf Henke von Robert E. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
ich möchte mich als Bürger ein wenig informieren und möchte gerne Ihre Sicht der Dinge auf folgende Fragestellung erfahren:
Was halten Sie davon, dass Einkommen die während der Arbeitszeit versteuert wurden, dann als Rente ebenfalls nochmals besteuert werden?
Mit freundlichen Grüßen
R. E.
Sehr geehrter Herr E.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 22. August, in der es um die Besteuerung von Einkünften aus der gesetzlichen Rentenversicherung geht. Sie fragen nach dem Verhältnis zur vorausgegangenen Beitragsphase als sozialversicherungs- und steuerpflichtiger Arbeitnehmer.
Eine zweifache Besteuerung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zum einen und von späteren Einkünften aus ebendieser zum anderen, wie Sie nach meinem Verständnis in Ihrer Frage anklingt, ist im deutschen Steuer- und Sozialversicherungssystem grundsätzlich nicht vorgesehen und daher zu vermeiden. Auf Verlangen des Bundesverfassungsgerichts vollzog der Gesetzgeber mit dem Alterseinkünftegesetz zum 1. Januar 2005 einen Systemwechsel hin zur „nachgelagerten Besteuerung“ der gesetzlichen Rente. Der gleitende Übergang bis zum Jahr 2040 nimmt derzeit zwei parallele Entwicklungen vor, um die Besteuerung schrittweise vollständig auf die Rentenphase zu verlagern: Auf der einen Seite sinkt seit 2005 von Jahr zu Jahr die Steuerbelastung, die sozialversicherungs- und einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer bei der Altersvorsorge zu tragen haben. In diesem Jahr sind 88 Prozent der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder andere Aufwendungen zur Altersvorsorge steuerfrei – und somit in der jährlichen Erklärung zur Einkommensteuer abzugsfähig. Ab 2025 werden Aufwendungen zur Altersvorsorge dann bis zu einem Höchstbetrag komplett steuerfrei sein. Auf der anderen Seite nimmt seit 2005 die Besteuerung der Renteneinkünfte kontinuierlich zu. Der gleitende Übergang bis 2040 ist so geregelt, dass der steuerpflichtige Anteil der Rente von 50 Prozent beim Renteneintritt in 2005 auf 100 Prozent bei einem Renteneintritt in 2040 steigen wird. Für Personen, die 2019 erstmals Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, liegt der steuerpflichtige Anteil bei 78 Prozent und der steuerfreie Anteil der Jahresbruttorente bei 22 Prozent. Ob die einzelne Rentnerin oder der einzelne Rentner je nach Eintrittsjahr tatsächlich Steuern zahlen und eine Steuererklärung abgeben muss, hängt von der jeweiligen Höhe der gesamten steuerpflichtigen Einkünfte ab. Es sind also keine Steuern fällig, wenn die jeweilige Jahresbruttorente unter dem Rentenfreibetrag und dem steuerlichen Grundfreibetrag liegt.
Der Systemwechsel von 2005 beinhaltet im Übrigen bewusst eine Übergangsphase zwischen 2025 und 2040, um mögliche Formen von Doppelversteuerung zu vermeiden. Zudem gibt es eine Öffnungsklausel für Ausnahmen von der „nachgelagerten Besteuerung“. Diese Entlastung gilt für Personen, die zuvor sehr hohe Rentenversicherungsbeiträge gezahlt hatten. Die nachgelagerte Besteuerung folgt insgesamt der Logik, dass Alterseinkünfte erst dann versteuert werden sollen, wenn sie auch an die Steuerpflichtigen ausgezahlt werden. Da Rentnerinnen und Rentner in der Regel geringere Einnahmen als noch während der vorherigen Erwerbsphase haben, sollte auch der Steuersatz entsprechend geringer ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Henke MdB