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Reiner Priggen
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Frage von Martin W. •

Frage an Reiner Priggen von Martin W. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Prigen,

mit Interesse habe ich als Finanzbeamter Ihre Antwort auf die Frage von Herrn Ohnenkel gelesen.

Leider stimmen Ihre Aussagen so nicht. Sie sagen wissentlich oder unwissentlich nicht die Wahrheit.
Es gibt als nur ein Beispiel in der Landesverwaltung NRW einen Stellenabbau und damit verbunden auch schlechtere Beförderungschancen. Der Finanzminister Norber Walter-Borjans hat beschlossen die Oberfinanzdirektionen Münster und Rheinland zur neuen Oberfinanzdirektion NRW zu fusionieren. Ziel der Fusion ist auch hundert (100) Stellen abzubauen, insbesondere Stellen aus der Spitze der Beförderungspyramide. Dies hat aber Auswirkungen auf die Beförderungssituation bis zu den Eingangsämtern. Die Einsparung in der Finanzverwaltung -auf der Einnahmeseite des Staates- ist daneben noch ein spannendes Thema, dass ich hier aber nicht vertiefen möchte.

Ihren Aussagen entnehme ich auch, dass Sie Personalausgaben mit 43,5% am Gesamthaushalt zu hoch finden.
Meine Frage: Welchen Prozentsatz halten Sie für richtig?

Eine Verwaltung produziert grundsätzlich keine Gegenstände, wie z.B. in einer Autofabrik. Schülerinnen und Schüler können und sollen nicht von Robotern unterrichtet werden. Eine Bürgerin und ein Bürger wollen bei einem Besuch in einem Amt auch nicht mit einem Automaten reden, sondern mit einem Menschen. Dies wird auch insbesondere von den Grünen und Ihren Wählern gefordert. Der Anteile der Personalkosten ist daher in der Verwaltung zwingend hoch.

Dies erklärt auch nicht, warum Sie (d.h. die Landesregierung) sozialen Unfrieden und Neid in die Verwaltung/das Beamtentum tragen wollen und einigen alles, anderen teilweise etwas und ca. der Hälfte nichts geben wollen.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Weber

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Weber,

vielen Dank für Ihre Frage.

Über zwei Generationen sind jetzt in den Kommunen, in den Ländern und im Bund immer neue Schulden aufgenommen worden. Diese Spirale müssen wir durchbrechen um das vom Grundgesetzt jetzt vorgeschriebene Verbot der Neuverschuldung überhaupt schaffen zu können. Wir nehmen dieses Jahr 3,4 Mrd. Schulden auf und zahlen 4 Mrd. € Zinsen. Das kann so nicht immer weiter gehen.

Es kann doch auch niemand annehmen, dass die Kapitalmärkte immer weiter Geld zur Verfügung stellen.

Wir haben uns in der Landesregierung als Ziel gesetzt 1 Mrd. € bis 2017 strukturell einzusparen. Das geht nicht ohne den Personalbereich einzubeziehen. Zu den 43 % für das Landespersonal kommen ja noch die 116 000 Beschäftigten an den Hochschulen dazu die auch aus Landesmitteln finanziert werden.

Die Frage welcher Personalanteil angemessen ist kann ich nicht beantworten. Dazu müssten mir umfangreiche und sehr detaillierte Kenndaten aller Bundesländer vorliegen, nicht nur über den Anteil sondern auch über die Weise wie in den anderen Bundesländern die Aufgaben zwischen den Kommunen und den Ländern aufgeteilt sind und ob in den einzelnen Bereichen die Strukturen wieder vergleichbar sind. Wir bemühen uns auch genau um diese Analyse. Sie müssen dann nur die besonderen Probleme der Stadtstaaten, der neuen Bundesländer, der eher ländlichen Bundesländer ohne große Ballungsräume und der eher westdeutschen Flächenländer differenziert untersuchen. Das machen wir in allen Bereichen getrennt nach Justiz, Finanzverwaltung, Schulen, Hochschulen, Polizei. Wir vergleichen dabei NRW vor allem mit den westdeutschen Flächenländern Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachen und gelegentlich Rheinland-Pfalz. Dieser Vergleich ist ein laufender Prozess, aber er stößt auch dann wenn Sie zum Beispiel bei der Polizeistruktur deutlichen Reformbedarf feststellen auch sofort an die Grenzen der Umsetzung, weil niemand eine Reduktion der im Ländervergleich hohen Ausstattung bei den Polizeipräsidenten und Landräten in NRW akzeptiert.

Ihre Unterstellung ich würde die Unwahrheit sagen möchte ich nicht kommentieren. Aber Ihre Annahme wir würden nie Personaleinsparungen machen kann ich nicht teilen. Wir werden nicht umhinkommen demographische Gewinne und Effizienzeffekte auch in der Reduktion von Neueinstellungen zu nutzen. Insofern verstehe ich auch Ihre Klage über die Zusammenlegung der OFD nicht. Wenn es gelingt in der Führungsebene 100 Stellen abzubauen, was ist daran bitte falsch? Das gibt dann auch etwas weniger Aufstiegsmöglichkeiten, aber was soll die Klage angesichts der Riesenprobleme im Haushalt?

Sie kritisieren die soziale Staffelung die wir bei der Weitergabe der Tariferhöhungen vorgenommen haben. Rheinland-Pfalz hat sich entschieden für 5 Jahre an alle jeweils nur 1 % weiterzugeben. Halten Sie das für ein besseres Modell? Wir glauben, dass die von uns vorgenommene stärkere Berücksichtigung der unteren Lohngruppen aus sozialen Gründen eher vertretbar ist.

Das ist kein schönes Vorgehen, das können Sie mir glauben, jedem von uns wäre wohler wir könnten allen eine auskömmliche Tariferhöhung weitergeben. Das würde uns ja auch den Beifall aller sichern.

Mit freundlichen Grüßen

Reiner Priggen